Geheimnisse eines älteren Herrn

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Selbstverständlich hat auch ein älterer Herr (wie ich) seine kleinen und größeren Geheimnisse.
Nun will ich hier nicht als selbst ernannter Herr auftreten, zumal ich eher Peinliches über mich zu berichten habe. Immerhin kann ich, wie es vornehme Herrenart ist, Geheimnisse ziemlich gut bewahren. Allerdings ist mir mein Gedächtnis dabei mehr als behilflich. Oder besser: die zunehmende Abwesenheit von Erinnerungsfähigkeit unterstützt mich maßgeblich bei meiner Geheministuerei.
Sei das nun aus jenen Altersgründen, die auf Alzheimer schließen lassen, oder weil meine Vergesslichkeit bereits auf demente Erscheinungsformen hinweisen könnte.
Ich weiß es einfach nicht und hoffe, um mich nicht als Außenseiter fühlen zu müssen, dass es anderen Altersgenossinnen und –genossen ähnlich gehen möge. Wünschen möchte es ihnen deswegen aber auch nicht. Schließlich kann das reichlich peinlich werden, denn ich
kann mir weder Pincodes, noch Passworte und Telefonnummern merken.
Kaum habe ich Sie gelesen und mir zu merken versucht, schon sind sie mir selbst wieder ein vollkommenes Geheimnis, das ich nicht mehr zu verraten weiß. Allerdings – und das tröstet mich – gelingen mir immer noch einmal Zufallstreffer. Plötzlich weiß ich ganz spontan mein Passwort für Facebook. Allerdings schon, wenn ich darüber nachdenke, ob es auch wirklich das richtig sein könnte, fallen mir umgehend wieder andere ein, die auch passen könnten.
Das wäre übrigens ganz im eigentlichen Sinn von Geheimnissen, wenn ich nie wieder nach Ihnen gefragt werden würde.
Aber bevor sich in meinem Laptop gewisse Anwendungen öffnen lassen, kommt eben jene stereotype und mir peinliche Anfrage nach dem Passwort.
Zum Glück lässt sich per Mausklick zumeist ein Häkchen an jene Frage anbringen, die vermutlich besonders älteren so genannten Usern helfen soll: Haben Sie Ihr Passwort vergessen?
Verdammt oft muss ich den kleinen Pfeil an jenes Kästchen heranführen und die Maus klicken lassen.
Einst benutzte ich mein Allzweck-Passwort für alle Anwendungen.
Ich weiß, so eines gewährt keine wirkliche Sicherheit, obwohl ich es gelegentlich auch aus bereits genannten Gründen weder er- noch verraten konnte.
Somit werden meine Passwörter ständig durch neue Buchstaben- und Zahlenkombinationen ersetzt, die ich umgehend vergessen würde, wenn ich sie nicht in einer gesonderten Datei notiert hätte.
Und die habe ich natürlich aus Sicherheitsgründen durch ein einfaches Passwort gesichert.
Dieses Passwort schrieb ich mir auf einen Zettel, den ich in meinem Geheimfach im Brillenetui unter dessen Samtfutter aufbewahre.
Nun neige ich leider dazu, mein Brillenetui häufiger irgendwo herumliegen zu lassen, ohne mich daran erinnern zu können, wo ich es zuletzt gesehen habe. Dabei hat das Etui in meiner Wohnung seinen Stammplatz neben dem Telefon.
Doch finde ich es dort aus eben jenen Altersgründen nur äußerst selten vor.
Meine Frau kann sich zum Glück geheime Aufbewahrungsorte gut merken. Schließlich hat sie einst alle Geschenke, die es bei uns zu Ostern, Weihnachten und Geburtstagen gab, stets so versteckt, dass mein Sohn und ich nicht einmal zufällig darauf gestoßen sind.
Doch wenn sie nicht zu Hause ist, muss ich mich auf die häufig sinn-, weil erfolglose Brillenetui-Suche machen.
Also habe ich das Codewort, das meine Datei mit den Passwörtern sichert, auf einen weiteren Zettel notiert und den links oben auf den Bildschirm meines Laptops geklebt.
Auf diese Weise habe ich viele Monate lang alles erreicht, was ich auf meinem Computer und im Internet erreichen wollte.
Doch dann kam der Tag, an dem mein Laptop abstürzte.
Von dem zur Hilfe gerufenen Computerspezialisten musste ich mich vorwurfsvoll fragen lassen: „Guter Mann, wieso haben sie von so einer wichtigen Datei denn keine Sicherheitskopie gemacht?“
Schamerrötend gestand ich: „Hab‘ ich vergessen!“
 
U

USch

Gast
Hallo Karl,
ja, so ist das mit dem Alter, passiert aber auch Jüngeren. Das Leben mit PC ist halt komplexer, aber hält das Gehirn ja auch irgendwie fit.
Ein paar Kleinigkeiten:

Oder besser: die zunehmende Abwesenheit von Erinnerungsfähigkeit unterstützt mich maßgeblich bei meiner [red]Geheministuerei[/red]. [blue]Geheimnistuerei[/blue]!
Wünschen möchte [blue]ich [/blue]es ihnen deswegen aber auch nicht. Schließlich kann das reichlich peinlich werden, denn ich [blue]Absatz entfernen![/blue]
kann mir weder Pincodes, noch Passworte ...
wenn ich darüber nachdenke, ob es auch wirklich das [blue]R[/blue]ichtig[blue]e[/blue] sein könnte,
 
Selbstverständlich hat auch ein älterer Herr (wie ich) seine kleinen und größeren Geheimnisse.
Nun will ich hier nicht als selbst ernannter Herr auftreten, zumal ich eher Peinliches über mich zu berichten habe. Immerhin kann ich, wie es vornehme Herrenart ist, Geheimnisse ziemlich gut bewahren. Allerdings ist mir mein Gedächtnis dabei mehr als behilflich. Oder besser: die zunehmende Abwesenheit von Erinnerungsfähigkeit unterstützt mich maßgeblich bei meiner Geheimnistuerei.
Sei das nun aus jenen Altersgründen, die auf Alzheimer schließen lassen, oder weil meine Vergesslichkeit bereits auf demente Erscheinungsformen hinweisen könnte.
Ich weiß es einfach nicht und hoffe, um mich nicht als Außenseiter fühlen zu müssen, dass es anderen Altersgenossinnen und –genossen ähnlich gehen möge. Wünschen möchte es ihnen deswegen aber auch nicht. Schließlich kann das reichlich peinlich werden, denn ich
kann mir weder Pincodes, noch Passworte und Telefonnummern merken.
Kaum habe ich Sie gelesen und mir zu merken versucht, schon sind sie mir selbst wieder ein vollkommenes Geheimnis, das ich nicht mehr zu verraten weiß. Allerdings – und das tröstet mich – gelingen mir immer noch einmal Zufallstreffer. Plötzlich weiß ich ganz spontan mein Passwort für Facebook. Allerdings schon, wenn ich darüber nachdenke, ob es auch wirklich das richtige sein könnte, fallen mir umgehend wieder andere ein, die auch passen könnten.
Das wäre übrigens ganz im eigentlichen Sinn von Geheimnissen, wenn ich nie wieder nach Ihnen gefragt werden würde.
Aber bevor sich in meinem Laptop gewisse Anwendungen öffnen lassen, kommt eben jene stereotype und mir peinliche Anfrage nach dem Passwort.
Zum Glück lässt sich per Mausklick zumeist ein Häkchen an jene Frage anbringen, die vermutlich besonders älteren so genannten Usern helfen soll: Haben Sie Ihr Passwort vergessen?
Verdammt oft muss ich den kleinen Pfeil an jenes Kästchen heranführen und die Maus klicken lassen.
Einst benutzte ich mein Allzweck-Passwort für alle Anwendungen.
Ich weiß, so eines gewährt keine wirkliche Sicherheit, obwohl ich es gelegentlich auch aus bereits genannten Gründen weder er- noch verraten konnte.
Somit werden meine Passwörter ständig durch neue Buchstaben- und Zahlenkombinationen ersetzt, die ich umgehend vergessen würde, wenn ich sie nicht in einer gesonderten Datei notiert hätte.
Und die habe ich natürlich aus Sicherheitsgründen durch ein einfaches Passwort gesichert.
Dieses Passwort schrieb ich mir auf einen Zettel, den ich in meinem Geheimfach im Brillenetui unter dessen Samtfutter aufbewahre.
Nun neige ich leider dazu, mein Brillenetui häufiger irgendwo herumliegen zu lassen, ohne mich daran erinnern zu können, wo ich es zuletzt gesehen habe. Dabei hat das Etui in meiner Wohnung seinen Stammplatz neben dem Telefon.
Doch finde ich es dort aus eben jenen Altersgründen nur äußerst selten vor.
Meine Frau kann sich zum Glück geheime Aufbewahrungsorte gut merken. Schließlich hat sie einst alle Geschenke, die es bei uns zu Ostern, Weihnachten und Geburtstagen gab, stets so versteckt, dass mein Sohn und ich nicht einmal zufällig darauf gestoßen sind.
Doch wenn sie nicht zu Hause ist, muss ich mich auf die häufig sinn-, weil erfolglose Brillenetui-Suche machen.
Also habe ich das Codewort, das meine Datei mit den Passwörtern sichert, auf einen weiteren Zettel notiert und den links oben auf den Bildschirm meines Laptops geklebt.
Auf diese Weise habe ich viele Monate lang alles erreicht, was ich auf meinem Computer und im Internet erreichen wollte.
Doch dann kam der Tag, an dem mein Laptop abstürzte.
Von dem zur Hilfe gerufenen Computerspezialisten musste ich mich vorwurfsvoll fragen lassen: „Guter Mann, wieso haben sie von so einer wichtigen Datei denn keine Sicherheitskopie gemacht?“
Schamerrötend gestand ich: „Hab‘ ich vergessen!“
 
K

KaGeb

Gast
... Eine Sicherheitskopie macht vermutlich auch keinen Sinn, weil man dann das Medium mit dieser sicher auch nicht wiederfinden würde :)

Kopf hoch, Karl, bei diesen Problemen werden wir alle im Alter eine Familie.
Gern gelesen und geschmunzelt. Der beste Humor steckt eben doch im Leben selbst.

Liebe Grüße
 

Ironbiber

Foren-Redakteur
Kopf hoch ...

Ich habe Deinen Text mit mitfühlendem Kopfnicken gelesen. Bin zwar zehn Jahre jünger als Du, beginne aber langsam auch Passwörter, Kontonummern und Bankleitzahlen extern auf kleine Zettelchen zu kritzeln und in altersbedingten Accessoires des täglichen Lebens zu verstecken.

Ein Tipp für böse Jungs: Wollt ihr Senioren beklauen, schaut euch deren Brillenetuis genau an!

Vergesslichkeit hat aber auch seine guten Seiten. Früher konnte ich mich wochen- und monatelang über peinliche, von mir selbst verschuldete Situationen aufregen. Heute muss ich erst angestrengt nachdenken, wenn ich gefragt werde, was ich gestern so alles gemacht habe, oder gar wie das Wetter war.

Ich kann noch mühelos sämtliche Texte aus dem Lateinunterricht, die ich als Strafarbeit auswendig lernen musste, rezitieren, bin aber nicht immer in der Lage den Namen eines Telefonanrufers nach zehn Minuten aus dem Gedächtnis einem Kollegen weiterzugeben.

Also nimm’s leicht und denk daran: Wissen ist Macht. Nichts mehr wissen, macht aber auch nichts.

In diesem Sinne … Iron … jetzt habe ich meinen Namen vergessen.
 



 
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