Gedankenspiele

petrasmiles

Mitglied
Gedankenspiele

Was war noch mal mit dem Mittelalter?
Was machte es finster?

Es ging hervor aus einer polytheistischen Gesellschaft
Auf diese folgte ein Machtvakuum, in das rivalisierende Kräfte
Die Vorherrschaft zu erlangen suchten.

Aus dem Chaos erwuchs der Wunsch – oder das Bedürfnis –
zu Einheitlichkeit. Der umkämpfte Raum wurde zu einer
Wertegemeinschaft.

Die Errungenschaften der polytheistischen Gesellschaft
Wurden zu Teufelszeug, und gerieten in Vergessenheit.

Währenddessen trieb die Wertegemeinschaft ihr Unwesen.
Kleine Geister schrieben der Mehrheit vor, was zu den Werten gehöre –
Und was nicht.

Im Namen dieser Werte wurden Kriege geführt, Abweichler ermordet,
ausgegrenzt.

Es dauerte hunderte von Jahren, bis mit der Magna Charta
und noch später der Goldenen Bulle wieder etwas anderes als Werte
zum Maßstab genommen wurden.

In einem pluralistischen Rechtsstaat kümmert sich der Staat
um die gesetzlichen Rahmenbedingungen und sozialen Verwerfungen.

Er überlässt die Werte seinen Bürgern und deren Institutionen.
Alles andere ist Mittelalter und sehr finster.
 
Hallo Petra,
Ich kriege den Polytheismus - vorchristlich, Walhalla etc. chronologisch nicht in den Kontext mit Mittelalter 500 bis 1500 und die Magna Charta dazwischen im 13. Jh.
Wie ist das gemeint?
Beislgrüße
 

petrasmiles

Mitglied
Da ist auch kein 'Kontext' der Art, sondern eine Abgrenzung.
Ist doch auffällig, dass 'Sicherheit' schon immer mit 'Freiheit' erkauft werden musste ...
LG Petra
 

Hera Klit

Mitglied
Liebe Petra, dein Text zeugt von einer großen Belesenheit, Hut ab.


"Kleine Geister schrieben der Mehrheit vor, was zu den Werten gehöre –
Und was nicht. "


Ich glaube, diesen Umstand haben wir heute noch allerorten in der finsteren Jetztzeit.


Liebe Grüße
Hera
 

petrasmiles

Mitglied
Liebe Hera,

danke für die Blumen ...

Ich denke sogar, dass diese Finsternis sich mit der um sich greifenden 'Wertepolitik' weiter ausweiten wird.
Geht ja gar nicht anders.

Liebe Grüße
Petra
 
G

Gelöschtes Mitglied 20513

Gast
Es ging hervor aus einer polytheistischen Gesellschaft
Auf diese folgte ein Machtvakuum, in das rivalisierende Kräfte
Die Vorherrschaft zu erlangen suchten.

Aus dem Chaos erwuchs der Wunsch – oder das Bedürfnis –
zu Einheitlichkeit. Der umkämpfte Raum wurde zu einer
Wertegemeinschaft.

Die Errungenschaften der polytheistischen Gesellschaft
Wurden zu Teufelszeug, und gerieten in Vergessenheit.

Währenddessen trieb die Wertegemeinschaft ihr Unwesen.
Kleine Geister schrieben der Mehrheit vor, was zu den Werten gehöre –
Und was nicht.

Im Namen dieser Werte wurden Kriege geführt, Abweichler ermordet,
ausgegrenzt.

Es dauerte hunderte von Jahren, bis mit der Magna Charta
und noch später der Goldenen Bulle wieder etwas anderes als Werte
zum Maßstab genommen wurden.

In einem pluralistischen Rechtsstaat kümmert sich der Staat
um die gesetzlichen Rahmenbedingungen und sozialen Verwerfungen.

Er überlässt die Werte seinen Bürgern und deren Institutionen.
Alles andere ist Mittelalter und sehr finster.


Liebe Petra,

jetzt wirst du mir gram sein, wenn ich schreibe, dass das keine Lyrik, sondern Prosa ist. Der Grund: Was fehlt, ist Lyrik. Inhaltlich sehr informativ, wäre aber sicher bei einem Vortrag besser angebracht. Was ganz entscheidend fehlt, ist das Emotionale, die Ansprechbarkeit des Lesers. Am besten kriegt man das hin, indem man Fragen stellt, keine Behauptungen, sondern Vergleiche, Bilder benutzt, kaum fachspezifische Begriffe. Du steigst mit zwei Fragen ein, das ist schon mal gut. Aber dann beantwortest du sie, und das ist nicht so gut. Gestatte dem Leser eine Minute des Denkens.

Ich würde in dieses Gedicht ungefähr so einsteigen:
Am Anfang waren wir Affen auf den Bäumen,
dann beschloss der Oberaffe, nach ausführlichem Gespräch
mit seinen vorgesetzten Wettergöttern, herunterzusteigen
und auf dem Urwaldboden einen Affenstamm zu bilden.
Und er begriff gar nicht, dass dies der Anfang einer Entwicklung zum Rechtsstaat war.
Konnte er ja nicht, er war ja bloß ein Affe und kein Staatsrechtler.
Dann richteten sich die Affen weisungsgemäß auf ihre zwei Hinterbeine auf,
jagten Mammuts und wurden danach Frühmenschen genannt.
usw. die ganze Entwicklung zum Staat

Dann kannst du die ganze weitere Entwicklung bis heute in dieser etwas schnoddringen Art anbringen. Und immer Fragen stellen. Dies für den Fall, dass du uns den Staat erklären willst mit all seinen Verbrechen am untergebenen Volk.

Unangebracht sind solche fachspezifischen Begriffe wie Polytheismus, pluralistischer Rechtsstaat usw.
Eine Erzählhaltung ist angebracht, du musst etwas dem dummen Leser erklären und ihn dabei schmunzeln lassen. Jede Behauptung ist von Übel, du verkündest keine Gesetze.

Wie gesagt, für einen Vortrag gut, aber überfordert den Leser/Hörer doch etwas. Bau ein paar Späße ein, nicht so ernsthaft. Du versuchst ja locker zu sein, scheint mir aber noch nicht so ganz gelungen.

Lieben Gruß, Hanna
 

petrasmiles

Mitglied
Liebe Hanna,

ich bin Dir gar nicht gram - denn Du hast ja recht - zumindest meinem Empfinden nach. Aber solche Texte passen in keine andere Kategorie und es geht schon auch um die einzelnen Bilder, die einer Strophe entsprechen.

Ich muss gestehen, wenn ich es lockerer hätte schreiben können, hätte ich es getan. Ich bin nun einmal ein (kleiner) Moralist, dem bei diesen Dingen der Humor abhanden kommt. Ich finde Deine Ideen gut, aber ich kann sie nicht umsetzen wegen des 'dicken Halses'.
Ich habe auch nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich nicht für einen Leser schreibe, sondern dass mein Schreiben (meist) Selbstausdruck ist. Darum muss ich damit leben, das nicht amüsierte und überforderte Leser denken 'wattn Quatsch' und weiter marschieren.

Aber es überwiegt dieser latente Ärger dieser geschichtsvergessenen Generation gegenüber, die nichts zu Ende denken und keine Analogien erkennen.
Dabei sind es nicht nur sie wie man den Äußerungen des höchsten Außenbeamten der EU entnehmen kann, wenn er die europäischen Diplomaten als Gärtner bezeichnet, und den Rest der (nicht-westlichen?) Welt als Dschungel, der das wohlgepflegte Europa zu ersticken droht, weshalb die Jung-Gärtner die Ordnung in die weite Welt tragen sollen. Hybris ist überall - von da aus zu Kolonialismus und Rassismus in Spucknähe.

Ich hatte ja einen zumindest ironischen Text zu dem Thema schon geschrieben (Deutschlands Markenkern), aber das ist auch schon wieder drei Monate her und der Hals noch dicker.

Auf jeden Fall danke für die Mühe, die Du Dir gemacht hast. Ich will sicher nicht undankbar erscheinen, aber was ich nicht habe, kann ich nicht geben.

Liebe Grüße
Petra
 
G

Gelöschtes Mitglied 20513

Gast
Liebe Petra,

das verstehe ich doch. Mein Hals ist genauso dick wie deiner. Ich habe auch politische Gedichte geschrieben, aber die waren mir so scharf geraten, dass ich sie nirgends posten konnte. Eben wegen des dicken Halses. Ich habe eben was über Habecks Rede auf seinem grünen Parteitag gelesen (für die er tosenden Beifall bekam), wo gesagt wurde, dass solch eine ähnliche Rede schon einmal von einem anderen gehalten wurde, das war in den dreißiger Jahren. Am liebsten würde ich dazu was schreiben. Ich lass es aber, sonst bin ich die Terroristin, die den Staat delegitimieren will.

Zum Inhalt muss ich trotzdem was sagen: Es geht bei dem ganzen Gelaber nicht um Werte, sondern um Interessen. Das hat der Bahr mal ganz richtig festgestellt. Dazu hättest du was schreiben müssen und so den ganzen Budenzauber als Täuschung und Betrug entlarven. Wir müssen uns darüber klar sein,
dass jedes Wort, das von oben kommt, in uns eine Frage auslösen muss, eine Frage an die Leute, die das Land so auf den Hund bringen. Leider ist das nicht nur die 15%-Partei, sondern das sind alle Parteien. Da möchte man den Nuland-Spruch abwandeln, um sich abzureagieren.

Der nächste Punkt: "in einem pluralistischen Staat kümmert sich der Staat ... usw." Nee, das macht der Staat eben nicht. Das soll er laut Grundgesetz und so weiter, aber tut er das? Das hättest du herausarbeiten müssen. Das fehlt mir.

Was mir noch auffiel, dass das alles etwas zusammenhanglos aufgezählt wird. Du hättest eine Verbindung bzw. Überleitung zwischen den einzelnen Aussagen bringen müssen. Dann wäre alles verständlicher.

Vielleicht kannst du was mit meinen Anmerkungen anfangen.

Lieben Gruß, Hanna
 



 
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