„Hallo, Mona Schätzchen“, trällerte Katie mit erregter Stimme ins Telefon. „Wir müssen unser gemeinsames Mittagessen vorverlegen. Ich hab dir etwas Unglaubliches, etwas so Abscheuliches zu erzählen. Du wirst es nicht glauben. Treffen wir uns morgen?“
„Grundgütiger, was ist denn passiert? Komm mal wieder runter! Du redest ja wie ein aufgescheuchtes Huhn. Hast du Ärger mit deinem Mann?“
„Nein, das nicht, aber dich wird’s umhauen, glaub mir.“
„Sag mir wenigstens, worum es geht, bevor ich vor Neugier platze.“
„Nein, das geht nicht am Telefon. Das ist sowas von vertraulich. Das ist so vertraulich, dass …“
„Ist ja schon gut. Ich gedulde mich bis morgen. Gleiche Uhrzeit!“
Katie und Mona waren engste Freundinnen seit ihrer gemeinsamen Schulzeit. Beruflich gingen sie zwar verschiedene Wege, aber das konnte ihre Verbundenheit nicht schmälern. Und auch als beide im gleichen Jahr heirateten, pflegten sie ihre Freundschaft mit regelmäßigen Besuchen und gegenseitiger Hilfe, wann immer die Lebenslagen dies erforderten. Katie war mit ihren 27 Jahren ein Jahr älter als Mona, beide galten in ihrem Bekanntenkreis als attraktives, lebenslustiges Duo: Mona, die Schwarzhaarige mit der gebräunten Haut, entsprach dem mediterranem Typ, während Katie mit ihren langen blonden Haaren und der sonnenempfindlichen Haut eher nordisch wirkte. Da ihre Freundschaft schon so lange dauerte, galten sie als unzertrennlich. Beide waren geradeheraus, und um sich in keiner Situation gegenseitig etwas vorzumachen, nahmen sie kein Blatt vor den Mund, und wenn das Vokabular einmal etwas heftiger wurde, so war es beim nächsten Treffen um so herzlicher. Solche Offenheit, so befanden sie, konnte ihre Freundschaft nur festigen.
Beide bewohnten in einer Kleinstadt ein kleines Eigenheim, nur zwei Kilometer voneinander entfernt. Beide hatten zwar ihre Jobs aus Gründen der Familienplanung aufgegeben, schoben aber den Kinderwunsch ihrer Ehemänner sorglos vor sich her und beschränkten ihre Existenz auf die Annehmlichkeiten, die ein sorgen- und arbeitsfreies Leben so mit sich brachten.
Da Katies Mann Hendrick Opern- und Theaterfreund war, besaßen sie zwei Jahreskarten für die hiesigen Bühnen und diskutierten noch tagelang über die aktuellen Stücke und ihre Sänger und Schauspieler. Monas Mann Joshua hingegen gehörte schon seit Jahren zum Inventar auf den Tribünen der Bundesligastadien. Jedes Wochenende wohnte er einem Ligaspiel bei, aber beiden blieb Zeit, gemeinsam auch Anderes zu unternehmen, meistens Wanderungen zu Fuß oder mit dem Kanu, je nach Wetterlage.
Die beiden Freunde arbeiteten in der gleichen Firma, einem Unternehmen aus der Landmaschinenbranche, das weltweit operierte. Und beide waren im Vertrieb tätig und wurden nicht überragend, aber gut bezahlt. Sie schätzten ihren wenig aufregenden Job vor allem wegen der geregelten Arbeitszeit und der fast freundschaftlichen Stimmung im Büro. Die wurde eines Tages jedoch durch eine schockierende Nachricht getrübt: Ihr Abteilungsleiter war bei einem unverschuldetem Autounfall ums Leben gekommen.
Drei Tage später wurde Hendrick beauftragt, als Vertretung für den verstorbenen Vertriebschef eine zweitägige Reise nach Münster anzutreten, um Einzelheiten für einen Großauftrag zu klären. Hendrick trat die Fahrt mit Freude an, sah er doch deutliche Chancen, vielleicht die Stelle des Verstorbenen einnehmen zu können. Er war gerade mal einen halben Tag unterwegs, als Josef Hilbinger, der Chef des Unternehmens, Katie anrief und sie zum Mittagessen einlud. Das sei nichts Ungewöhnliches, betone Hilbinger, es läge ihm daran, die Familien seiner treuen Mitarbeiter kennen und schätzen zu lernen. Katie war etwas verwundert, dass die Einladung ausgerechnet jetzt kam, da doch Hendrick auf Reisen war. Aber selbstverständlich sagte sie zu.
*
„Da bist du ja endlich, Mona! Lässt mich hier eine halbe Stunde warten. Du warst noch nie unpünktlich. Was ist los?“ Katie wirkte ungehalten.
„Nun hab dich nicht so. Ich war noch schnell auf dem Standesamt. Brauche meine genaue Geburtsstunde für ein Horoskop“, log Mona, und das klang glaubwürdig, hatte sie doch ein Faible für astrologische Weissagungsmodelle. „Jetzt erzähl schon, was passiert ist.“
Sie bestellten sich eine Pizza, dann erzählte Katie von Hendricks Reise und dem gemeinsamen Essen. „Stell dir vor, der säuselt mir die Ohren voll, dass er jetzt nach seiner Scheidung mit der Einsamkeit nicht zurechtkomme. Dabei sei er doch erst fünfzig und habe noch Bedürfnisse.“
Mona kicherte. „Die habe ich auch. Einem extra Taschengeld stehe ich nicht ablehnend gegenüber.“„Halt mal die Luft an. Es geht um viel mehr, nicht nur um Geld. Er kommt gleich auf Hendrick zu sprechen und lobt ihn in den höchsten Tönen. Er sei der Typ Mitarbeiter, den er sich schon immer gewünscht hätte: jung, dynamisch, fachlich sicher, zuverlässig, sympathisch und mit beeindruckendem Auftreten. Besser könne man sich einen Vertriebler nicht vorstellen. Er sei so unglaublich froh, ihn in dieser Abteilung zu haben.
Das war genau das, was ich hören wollte. Wenn ein Chef so etwas sagt, kann ja nur etwas Positives hinterherkommen, folgerte ich und ließ ihn durch ein paar warme Blicke spüren, dass ich mich sehr geschmeichelt fühlte.“
„Ich hätte nicht anders reagiert, Liebes. Hört sich wirklich gut an. Ich denke mal, das ist nicht alles. Wird’s jetzt spannend?“„Das kannst du laut sagen, Mona. Ich wüsste ja, dass die Firma einen Todesfall zu beklagen hätten, sagte er. Die Stelle, die übrigens deutlich höher dotiert sei als die jetzige meines Mannes, müsse schnellstens neu besetzt werden. Als ich das gehört hatte, ist mir ganz anders geworden. Hendrick als Abteilungsleiter, das würde unseren Zukunftsplänen schlagartig einen Schub geben. Ich hätte ihn vor Freude umarmen können. Als er gemerkt hatte, wie euphorisch ich plötzlich war, kam er mit seinem wahren Gesicht um die Ecke.“
„Oh Gott, was kommt denn jetzt? Ich befürchte Schlimmes. Hat er wohl gekniffen und seine Ankündigung … oh, Katie, das tut mir so leid. So etwas kann er doch nicht machen!“
„Nein, im Gegenteil.“
„Wie jetzt? Und das heißt was?“
„Er erklärte mir, dass in der Wirtschaft eine Leistung immer eine Gegenleistung zur Folge hätte. Und dabei grinste er so unverschämt, dass mir angst und bange wurde. Und bevor ich verstand, was er meinen könnte, fuhr er fort: ‚Ich weiß, dass Sie Ihren Mann sehr lieben. Ich will auch keinen Keil zwischen Sie und ihn treiben. Aber ich halte Sie für eine sehr modern denkende, eigenständige und willensstarke Frau, die genau weiß, wann sie die moralischen Fesseln ablegen darf und wann nicht.‘ Er machte eine kleine Pause und schaute mich mit lüsternen Augen an. Dann kam es endlich heraus. ‚Ihr Mann wird künftig tagelang zu Kunden unterwegs sein. Das bringt die neue Stellung so mit sich. Sie werden also des Öfteren ebenso lang allein sein, und da dachte ich, wir zwei könnten doch diese Zeit gemeinsam verbringen.‘ Und dann hängte er schnell noch an, dass wir uns doch ein bisschen vergnügen könnten. ‚Ihr Mann erfährt garantiert nichts davon.‘
„Und dann hat er noch seine wulstigen Finger auf meinen nackten Unterarm gelegt. Ich hätte kotzen können. Ja, Mona, jetzt bist du baff, was? Ich hätte nie gedacht, dass der so ein Schwein ist.“
„Achgott, Katie, so sind aber die Männer. Die wissen doch gar nicht, was in einer Frau vor sich geht. Wenn es ums Vögeln geht, verlieren sie jeglichen Anstand. Das weißt du doch nicht erst seit heute. Du hast diesen Wüstling hoffentlich gleich zurechtgewiesen. Kann der nicht in den Puff gehen, wenn er es so nötig hat? Geld dafür hat er ja genug.“„Die Sache hat mich so aufgeregt, dass ich einen Flush ins Gesicht bekommen habe. Ich fühlte mich gänzlich überrumpelt und hätte ihn am liebsten angeschrien. Aber er ist Hendricks Chef, und die Fassung zu verlieren, wäre wohl das Dümmste gewesen, was hätte passieren können. Was soll ich denn jetzt machen?“
„So ein Dreckschwein! Der zerstört eine ganze Familie, ohne mit der Wimper zu zucken. Ein Grobian, ein Assi, der letzte Dreck ist so einer!“ Mona geriet in Rage. „Versuch, darüber hinwegzukommen. Der verdient nichts anderes, als dass man ihn verachtet und vergisst. Sei stark, Liebes!“
Sie umarmten sich, verzichteten auf einen Kaffee nach dem Essen und verließen gemeinsam das Lokal.
„Ich bleibe heute bei meiner Mutter, damit ich auf andere Gedanken komme. Morgen Abend ist ja Hendrick wieder da.“
„Josh ist heute früh nach Prag gefahren. Er bleibt auch nur zwei Tage.“
*
Katie besuchte ihre Mutter und blieb über Nacht. Am nächsten Morgen gegen elf Uhr machte sie sich auf den Weg nach Hause. Er führte sie an Monas Haus vorbei, und sie hätte ihr auch einen Besuch abgestattet, fand aber auf die Schnelle keinen Parkplatz. Monas großer BMW parkte so breit in der Auffahrt zu ihrem Haus, dass der Platz nicht für Katies Clio ausreichte.
Ich werde sie gleich anrufen, sagte sie sich auf der Weiterfahrt. Ich muss sie unbedingt um Rat fragen, ob ich Hendrick in die Sache einweihen soll. Vielleicht ist es sogar besser, wenn er nichts davon erfährt. Dann bliebe das Verhältnis zu seinem Chef unbelastet.
Als sie zu Hause war, machte sie sich einen Espresso und setzte sich zum Telefonieren in einen der beiden schweren Ledersessel vor dem Kamin. Sie wählte Monas Nummer und wartete. Es klingelte und klingelte und klingelte.
„Grundgütiger, was ist denn passiert? Komm mal wieder runter! Du redest ja wie ein aufgescheuchtes Huhn. Hast du Ärger mit deinem Mann?“
„Nein, das nicht, aber dich wird’s umhauen, glaub mir.“
„Sag mir wenigstens, worum es geht, bevor ich vor Neugier platze.“
„Nein, das geht nicht am Telefon. Das ist sowas von vertraulich. Das ist so vertraulich, dass …“
„Ist ja schon gut. Ich gedulde mich bis morgen. Gleiche Uhrzeit!“
Katie und Mona waren engste Freundinnen seit ihrer gemeinsamen Schulzeit. Beruflich gingen sie zwar verschiedene Wege, aber das konnte ihre Verbundenheit nicht schmälern. Und auch als beide im gleichen Jahr heirateten, pflegten sie ihre Freundschaft mit regelmäßigen Besuchen und gegenseitiger Hilfe, wann immer die Lebenslagen dies erforderten. Katie war mit ihren 27 Jahren ein Jahr älter als Mona, beide galten in ihrem Bekanntenkreis als attraktives, lebenslustiges Duo: Mona, die Schwarzhaarige mit der gebräunten Haut, entsprach dem mediterranem Typ, während Katie mit ihren langen blonden Haaren und der sonnenempfindlichen Haut eher nordisch wirkte. Da ihre Freundschaft schon so lange dauerte, galten sie als unzertrennlich. Beide waren geradeheraus, und um sich in keiner Situation gegenseitig etwas vorzumachen, nahmen sie kein Blatt vor den Mund, und wenn das Vokabular einmal etwas heftiger wurde, so war es beim nächsten Treffen um so herzlicher. Solche Offenheit, so befanden sie, konnte ihre Freundschaft nur festigen.
Beide bewohnten in einer Kleinstadt ein kleines Eigenheim, nur zwei Kilometer voneinander entfernt. Beide hatten zwar ihre Jobs aus Gründen der Familienplanung aufgegeben, schoben aber den Kinderwunsch ihrer Ehemänner sorglos vor sich her und beschränkten ihre Existenz auf die Annehmlichkeiten, die ein sorgen- und arbeitsfreies Leben so mit sich brachten.
Da Katies Mann Hendrick Opern- und Theaterfreund war, besaßen sie zwei Jahreskarten für die hiesigen Bühnen und diskutierten noch tagelang über die aktuellen Stücke und ihre Sänger und Schauspieler. Monas Mann Joshua hingegen gehörte schon seit Jahren zum Inventar auf den Tribünen der Bundesligastadien. Jedes Wochenende wohnte er einem Ligaspiel bei, aber beiden blieb Zeit, gemeinsam auch Anderes zu unternehmen, meistens Wanderungen zu Fuß oder mit dem Kanu, je nach Wetterlage.
Die beiden Freunde arbeiteten in der gleichen Firma, einem Unternehmen aus der Landmaschinenbranche, das weltweit operierte. Und beide waren im Vertrieb tätig und wurden nicht überragend, aber gut bezahlt. Sie schätzten ihren wenig aufregenden Job vor allem wegen der geregelten Arbeitszeit und der fast freundschaftlichen Stimmung im Büro. Die wurde eines Tages jedoch durch eine schockierende Nachricht getrübt: Ihr Abteilungsleiter war bei einem unverschuldetem Autounfall ums Leben gekommen.
Drei Tage später wurde Hendrick beauftragt, als Vertretung für den verstorbenen Vertriebschef eine zweitägige Reise nach Münster anzutreten, um Einzelheiten für einen Großauftrag zu klären. Hendrick trat die Fahrt mit Freude an, sah er doch deutliche Chancen, vielleicht die Stelle des Verstorbenen einnehmen zu können. Er war gerade mal einen halben Tag unterwegs, als Josef Hilbinger, der Chef des Unternehmens, Katie anrief und sie zum Mittagessen einlud. Das sei nichts Ungewöhnliches, betone Hilbinger, es läge ihm daran, die Familien seiner treuen Mitarbeiter kennen und schätzen zu lernen. Katie war etwas verwundert, dass die Einladung ausgerechnet jetzt kam, da doch Hendrick auf Reisen war. Aber selbstverständlich sagte sie zu.
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„Da bist du ja endlich, Mona! Lässt mich hier eine halbe Stunde warten. Du warst noch nie unpünktlich. Was ist los?“ Katie wirkte ungehalten.
„Nun hab dich nicht so. Ich war noch schnell auf dem Standesamt. Brauche meine genaue Geburtsstunde für ein Horoskop“, log Mona, und das klang glaubwürdig, hatte sie doch ein Faible für astrologische Weissagungsmodelle. „Jetzt erzähl schon, was passiert ist.“
Sie bestellten sich eine Pizza, dann erzählte Katie von Hendricks Reise und dem gemeinsamen Essen. „Stell dir vor, der säuselt mir die Ohren voll, dass er jetzt nach seiner Scheidung mit der Einsamkeit nicht zurechtkomme. Dabei sei er doch erst fünfzig und habe noch Bedürfnisse.“
Mona kicherte. „Die habe ich auch. Einem extra Taschengeld stehe ich nicht ablehnend gegenüber.“„Halt mal die Luft an. Es geht um viel mehr, nicht nur um Geld. Er kommt gleich auf Hendrick zu sprechen und lobt ihn in den höchsten Tönen. Er sei der Typ Mitarbeiter, den er sich schon immer gewünscht hätte: jung, dynamisch, fachlich sicher, zuverlässig, sympathisch und mit beeindruckendem Auftreten. Besser könne man sich einen Vertriebler nicht vorstellen. Er sei so unglaublich froh, ihn in dieser Abteilung zu haben.
Das war genau das, was ich hören wollte. Wenn ein Chef so etwas sagt, kann ja nur etwas Positives hinterherkommen, folgerte ich und ließ ihn durch ein paar warme Blicke spüren, dass ich mich sehr geschmeichelt fühlte.“
„Ich hätte nicht anders reagiert, Liebes. Hört sich wirklich gut an. Ich denke mal, das ist nicht alles. Wird’s jetzt spannend?“„Das kannst du laut sagen, Mona. Ich wüsste ja, dass die Firma einen Todesfall zu beklagen hätten, sagte er. Die Stelle, die übrigens deutlich höher dotiert sei als die jetzige meines Mannes, müsse schnellstens neu besetzt werden. Als ich das gehört hatte, ist mir ganz anders geworden. Hendrick als Abteilungsleiter, das würde unseren Zukunftsplänen schlagartig einen Schub geben. Ich hätte ihn vor Freude umarmen können. Als er gemerkt hatte, wie euphorisch ich plötzlich war, kam er mit seinem wahren Gesicht um die Ecke.“
„Oh Gott, was kommt denn jetzt? Ich befürchte Schlimmes. Hat er wohl gekniffen und seine Ankündigung … oh, Katie, das tut mir so leid. So etwas kann er doch nicht machen!“
„Nein, im Gegenteil.“
„Wie jetzt? Und das heißt was?“
„Er erklärte mir, dass in der Wirtschaft eine Leistung immer eine Gegenleistung zur Folge hätte. Und dabei grinste er so unverschämt, dass mir angst und bange wurde. Und bevor ich verstand, was er meinen könnte, fuhr er fort: ‚Ich weiß, dass Sie Ihren Mann sehr lieben. Ich will auch keinen Keil zwischen Sie und ihn treiben. Aber ich halte Sie für eine sehr modern denkende, eigenständige und willensstarke Frau, die genau weiß, wann sie die moralischen Fesseln ablegen darf und wann nicht.‘ Er machte eine kleine Pause und schaute mich mit lüsternen Augen an. Dann kam es endlich heraus. ‚Ihr Mann wird künftig tagelang zu Kunden unterwegs sein. Das bringt die neue Stellung so mit sich. Sie werden also des Öfteren ebenso lang allein sein, und da dachte ich, wir zwei könnten doch diese Zeit gemeinsam verbringen.‘ Und dann hängte er schnell noch an, dass wir uns doch ein bisschen vergnügen könnten. ‚Ihr Mann erfährt garantiert nichts davon.‘
„Und dann hat er noch seine wulstigen Finger auf meinen nackten Unterarm gelegt. Ich hätte kotzen können. Ja, Mona, jetzt bist du baff, was? Ich hätte nie gedacht, dass der so ein Schwein ist.“
„Achgott, Katie, so sind aber die Männer. Die wissen doch gar nicht, was in einer Frau vor sich geht. Wenn es ums Vögeln geht, verlieren sie jeglichen Anstand. Das weißt du doch nicht erst seit heute. Du hast diesen Wüstling hoffentlich gleich zurechtgewiesen. Kann der nicht in den Puff gehen, wenn er es so nötig hat? Geld dafür hat er ja genug.“„Die Sache hat mich so aufgeregt, dass ich einen Flush ins Gesicht bekommen habe. Ich fühlte mich gänzlich überrumpelt und hätte ihn am liebsten angeschrien. Aber er ist Hendricks Chef, und die Fassung zu verlieren, wäre wohl das Dümmste gewesen, was hätte passieren können. Was soll ich denn jetzt machen?“
„So ein Dreckschwein! Der zerstört eine ganze Familie, ohne mit der Wimper zu zucken. Ein Grobian, ein Assi, der letzte Dreck ist so einer!“ Mona geriet in Rage. „Versuch, darüber hinwegzukommen. Der verdient nichts anderes, als dass man ihn verachtet und vergisst. Sei stark, Liebes!“
Sie umarmten sich, verzichteten auf einen Kaffee nach dem Essen und verließen gemeinsam das Lokal.
„Ich bleibe heute bei meiner Mutter, damit ich auf andere Gedanken komme. Morgen Abend ist ja Hendrick wieder da.“
„Josh ist heute früh nach Prag gefahren. Er bleibt auch nur zwei Tage.“
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Katie besuchte ihre Mutter und blieb über Nacht. Am nächsten Morgen gegen elf Uhr machte sie sich auf den Weg nach Hause. Er führte sie an Monas Haus vorbei, und sie hätte ihr auch einen Besuch abgestattet, fand aber auf die Schnelle keinen Parkplatz. Monas großer BMW parkte so breit in der Auffahrt zu ihrem Haus, dass der Platz nicht für Katies Clio ausreichte.
Ich werde sie gleich anrufen, sagte sie sich auf der Weiterfahrt. Ich muss sie unbedingt um Rat fragen, ob ich Hendrick in die Sache einweihen soll. Vielleicht ist es sogar besser, wenn er nichts davon erfährt. Dann bliebe das Verhältnis zu seinem Chef unbelastet.
Als sie zu Hause war, machte sie sich einen Espresso und setzte sich zum Telefonieren in einen der beiden schweren Ledersessel vor dem Kamin. Sie wählte Monas Nummer und wartete. Es klingelte und klingelte und klingelte.