Gefangenschaftsfreisein

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Wuselkopp

Mitglied
Ich will damit nicht sagen, dass ich die Geschichte metaphorisch gemeint habe. Aber wie bereits erwähnt: jeder hat andere Assoziationen. Und manchmal will die Geschichte an sich nicht die Hauptaussage transportieren, sondern es entstehen Bilder zwischen den Zeilen.

Ich kann auch über Blumenwiesen und Sonnenaufgänge schreiben. Dann würde niemand zu tode kommen.
Aber muss Literatur nur Schönes beschreiben? Nein, überhaupt nicht. Zumindest ist das meine Ansicht.

Aber nochmal kurz zur Sterbehilfe: Wenn kein ernstes Thema literarisch verpackt dargestellt werden darf, ja dann streicht doch bitte auch alles Krimis, Thriller und ähnliches, in denen Psychopathen andere Menschen umbringen. Das geht ja nun wirklich gar nicht!
 
A

aligaga

Gast
Sorry - aber zwischen den Zeilen dieses auf Effekt gebügelten Rührstückerls entdeckt @ali rein gar nichts - der Leser wird auf alles mit der Nase gestoßen, bis ihm die Lesebrille beschlägt.

Bemerkenswert ist eigentlich nur die Unlogik der Kulisse und die noch unverständlichere Attitude des "Sterbehelfers". Die Wehrlosigkeit seines Opfers und die besondere Grausamkeit der Todesart sind klare Mordmerkmale. Wenn's herauskommt, gibt's lebenslänglich!

Eine wirklich seltsame Nummer, aus der man nicht schlau werden kann. Muss man aber auch nicht.

Amüsiert

aligaga
 

FrankK

Mitglied
Tja - und dabei ist der Schluss doch jetzt offener, der "Stoß" des Rollstuhls ist entfernt.
Wenn "ertrinken" doch so grausam, warum stürzen sich manche Menschen von den Klippen?
Es kann sich jeder selbst ein Bild machen, ob der geliebte Mensch gestoßen wird, ob der stoßende hinterherspringt oder - und das ist in dieser geänderten Version nun auch interpretierbar - ob beide einfach Abschied vom Meer nehmen, zum Haus oder "sonstwohin" zurückkehren und dort ... tja, was? Gemeinsam Tabletten nehmen? Den Gashahn aufdrehen?

Wer weiß das schon.


Nächtliche Grüße
Frank
 
A

aligaga

Gast
Versiertere Leser sehen in einer Behinderten wie der uns hier vorgestellten (die in normalem Gelände noch selbst mit ihrem Rolli zurechtkommt, wie es heißt), eher kein so unwertes Leben, dass man es im Eiswasser ersäufen müsste. Sie können auch unschwer zwischen einer Selbsttötung und dem hier offenbar geplanten, aber völlig unmotivierten Mord unterscheiden.

Hatte das klebrige Rührstückerl vorher einen banalen Schluss, dann hat es jetzt gar keinen mehr. Man kann einen Text also auch mit dem Rollstuhl komplett an die Wand fahren. Sachen gibt's!

Heiter

aligaga
 

FrankK

Mitglied
Guten Morgen, rogathe
Warum es auf diese Art und nicht anders passiert, wird nicht erklärt. Wer weiß, vielleicht haben die beiden eine besondere Beziehung zum Meer, oder speziell zu diesem Ort. Oder es hat sich einfach die Gelegenheit ergeben, oder die Person im Rollstuhl hatte zuvor wieder einen Anfall / Krankheitsschub.
Es wird noch nicht einmal erklärt, wie die Geschlechter und die Beziehungen verteilt sind, Mann und Frau / zwei Männer / Mutter und Tochter ...
Ich versuche mir gerade vorzustellen, welche symbolische Bedeutung dahinter steckt:
Die Mutter schiebt ihre Tochter im Rollstuhl über genau die Klippen, an denen der Vater (Ehemann) Jahre zuvor tödlich verunglückt war ...
Es sind einfach viele Interpretationen möglich.
Und, wie schon gesagt, in dieser neuen Variante besteht auch die Möglichkeit, dass kein "Stoss" erfolgt, sondern "nur" eine Trennung, ein Abschied.


Guten Morgen, Ji Rina
Du bist nicht mehr du und ich bin nicht mehr ich. Wir sind gestorben.
Ich verstehe es so: Die Menschen, die die beiden früher (oder vor einem Jahr noch) einmal waren, sind sie nicht mehr, es gibt sie nicht mehr - sind sozusagen "gestorben".

Woher soll dieser Mensch wissen/erahnen, dass er gleich samt Rollstuhl ins Meer verabschiedet wird? Eben hat er noch darum gebeten aufzubrechen, weil es kalt ist.
Vielleicht haben die beiden vorher schon einmal darüber gesprochen - sich darauf geeinigt - und die Person im Rollstuhl hat es der anderen Person überlassen, den Zeitpunkt zu bestimmen. Vielleicht damit die andere Person selbst dazu bereit ist. Das kommt hier aber nicht zur Sprache.

Und diesen Satz würde ich ganz streichen:
Schnell beschlägt meine Brille durch meinen Atem, der nur noch aus den winzigen Öffnungen neben meiner Nase aus der schützenden Wolle herausdringt.
Darüber könnte man nachdenken - dieser Satz gibt aber durch seine Ablenkung vom Geschehen der Situation durchaus auch etwas surreales.


Herzliche Grüße sendet euch
Frank
 

Wuselkopp

Mitglied
Ich verstehe noch nicht ganz, wieso die Sterbehilfe - so sie denn in diesem Text überhaupt Thema ist - ein literaturuntaugliches Thema ist.
Bitte erkläre es mir, aligaga.

Darf über ein "böses" Thema nicht geschrieben werden?
 

Ji Rina

Mitglied
Lass es gut sein, Frank. So ist das auf den Lit. Portalen: Manche finden einen Text wunderbar, andere finden denselben Text unmöglich.
Meine Phantasie wird durch diesen Text nicht angeregt - und das liegt nicht am Thema, sondern an der Umsetzung.
Es lebe die Meinungsfreiheit.;)
Lieben Gruss aus dem verregneten Spanien!
Ji
 
A

aligaga

Gast
Niemand hat etwas dagegen, @Wusselkopp, dass du dich in einem Literaturforum prosaisch darüber auszulassen versuchst, was du unter "Sterbehilfe" verstehst. Wenn dabei ein Quarkstrudel nach Art des hier zur Debatte stehenden herauskommt, musst du aber damit rechnen, auf Kritik zu stoßen.

Die Sterbehilfe ist, wie der Holocaust, der Kindermissbrauch, die Gewaltverherrlichung oder die Xenophobie ein vermintes Gebiet, auf dem man nicht beliebig herumspazieren und als Autor nach billigen Effekten haschen kann.

Nicht nur die Selbsttötung, sondern auch die Sterbehilfe sind ultima ratio. Bemühte, an der Oberfläche bleibenden Stimmungsbilder wie das deine sind nicht dazu geeignet, einen aufmerksamen, mittdenkenden Leser in der von dir offenbar gewünschten, sentimentalen Weise "mitfühlen" zu lassen, sondern erzeugen Ressentiments gegen ein präpotentes Lührich, das glaubt, das Publikum teile sein Selbstmitleid. Die üblichen Verdächtigen fallen ja tatsächlich darauf herein und geben dir für diesen missglückten Text Bestnoten. Es sind wohl mehrheitlich jene, die nichts dagegen hätten, wenn man ihrer Meinung nach unwertem Leben beim Sterben hilft.

Der Rest der Welt denkt und fühlt da ein bisschen anders. @Ali ist sich ziemlich sicher, es gäbe kaum jemanden unter uns, der keine RollstuhlfaherIn zu seinen Bekannten zählte und der auch nur im Traume daran dächte, der Guten vor lauter Mitleid das Messer in den Rücken zu stoßen.

TTip: Den Quark da vom Board kratzen, nachdenken, was alles zusammenkommen muss, dass man einen Mitmenschen ersäuft, ohne als Verbrecher rüberzukommen, und erst dann wieder zu schreiben beginnen.

Das wäre die richtige Reihenfolge. Übrigens - die Omi, die ins tiefe Wasser rollert, ob mit oder ohne menschlichen Hilfsmotor, ist ein bereits ziemlich abgegriffenes Requisit. In einer Kurzgeschichte (@ali glaubt, sie wäre von Frisch, ist sich aber nicht sicher) passiert's auf einer Fähre über den Bodensee, und es ist am Ende nicht ganz klar, ob's ein Versehen war, Fahrlässigkeit oder Absicht. Und bei der Spyri Johanna ist Klaras Rollstuhl gottlob leer, als er den Berg hinuntergestürzt wird.

Trotz des traurigen Sujets heiter, sehr heiter

aligaga
 

Ji Rina

Mitglied
Genau das ist mein Problem mit diesem Text.
Aber mit abgeändertem Ende bekommt man jetzt die Antwort:
Wer redet denn hier von Sterbehilfe?
Wer stösst denn hier wen ins Meer?
Nutze doch einfach deine Phantasie! Sehe es Methaphorisch…!
(Tja…wie ein Tee, aber ohne Teebeutel…)
Trotzdem: Noch viel Spass und schönen Wochenbeginn!
 
A

aligaga

Gast
Sorry, aber stimmige Texte, gerade sehr kurze, sollten etwas anderes sein als bloß eine rührselige Zutatensammlung wie die da, in der Kraut und Rüben durcheinander wachsen.

Sowas ist und bleibt Käse.

Heiter

aligaga
 

Wuselkopp

Mitglied
Ali, dir muss das nicht gefallen. Hab ich verstanden. Ist ok für mich und mit Kritik kann ich umgehen.

Nur finde ich es frech, andere Texte als Quark, Käse oder Rührstrudel zu bezeichnen.

Kritik ist hilfreich und nehme ich gerne an, aber vielleicht überprüfst du mal deine Wortwahl. Die ist nämlich auch einem Milchprodukt sehr ähnlich.
 
A

aligaga

Gast
@Ali hat nicht das übliche "Gefälltmitgefälltnmirnicht" gebrabbelt, sondern klar und deutlich dargestellt, was an dem Stück alles auszusetzen ist.

Erstaunlich, dass man gedanklich zwar Omis ins Eiswasser befördern kann, aber empfindlich darauf reagiert, wenn einem gesagt wird, dass sowas - zumindest aus literarischer Sicht - nichts als ein unlogisches, unreflektiertes Betroffenheitsstückerl ist - mithin reiner Quark. Ein Schaumgebäck.

Du bist hier nicht wie beim Frisör, Wusselkopp, wo LeserInnen unter der Trockenhaube sitzen und in trivialen Journalen blättern, ohne mitzudenken, sondern in einem Literaturforum.

Da kann's schon mal vorkommen, dass dir bei einem Thema wie diesem da deutlich gesagt wird, wo's noch fehlt.

Amüsiert

aligaga
 

FrankK

Mitglied
An den User hinter dem Nickname @aligaga
In Ihrem Kommentar haben Sie mit ihrer Keule ziemlich weit ausgeholt und völlig übersehen, dass weder Holocaust, der Kindermissbrauch, die Gewaltverherrlichung oder die Xenophobie eine Rolle spielten.
Aber sei es drum.

Nur eines müssen Sie mir erklären, mein Freund
[blue]Die üblichen Verdächtigen[/blue] fallen ja tatsächlich darauf herein und [blue]geben dir[/blue] für diesen missglückten Text [blue]Bestnoten. Es sind wohl mehrheitlich jene, die nichts dagegen hätten, wenn man[/blue] ihrer Meinung nach [blue]unwertem Leben beim Sterben hilft.[/blue]
"unwertes Leben" kenne ich nicht, Sie unterstellen mir etwas, mit dem ich nichts anzufangen weiß. Könnten Sie mir bitte erklären, was Sie unter "unwertem Leben" verstehen?


Aufmerksam lauschend
und freundlich grüßend
Frank
 

Ji Rina

Mitglied
Nun hab ich eine Nachricht bekommen und möchte deshalb etwas klarstellen:
Als ich oben unter aligagas Kommentar schrieb, genau dies sei mein Problem, hatte ich diesen Satz im Kopf:

Die Sterbehilfe ist, wie der Holocaust, der Kindermissbrauch, die Gewaltverherrlichung oder die Xenophobie ein vermintes Gebiet, auf dem man nicht beliebig herumspazieren und als Autor nach billigen Effekten haschen kann.

Deshalb schrieb ich ja bereits in vorigen Kommentaren: Mir fehlt da etwas im Text, er sei mir zu oberflächlich; man müsse das, was einen zu einer solchen Tat treibt, besser beschreiben.

Von diesem Satz hier distanziere ich mich:

Die üblichen Verdächtigen fallen ja tatsächlich darauf herein und geben dir für diesen missglückten Text Bestnoten. Es sind wohl mehrheitlich jene, die nichts dagegen hätten, wenn man ihrer Meinung nach unwertem Leben beim Sterben hilft.

Es sind aligagas üblichen schwarz-weiss Bilder.
 
A

aligaga

Gast
Wenn man einen Schwarzweißfoto braucht, um zu erkennen, dass man eine Omi besser nicht mitsamt dem Rolli ins Eismeer schmeißt, um sich von ihr zu "erlösen", dann ist @ali von Herzen gern ein ganz, ganz altmodischer Zelluloidfilmfotograf.

Die guten Zensuren gab's hier übrigens schon vor der Tilgung der "Schlusspointe" - das sollte man nicht übersehen. Genau deswegen hatte @ali sich hier eingemischt.

Er hat eine Schwäche für Omis, auch wenn sie im Rollstuhl sitzen.

Heiter

aligaga
 

FrankK

Mitglied
Werter User hinter dem Nickname @aligaga
Es gibt keine "Omi im Rollstuhl", weder in der ersten, noch in der zweiten Variante. Egal, welches "Schwarzweiß-Foto" Sie betrachten.
Aufmerksam Lesen würde helfen.

Aber eines müssen Sie mir erklären, mein Freund
[blue]Die üblichen Verdächtigen[/blue] fallen ja tatsächlich darauf herein und [blue]geben dir[/blue] für diesen missglückten Text [blue]Bestnoten. Es sind wohl mehrheitlich jene, die nichts dagegen hätten, wenn man[/blue] ihrer Meinung nach [blue]unwertem Leben beim Sterben hilft.[/blue]
"unwertes Leben" kenne ich nicht, Sie unterstellen mir etwas, mit dem ich nichts anzufangen weiß. Könnten Sie mir bitte erklären, was Sie unter "unwertem Leben" verstehen?


Aufmerksam lauschend
und freundlich grüßend
Frank
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Wuselkopp,

ein seltsamer Text. Die beiden Prots sind sich einig, ein auf den Rollstuhl angewiesenes Leben zu beenden? So kommt es rüber. Am schlimmsten ist die Stelle

Über deinem rechten Ohr bist du bereits ergraut. Der Mond scheint so hell, dass das Grau deiner Haare regelrecht reflektiert. Ich hasse es. So wie du es hasst. So wollten wir es nie. Du bist nicht mehr du und ich bin nicht mehr ich. Wir sind gestorben.
Dass ergrautes Haar hier angesichts einer offenbar schweren Kranhkeit (?) überhaupt eine Rolle spielt, reizt zum Lachen. Geht zum Friseur, lasst die Haare färben oder tönen, möchte man den beiden zurufen. Mit grauem Haar muss heute niemand mehr leben, wenn er nicht will.

Und ein Leben auf diese Weise zu beenden, IST grausam. Auch wenn es der Text in der aktuellen Fassung offen lässt. Ich weiß, was ali mit "unwertem Leben" meint. Der Gedanke kommt einem, weil man sich fragt, weshalb das Leben im Rollstuhl beendet werden muss. Hat es nicht den Wert wie "normales" Leben? Es gibt kein unwertes Leben, es gibt nur Leben.

So verstehe ich das.


VG, DS
 



 
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