Geheiligt werde Dein Name
Der Name Gottes, des Vaters, dieses ersten erzeugenden Impulses ist geheiligt, ist – heil -, ist – ganz -, ist eine Einheit.
Die Worte heilig und heil sein haben sprachlich miteinander zu tun und bedeuten letzten Endes das gleiche. Alles was heilig ist, ist vollkommen und ganz, ebenso wie alles, was heil ist, vollkommen und ganz ist. Dies erkennt man auch in der Kindersprache, wenn Kinder fragen: "Hast du es wieder heil gemacht?", und damit ja auch ganz, vollkommen meinen.
Auch die zahlensymbolische Verschlüsselung legt uns die Interpretation zu vollkommen nahe, denn heilig ergibt wieder die 18 und damit als Quersumme die 9, so dass unschwer ein Zusammenhang zur Vollkommenheit Gottes auch auf dieser Ebene zu erkennen ist. Damit ist also der Name Gottes vollkommen, heilig und mit den fünf äußeren Sinnen des Menschen, die nicht vollkommen sind, nicht wahrnehmbar, nicht offenbar. Der Name Gottes ist unaussprechlich und nicht vorstellbar.
So wird bereits in den 10 Geboten gefordert:
"Du sollst den Namen Jahwes, deines Gottes nicht missbrauchen; denn Jahwe lässt den nicht ungestraft, der seinen Namen missbraucht."
Ebenso wird gefordert: "Du sollst dir kein Bild von Deinem Gott machen." Jeder Name aber erzeugt ein Bild; jedes Bild ist nicht die Wirklichkeit und führt nicht zum Heil. Der Name, der zum Heil führt, ist geheiligt und kann somit von den Menschen nicht gedacht werden. Derjenige, der den Namen kennt, ist bereits heil oder, wie die Buddhisten sagen, erleuchtet. In diesem Sinne ist das christliche heil, heilig dem asiatischen erleuchtet in einem tieferen Verständnis gleichzusetzen.
In der Kabbala, dem jüdischen Mysterien Buch, wird berichtet, dass die Hohen Priester der Juden einst den 72-buchstabigen Namen Gottes kannten (Quersumme von 72 = 9). Dieser Name ist im Laufe der Jahre verloren gegangen und ist bis heute unbekannt.
Die Kenntnis des wahren Namen Gottes machte die Juden zum auserwählten Volk und der Verlust derselben führte sie ins Unglück, ins Unheil. So warf diese Unachtsamkeit das jüdische Volk hinab ins Unheil - ins unheilig sein, was dazu führte, dass sie das Licht, das in die Finsternis kam, nicht erkannten (Joh. 1, 4-5).
Da der Name Gottes unaussprechlich und unvorstellbar ist, ist es völlig stimmig, dass in der jüdischen Tradition, der Name Gottes durch das sogenannte Tetragrammaton symbolisiert wurde. Es bestand aus den vier Buchstaben (griechisch: Tetragrammaton) Jod-He-Vau-He. Aus diesen vier hebräischen Buchstaben wurde Jahwe in der Bibelübersetzung. In der Kabbala wird aus diesen vier Buchstaben das Grundmuster der Welt abgeleitet.
Die Bitte geheiligt werde Dein Name zeigt den Urwunsch des Menschen durch den Namen zum ewigen Heil zu gelangen, zurück zur Einheit, zum Paradies, das der Mensch einst aus freien Stücken verlassen hat und zu dem er sich wieder zurücksehnt.
Der Mensch musste aus dem Paradies ausbrechen, damit er sich entwickeln konnte, doch nun ist die Umkehr gefragt, zurück zum Haus des Vaters. Ebenso wie in der Geschichte vom verlorenen Sohn, in der der Sohn auch sein beschützendes Vaterhaus verlässt, um sich zu entwickeln, aber dann aus freiem Willen wieder zurückkehrt. So führt uns also der Name Gottes zum Heil und alles, was heil ist, ist in sich als Einheit geschlossen und von außen nicht begreifbar; der Name ist damit für uns nicht fassbar und nur auf dem Weg zum Heil erahnbar.
Der Name Gottes kann gleichgesetzt werden mit der unvorstellbaren Einheit, die alles enthält und weder gut noch böse ist, sondern auch gut und böse.
Baal Schem Tov, ein jüdischer Mystiker aus dem 18. Jahrhundert, schreibt dazu:
"Die Einwohnende Herrlichkeit umfasst alle Welten, alle Kreaturen, Gute und Böse. Und sie ist die wahre Einheit. Wie kann sie denn die Gegensätze des Guten und des Bösen in sich tragen? Aber in Wahrheit ist da kein Gegensatz, denn das Böse ist der Thronsitz des Guten."