Gefährliches Rauschen – Kapitel 3

hildenh

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Kapitel 3

Der VW Golf stellte sich als alte Klapperkiste heraus und war wahrscheinlich älter als sie selbst. Auf den ersten Kilometern würgte sie immer wieder den Motor ab, die Kupplung war der Horror. Der Typ war lustig, fallen sie nicht weiter auf. Sie fiel auf! Immer wieder bildeten sich Schlangen hinter ihr und besonders freundliche Autofahrer meinten durch Hupen behilflich sein zu können. Die mangelnde Fahrpraxis tat ihr übriges. Nach dem Unfall konnte und wollte sie sich lange Zeit nicht in ein Auto setzten. Zudem hätte sie sich erst eines kaufen müssen. Aber wovon hätte sie das bezahlen sollen? Damals war eine Lawine an Kosten über sie hereingebrochenen, dazu noch die laufenden Zahlungen für ihre Mutter. Nur durch die Annahme von zwei Jobs, die sie parallel zu Ihrem Studium ausübte, hatte sie die Wohnung halten können. Sue war es gewohnt bescheiden zu leben, sie hatte die ganze Kindheit auf diese Weise verbracht und es fiel ihr auch jetzt nicht schwer sich einzuschränken.

Als wenn das Autofahren nicht schon nervig genug war, kann erschwerend noch die blöde Karte hinzu. Wie sollte man sich da zurechtfinden und gleichzeitig die Straße im Auge behalten. Mehr als einmal registrierte sie erst im letzten Moment, dass sie den Wagen Richtung parkender Autos steuerte. Kaum zu glauben das die Leute sich früher damit zurechtgefunden haben. Sie persönlich kannte die Zeit ohne Navi nicht und fand es eine der besten Erfindungen überhaupt.Was sollte das, warum diese Quälerei, das war doch reine Schikane, was hätte ein Navi schon verraten? Wahrscheinlich wird man als Hacker mit der Zeit paranoid. Aber gut, sie wollte dieses Interview und da wäre es besser, sich an die Vorgaben zu halten.

Wenn sie die Markierung auf der Karte richtig deutete, müsste sie gleich angekommen sein. Aber was sollte dort sein? Sie fuhr auf einer Landstraße, links und rechts nur abgeerntete Felder. Noch knapp einen Kilometer, bis zu dem imaginären Punkt, der durch ein Kreuz direkt neben der Straße als Ziel ausgewiesen wurde. Da kein Auto hinter ihr war, fuhr sie langsamer, erst 80 dann 60 Km/h. So genau konnte man die Lage auf der Karte nicht abschätzen und sie wusste nicht worauf sie achten sollte?

Zu dumm, dass sie die letzten Zeilen der Anweisung nicht mehr gelesen hatte. Erneut ärgerte sie sich über Sybille, sie schaute doch auch nicht heimlich den Kollegen über die Schulter und las deren Texte. Plötzlich musste sie lachen, ihr kam das Bild in den Sinn wie alle pitschnass aus dem Büro gerannt sind. Die würden dumm schauen, wenn Sie mit dem Interview zurückkommen würde. Wobei, sollte sie damit überhaupt zurück zum Deutschen Tageskurier? Könnte sie das nicht als Eintrittskarte nutzen, um bei einer vernünftigen Redaktion anzufangen, wo man ihr eine echte Chance gab. Die Fantasie ging mit ihr durch, sie hatte bis jetzt noch keine Story, sie wusste ja nicht mal, ob es überhaupt eine gab.

Das Geräusch einer Hupe holte sie aus Ihren Träumereien, ein Auto überholte sie mit hoher Geschwindigkeit. Der Fahrer zeigte im Vorbeifahren mit dem Zeigefinger an seine Stirn. Was für ein Idiot. Als sie auf den Tacho schaute, sah sie, dass sie noch 20 km/h fuhr. Das war ihre vertraute Fahrradgeschwindigkeit. Versuchen sie nicht aufzufallen, kam ihr wieder in den Sinn. Wenn der Typ jetzt der Nähe war, würde er verächtlich den Kopf schütteln. Sie musste den Punkt doch längst erreicht haben. Bei der nächsten Gelegenheit würde sie wenden und die Strecke in entgegengesetzter Richtung abfahren. Es kam eine Bushaltestelle in Sicht, dort wartete eine Gestalt.
Es war ein junger Mann der lässig den Riemen seines Rucksacks über einer Schulter hängen hatte. In einer Hand hielt er ein Pappschild, ein Anhalter. Mad Max war schon in den 80iger Jahren aktive gewesen, musste also wesentlich älter sein. Das war nicht ihr Ziel. Auch wenn in der Anweisung nichts von Anhaltern stand, konnte sie ihn schlecht mitnehmen. Obwohl er ja ganz sympathisch aussah. Dennoch schaute sie im Vorbeifahren aus Neugier auf das Schild. Dort stand, Susanne ich liebe Dich!

Es dauert ein paar Sekunden und gut hundert Meter bis der Wagen zum Stehen kam. In leichten Schlangenlinien fuhr sie die Strecke zurück. Der Typ lachte sie an, es war ein freundliches gewinnendes Lächeln. Sie kurbelte das Beifahrerfenster herunter und wollte etwas sagen. Nur was? Sie wusste ja überhaupt nicht wer das war. Bevor sie abschließend eine geistreiche Frage formulieren konnte, hatte der junge Mann durch das geöffnete Fenster die Beifahrertür entriegelt und war eingestiegen.
« Hey Susanne, schön Dich kennenzulernen. Ich bin Björn, aber das hast Du dir sicher schon gedacht. »
Sie wusste immer noch nicht, was sie sagen sollte und lächelte nur.
« Entschuldige bitte das mit dem Schild. Ich dachte mir, wenn ich da nur Susanne drauf schreibe sieht das irgendwie komisch aus. »
Sie prustete amüsiert.
« Susanne ich liebe Dich sieht weniger verdächtig aus als nur Susanne? »
« Klar, so denken die Leute ich warte darauf das meine angebetet Susanne vorbeifährt und mir meine Fehler verzeiht. »
Er sagte dies mit einer solch gutherzigen Gewissheit, das Sue die Mutmaßung nicht in Frage stellen wollte.
« Björn, wer bist Du und was machen wir als nächstes? »
« Ich arbeite für die Computerzeitschrift Combit und lebe normalerweise in Dänemark. Aber kannst Du bitte losfahren, wir sollten hier nicht länger herumstehen. »
Jetzt bemerkte sie den leichten skandinavischen Akzent und hätte am liebsten zig Fragen gestellt, doch sie wollte wie ein professionelle Journalistin wirken.
« Klar, in welche Richtung müssen wir? Meine Karte hört hier auf. »
« Ich habe den zweiten Teil. Folge vorerst weiter der Straße. »
Was sollte der Mist, ging es Sue durch den Kopf. Das war doch ihre Story, ihre Exklusivstory und jetzt tauchte dieser Typ auf. Der kommt von einer richtigen Fachzeitschrift und nicht von so einem allgemeinen Käseblatt, stellte sie designiert fest. Sue kannte die Zeitschrift Combit, wenn auch nur vom Namen. Es war eine englischsprachige Computerzeitschrift die in Großbritannien und Skandinavien recht verbreitet war. Sie ärgerte sich noch mehr, dass ihr die letzten Informationen zu dem Treffen fehlten, sonst hätte sie sich nicht so überrumpelt gefühlt.

Wut stieg in ihr auf. Groll auf diesen gut aussehenden Typen, der so locker unbeschwert neben ihr saß, als wenn sie zu einem sonntäglichen Kaffeetrinken bei den Großeltern unterwegs wären. Wie konnte der nur einfach so dasitzen, so unbefangen, so, Grrrrr! Sie hätte ihm am liebsten auf der Stelle aus dem Auto geschmissen, aber er hatte die Karte mit dem richtigen Ziel. Oder war es nur ein weiteres Zwischenziel? Hätte Sie nachher das ganze Auto voll mit Leute die Maximilian Wesener interviewen sollten? Jeder ein weiteres Stück Karte dabei, bis sie schlussendlich vor einem Haus ankommen würden, wo schon ein Übertragungswagen nebst Kamerateam darauf warten das Interview live zu senden. Grrrrr, sie hasste Überraschungen! Wie konnte Sie nur so dumm gewesen sein zu glauben, dass das hier Ihre große Chance war.
« Du musst hier im Dorf rechts abbiegen. »
Die Ortschaft war recht überschaubar, eine Kneipe, eine Tankstelle und ein Supermarkt. Ansonsten flankierten überwiegend Wohnhäuser die Hauptstraße.
« Kannst Du bitte kurz am Supermarkt anhalten, ich muss noch ein paar Dinge einkaufen. »
Was dachte er was sie hier machen? Seine lockere Art brachte Sue auf die Palme, dabei schien Björn nicht viel älter zu sein als sie. Hochgewachsen mit blonden zerzausten Haaren, heller Taine und ein paar Sommersprossen. Unpassender Weise kam ihr das Wort Sommerflirt in den Sinn. Solche Typen, die jedes Mädchen ohne große Anstrengung bekommen konnten waren ihr zuwider. Wie konnte so ein Typ Journalist sein.

Nachdem er im Laden verschwunden war, versuchte sie sich zu beruhigen und atme langsam ein und aus. Dann bemerkte Sie, dass er seinen Rucksack im Fußraum zurückgelassen hatte. Vielleicht könnte sie ihn nach einem kurzen Blick hinein besser einschätzen? Schnell vergewisserte sie sich, ob er nicht schon über den Parkplatz zurückkam, dann stecke sie den Kopf nach unten und öffnete die Schnalle vom Hauptfach. Darin befand sich ein kleiner Schlafsack, eine Boxershorts, zwei Dosen Energydrinks, Deo und eine Tüte Cracker. Schnell schloss sie die Schnalle und wollte schon in die Vortasche schauen, als sie einen Schatten über sich bemerkte. Unvermittelt richtete sie sich wieder auf und blickte in Björns Gesicht. Doch statt Verwunderung oder gar Zorn strahlte dieser über beide Ohren.
« Die haben hier Pringels Sour Creme. Suche ich seit einer Ewigkeit. »
Er stellte zwei große Papiertüte auf die Rückbank.
« Ich habe ein paar Vorräte gekauft und eine Zahnbürste. Wenn das zwei Tage geht, will ich nicht verhungern. »
Sue musste zugeben, dass er anscheinend nicht ganz so doof war. Zumindest hatte er offensichtlich Lebensmittel für mehrere Personen eingekauft und auch eine Flasche Wein und ein Sixpack Bier.
« Hast Du einen Schlafsack und was Du sonst so brauchst? »
Er fragte dies in einem fürsorglichen Ton, sie hätte ihn dafür umarmen können, wenn Sie nicht so sauer auf ihn gewesen wäre. Stattdessen fragte sie mit süffisanten Unterton,
« Wie viele Leute sind denn zu der Party eingeladen? »
« Denke wir sind zu Dritt, oder was schätzt Du? »
Sue nickte erleichtert. Aber da war noch diese unausgesprochene Frage. Sie musste sofort, hier auf dem Parkplatz des Supermarktes erfahren, warum er dabei war. Es platzt aus ihr heraus, noch bevor sie die Frage richtig formulieren konnte.
« Dabei, warum bist Du, jetzt hier? »
« Yoda Du bist »
Er lachte über seine Antwort, lachte bis er bemerkte das sie nicht in der Stimmung dafür war.
« Sorry, mein Fehler. Dachte Dir wäre klar warum ich hier bin. »
« Nein, das ist mir nicht klar! »
« Wie soll ich es sagen? »
« Sollst Du auch ein Interview mit diesem Hackergenie führen? Wird es exklusiv in der Combit erscheinen? »
« Du hast Angst ich mache Dir die Story streitig. »
Er musste schmunzeln, bereute es aber sofort als er ihren Blick sah.
« Wenn ich das richtig verstanden habe, soll ich Dich fachlich unterstützen. »
Ihr Ausdruck veränderte sich, wurde aber nicht unbedingt besser.
« Mad Max denkt, das Du mit den Gepflogenheiten der Hackertechnik und dem Fachjargon nicht vertraut bist. Ich soll so etwas wie ein Dolmetscher sein und Dich auch nach dem Interview beraten. »
Sue blieb der Mund offenstehen, damit hatte sie nicht gerechnet.
« Du sollst kein Interview führen, bist Du denn gar kein Journalist? »
« Wie kommst Du denn auf die Idee? Ich bin Computerfachmann und in erster Linie selbst Hacker, aber nur für gute Zwecke. »
« Du sagtest doch, das Du für Combit arbeitest. »
« Das tue ich ja auch, aber ich schreibe nicht die Artikel. Im Übrigen habe ich etwas übertrieben, ich arbeite dort freiberuflich. »
Sie musste die Informationen einen Moment sacken lassen, es entstand eine angespannte Pause.
« Was denkt sich dieser Mad Max. Meint der ich hätte keine Ahnung von der Thematik? Ich habe den Kram studiert. »
Björn wollte schon entgegnen, das man Hacken nicht studieren kann, aber er verkniff sich die Bemerkung.
« Wenn er meint, ich bin zu dumm für dieses Interview, warum hat er sich dann nicht Jemand schlaueres herbestellt. »
Sie bekam also einen fachlichen Berater an die Seite gestellt. Das war nicht schmeichelhaft, aber immerhin besser als wenn ihr das Interview streitig gemacht worden wäre.
« Ok, warum auch nicht. Wo müssen wir jetzt hin? »
Björn war offensichtlich froh das Thema nicht weiter erörtern zu müssen und erklärte den Weg. Sie fuhren 10 km in nördliche Richtung auf der Ortsausgangsstraße, als er Anweisung zum Abbiegen gab.
« Wir müssen hier rechts auf den Feldweg, eine andere Möglichkeit sehe ich nicht. »
Sue war froh, dass sie sich aufs Fahren konzentrieren konnte, so sagte sie auch nichts, als ihr die Abzweigung etwas unwahrscheinlich vorkam. Sollte er nur schauen wie sie das Ziel fanden. Nach mehreren hundert Meter Holperpiste verschwand der Weg in einem Mischwald und wurde etwas breiter und ebener. Sie kamen gut mit dem alten Golf voran und mussten lediglich noch zweimal abbiegen, bevor sie eine kleine Lichtung erreichten. Am gegenüberliegenden Ende stand eine kleine Blockhütte. Es parkte kein Auto davor, aber im Inneren brannte Licht. Noch bevor sie anhielten, öffnete sich die Tür und ein Mann mit lichtem grauen Haar kam auf den Wagen zu. Er war etwa Mitte Fünfzig und von hagerer Statur. Seine wachen Augen taxierten die Neuankömmling.

Der milde Septembertag hatte sich merklich abgekühlt. Sue fröstelte beim Aussteigen oder sollte das an ihrer Nervosität liegen? Ihr stand ein Mann gegenüber, der unwesentlich größer war als sie und über Jahrzehnte die Hackerszene dominiert haben sollte wie kein anderer. Er drückte ihre Hand kurz mit festen Griff.
« Hallo, ich bin Maximilian Wesener. »


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Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:

jon

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Teammitglied
Klingt sehr nach den üblichen Young-Adult-Liebesromanen. Voller Klischees, Überziehungen und in der typischen Sprache. Das macht mich nicht eben an.

Immerhin: Ab Kapitel 2 bist du endlich im "Film" angekommen, zeigst, was passiert, statt Infos verpacken zu wollen.


(Und wieder: Bitte Fehler beheben!)
 



 
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