Gedanke, der wohl nie verjährt

Monochrom

Mitglied
Gut, aber

Hi RL,

wenn ich auch sonst immer begeistert von DEinen Texten bin, diesmal muss ich etwas meckern.

Ich gehe mal darauf ein, was mir nicht so passt:

"Gedanke, der wohl nie verjährt,
ein Augenblick,
der sich beschwert
mit einem Kiesel
voll der Trauer:"

Gut als Einleitung, Hinweis auf den Mittelteil, gut gut, aber warum gerade als Metapher den Kiesel gewählt? Da faltet sich bei mir keine Windung auf. Hm, ist dies ein Antippen an den "Stein" am Ende des Gedichtes? Ne, eher nicht, also hier hätte mir etwas wie "Dorn" oder "Blick" besser gefallen. Ein einsilbiges Wort hätte auch besser in den Rhythmus gepasst, finde ich.

"Nichts was aus Fleisch - besteht
die Prüfung: Einsam Sein,
ist was die volle Stunde
immer wieder schlägt."

"Nichts was aus Fleisch" beginnt richtig eingehend, spannend, dann aber diese, sorry, etwas GEfühlsduselige Hingabe an die Einsamkeit, auch wenn gut formuliert, hier vermisse ich den ironischen Hintersinn von DEinen sonstigen Texten. Dieser Teil rauscht auf gut komprimierte Weise in die Klassik, aber "ist was die volle Stunde immer wieder schlägt" ist doch eine sehr flache Angelegenheit. (Finde ich, andere sehen es vielleicht auf andere Weise, wie das halt mit diesen Foren so ist)
Das Alleinsein wird so oft in Gedichten eingewoben, und auch bei Deinem "Einsam Sein", wohlgemerkt hier auch die kursive Schreibweise, die das "Sein" in seiner Form der Existenz aufgreift. Aber auch das ist, finde ich, ein übliches Schreiberthema.
Daran festgemacht ist DEine Art, dieses Thema in Worte zu gießen sogar gelungen, aber "ist was die volle..." ist dann als Abschluss, dieser Hinwendung zur Zeit, doch, wie schon gesagt, etwas flach.

"Dem Gott ein Fluch,
der jenes ich
ins Fleisch gewoben,
der will, das vor dem Stein
die Blumengießer das Zerfallene
nah der Wurzel – loben."

O.K., hier ist Spannung, wobei ich "Götter" vorziehen würde, was dann allerdings dazu führt, das die Stelle mit dem Stein umgeschrieben werden müsste. "der jenes ich ins Fleisch gewoben", gefällt mir ganz ausgezeichnet,
bei "die BLumengießer das Zerfallene" holpert der Rhythmus, glaube ich, ein dreisilbiges Wort mit der BEtonung im mittleren SEgment würde besser passen, oder?
Warum nicht "die Blumengießer den Zerfall" und fertich!? WÜrde rhythmisch auch noch passen, oder irre ich?

Generell würde ich, wenn Du bei Stein und Kiesel bleiben möchtest, noch etwas einweben, dass Fleisch und Stein in Kontext stellt, das wäre spannend.

Aber ich möchte DEinen Text nicht zerroppen, nur habe ich von Dir schon bedeutend (!) Besseres gelesen, was diesen Text aber nicht schlecht macht.

Vielleicht kannst Du mit meinen Anmerkungen was anfangen,

auf jeden Fall gerne gelesen,

Monochrom
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo monochrom,

hab dank für deine rezension.
der kiesel,hm . etwas sehr kleines das sehr schwer werden kann
(so meine intention). eine nichtigkeit, die eine untragbare last der kürze eines augenblicks aufbürert.

in strophe zwei muß ich dir möglicherweise (zähneknirrschend) recht geben. zumindest in bezug auf die letzten beiden zeilen.

über ddeine anmerkungen zur dritten strophe muß ich länger nachdenken. ich halte sie eher inhaltlich und sprachlich für bedeutsam ( und durchaus gelungen)

melde mich zu einem späteren zeitpunkt noch einmal

bis bierhin vielen dank
( und auch dank für die komplimente bezüglich meiner anderen stücke)
ralf
 



 
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