"Geist"

Raimund

Mitglied
"Geist"

Manchmal kommt es mir so vor, ein Geist zu sein. Nein, nein, kein Gespenst oder irgendetwas Kitschiges, sondern ein Geist. Ein Sichtbarer.
Die Menschen fürchten sich nicht vor mir, sie sehen durch mich hindurch und sprechen und reden, ohne mir viel Aufmerksamkeit zu schenken. Es kommt auch vor, dass sich jemand mit mir unterhält und ich lasse seine Worte und Ansichten in mir versickern, wie es bei einer Küchenspüle ist, die Wasser hindurchrinnen lässt. Es blubbert und fließt vor sich und dann ist kein Wasser mehr an der Oberfläche zu erkennen.

Vielleicht ist es gut, ein Geist zu sein. Mich berühren und bewegen die Dinge des Alltages anders, als sie die anderen vereinnahmen. Sie liegen und stehen im Raum, offensichtlich und klar zu fühlen, aber ich schwebe durch sie hindurch, durch die Themen, die Dinge, die Menschen und das, was sie ausmacht.

Vielleicht bin ich kein Geist, sondern ein weißer Adler, der verlernt hat zu fliegen, oder ein Schneemann, der in der Hitze des Tages verrinnt. Sich verliert, die Form ändert und nicht zu greifen ist.

Ich bin das weiße Leintuch, der sichtbar unsichtbare, der durch die Zeiten verweht.

Und ich weiß, das klingt alles für dich viel zu pathetisch und kitschig, in kindlicher Form dargebracht und unvollendet, aber wie kann ich etwas daran ändern, während das Sein wie die leise Flamme einer Kerze erlischt?
Danach wird etwas von mir bleiben, es ist nun das danach, aus der Sicht des Vergangen, lebe und lausche ich in die Zeit hinein und du hast den Raum verlassen, den Ort, der auch davor ungeteilt geblieben ist.
 



 
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