Geheimnis

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Vera-Lena

Mitglied
Geheimnis

Der weiße Mondengel
schwebt über den Tannenspitzen.

Erinnerungen entströmen
seinen Flügeln,

purzeln unsortiert
in das silbern funkelnde Gras.

Alleen und Gassen
waren mir bestimmt

auch Dickicht und Gestrüpp,
Türen und hohe Tore sogar.

In Allem aber war
dein Geleit.

Meine Hand sucht die deine,
jenseitige,

ertastet dich im Mondensilber
in deiner Durchsichtigkeit.

Herzensküsse
tauschen wir jetzt noch,

gleichermaßen unsichtbar,
wie sie fühlbar sind.

Hitze erzeugen sie plötzlich.
Feurig zergeht das Mondlicht.
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Walther,

Deine 9 Punkte freuen mich sehr, denn diesen Text habe ich mir wirklich vom Herzen geschrieben.

Danke! :)

Liebe Grüße
Vera-Lena

PS. Aber auch für die 6 Punkte bin ich dankbar.
 
B

Beba

Gast
Liebe Vera-Lena,

wieder ein schöner Text von dir. Herrliche Bilder, und voller Gefühl! Gefällt mir sehr und die 9 gebe ich hier gern. ;)

LG
Beba
 

Walther

Mitglied
Lb. Vera-Lena,

es ist die Sprache, die diesen Text besonders macht. Da konnte ich nicht widerstehen. ;)

Ich erstaune immer wieder, wie manche Leser bewerten. Aber das muß man, so glaube ich, nicht verstehen wollen...

Und im Zweifel kann man es ja korrigieren!

LG W.
 
A

AchterZwerg

Gast
Hallo Vera-Lena,
ich habe schon einiges von dir gelesen und schätze dich als versierte und interessante Autorin.
In diesem Werk hast du (nach meinem Geschmack), ein wenig zu dick aufgetragen. - Zwar ist mir klar, dass Gottesliebe ein anderes Ausmaß hat als die Liebe zu den Menschen, gleichwohl bin ich mir nicht sicher, ob dafür nicht eher Andeutendes in der Darstellung geeignet wäre.
Wenn du erlaubst, nehme ich einige Verdichtungen vor, die du bei Missfallen ja nicht zu berücksichtigen brauchst.
Der weiße Mondengel
schwebt über den Tannenspitzen.
Erinnerungen entströmen
seinen Flügeln,
purzeln unsortiert
in das silbern funkelnde Gras.

Alleen und Gassen
waren mir bestimmt
auch Dickicht und Gestrüpp,
Türen und hohe Tore sogar.

In Allem aber war
dein Geleit.
Hier erfolgt eine starke Zäsur (ggfs. könntest du sogar so enden)
Meine Hand sucht die deine,
[strike]jenseitige,[/strike]
ertastet dich [strike]im Mondensilber[/strike]
in deiner Durchsichtigkeit.
Das Mondensilber ist in meinen Augen redundant und auch schon stark belegt ...
[strike]Herzensküsse
tauschen wir jetzt noch,
gleichermaßen unsichtbar,
wie sie fühlbar sind.[/strike]
Feurig zergeht das [strike]Mond[/strike]licht.
Also bei den Herzensküssen, liebe Vera-Lena, muss ich komplett passen. Das ist mir einfach zu heftig.
Warum du dein Gedicht in Zweizeiler aufteilst, erschließt sich mir nicht ganz. Als Zeichen der Verbundenheit?
Mein Vorschlag läse sich insgesamt so:
Der weiße Mondengel
schwebt über den Tannenspitzen
Erinnerungen entströmen
seinen Flügeln
purzeln unsortiert
in das silbern funkelnde Gras

Alleen und Gassen
waren mir bestimmt
auch Dickicht und Gestrüpp
Türen und hohe Tore sogar

In Allem aber war
dein Geleit

Meine Hand sucht die deine
ertastet dich
in deiner Durchsichtigkeit

Feurig zerfließt das Licht
Vielleicht kannst du das ein oder andere brauchen? -
In einer anderen Lesart erkenne ich übrigens das Zwiegespräch mit einem jüngst Verstorbenen. Aber auch da gefiele mir ein bisschen Schlichtheit besser.
Nicht verstimmt sein, ;)
der 8.
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber 8. Zwerg,

Dein zweiter Gedanke, was die Interpretation betrifft, ist der von mir beabsichtigte. Das LyrDu ist ein verstorbener Mensch.

Von Gott würde ich nie behaupten, dass Er durchsichtig sei. Solange wir im irdischen Körper sind, können wir Ihn bildhaft überhaupt nicht wahrnehmen. Das kann man schon bei Moses nachlesen, als er die 10 Gebote erhielt.

Auch kann man mit der Gottheit keine "Herzensküsse" austauschen. Ich würde mir bei einer derartigen Behauptung sehr arrogant vorkommen.

Nein, nein, es ist ein Erleben mit einem Verstorbenen. Und hier kann man sich leider nicht mehr auf den Mund küssen, sondern da findet etwas "Geistiges" statt und das Herz ist nun einmal der Ort, in welchem unsere Empfindungen angesiedelt sind und "verwaltet" werden, das heißt, wir küssen natürlich nicht empfindungslos und auch nicht jeden Menschen.

Gerade das "Jenseitige" schien mir ausreichend, um deutlich zu machen, dass sich da, ein dem Lyri vertrauter Mensch im Jenseits befindet.

Deine Version gefällt mir auch sehr gut. Warum aber das Licht "feurig zerfließt" wird hier für mich nicht deutlich.

Vielleicht könntest Du bei Deinen Überlegungen auch den Titel noch mit einbeziehen.

Hier wird von einem "Geheimnis" gesprochen, nämlich davon, dass das Mondlicht ganz plötzlich sich in einem Feuer aufgelöst hat.

In dem Text wird dieses Geheimnis gelüftet.
Im Vordergrund steht allerdings die Verbundenheit der Beiden auch nach dem Tode des Einen.

Die Zweizeiler habe ich gewählt, weil sie den Inhalt leichter erschließen und weil sie den Rhythmus, in dem ich mir diesen Text gerne laut gelesen wünsche, klar verdeutlichen.

Danke für Deine liebevolle Mühe um diesen Text!

Liebe Grüße
Vera-Lena
 
Liebe Vera Lena,
du weißt, dass ich von deinen Gedichten meistens begeistert bin. Auch dieses gefällt mir sehr gut. Es berührt mich stark.
Herzensküsse? Bei einem Toten spricht man von der Seele. Das Herz hat ja aufgehört zu schlagen. Kann man es denn noch erreichen?
Die Form des Gedichtes sagt mir nicht so zu. Es erinnert mich –verzeih mir – an eine listenmäßige Aufstellung. Vor meinem geistigen Auge tauchen 1. 2. 3. usw. auf.
Ich würde die von dem 8. Zwerg vorgeschlagene Form vorziehen.
Es grüßt dich herzlich
Marie-Luise
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Marie-Luise,

das freut mich, dass Dir der Text inhaltlich zusagt. :)

Das "Herz" ist hier nicht als körperliches Organ gemeint, sondern als ein Zentrum, in welchem sich die Gefühswelt befindet. Derartige Zentren befinden sich in der Seele. Unsere Fähigkeit, etwas zu empfinden, nehmen wir ja ins Jenseits mit.

Dass Dir der komprimierte Text, so wie der 8. Zwerg ihn vorschlägt, besser gefällt, kann ich gut verstehen.

Übernehmen kann ich ihn aber nicht, es wäre nicht mehr mein Gedicht.

Es geht ja hier um zwei Dinge. 1. um die Erinnerungen; und da fällt einem nicht alles auf einmal ein, sondern eins nach dem anderen.

Und zweitens geht es in geradezu überwältigender Weise (also so empfinde ich es nun einmal) um die Nähe, die zwischen dem auf der Erde Zurückgebliebenen und dem ins Jenseits Gegangenen immer noch besteht.

Ich habe mir lange überlegt, ob der Mond nicht zu häufig vorkommt, aber dann hatte ich ihn als die verbindende Klammer gesehen, die den Text zusammenhält.

Nun ja, wie soll man ein solches seelisches positives Erschüttertsein formulieren?

Vielleicht fällt mir zu dem Thema ein anderes Mal etwas ein, was Dir auch formal besser zusagt, wer weiß? Ich hoffe es jedenfalls.

Eigentlich kann man ja gar nicht aufhören zu reden von dem, was man liebt oder wen man liebt und so wird das Thema ganz gewiss irgendwann wieder auftauchen.

Danke für Deinen Kommentar! :)
Dir einen schönen, sonnigen Sonntag!

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Oliver,

Deine Begeisterung erfreut mich. :)

Der Hinweis auf Rose Ausländer ist aber dann doch sehr hoch gegriffen..... Trotzdem danke!

Liebe Grüße
Vera-Lena
 
Liebe Vera Lena,
ich kann es verstehen, dass du ein Gedicht, das du mit so viel Gefühl geschrieben hast, so stehen lassen möchtest.
Aus den wunderbaren Noten ist ja auch zu ersehen, dass viele dein Gedicht so akzeptieren wie es ist.
Es grüßt dich herzlich
Marie-Luise
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber 8.Zwerg,

nach allem, was Du mir geschrieben hast, ist Deine Bewertung dieses Textes für mich einleuchtend.

Ich mache das auch immer so: Wenn ich einen Vorschlag unterbreitet habe, warte ich erst einmal ab, wie der Autor reagiert, danach erst überlege ich mir die Bewertung.

Danke für Kommentar und Punktzahl! :)

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Oliver,

seit einigen Monaten steht ein Band in meinem Bücherschrank mit sämtlichen Gedichten von Rose Ausländer. Ich hatte ihn bisher aber kaum aufgeschlagen. Durch Deinen Vergleich habe ich nun aber doch etliche Zeit damit zugebracht.

Sie ist so bedeutend! Sie versteht es so ganz nebenbei Metaphern in ihre Texte einzuweben, Vieles, Vieles kann ich von ihr lernen. Ihre Zeilen sind immer voller Überraschungen.

Beispielsweise, dass "Fische in den Augen von Menschen schwimmen" könnten, darauf wäre ich nie gekommen. Bei ihr klingt das geradezu alltäglich, ist aber trotzdem überraschend.

Danke, dass Du mich auf sie hingewiesen hast.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 



 
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