Geisterwald Brocéliande

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petrasmiles

Mitglied
Lieber Hans,

schön, Dich mal von Deiner poetischen Seite zu lesen.
Ich finde die Atmosphäre fein herausgearbeitet - aber Horus und Schamanen stören mich ein wenig, weil sie bei mir andere Assoziationen heraufbeschwören. Natürlich kann man alle möglichen Mythen miteinander kombinieren, warum nicht, aber bei mir kämpft die Kühle des Waldes mit der Hitze Ägyptens.

LG Petra
 
aber bei mir kämpft die Kühle des Waldes mit der Hitze Ägyptens.
Großartige heldenreise: unheimlich, stark, viele beeindruckende Bilder und Symbole!

Vielen Dank fürs Reinlesen und Kommentare.


Als ich mit meiner alten K 100 vor vielen Jahren in der Bretagne unterwegs war, landete ich auf den Spuren von Miraculix in dem Örtchen Paimont. Außer der alten Kirche gab's nicht viel zu sehen, wenn da nicht das office de tourisme gewesen wäre und Marie-Laure, die dort auch den Verkauf von Andenken inne hatte. Ich kaufte zwei Anhänger einer keltischen Fruchtbarkeitsgöttin und sie erzählte mir, dass es sie von Bouzonville nach Rennes verschlagen hätte, wo ihr Exmann ein Tatoostudio hatte. Nach der Scheidung nahm sie die Stelle in Paimont an, weil sie zweisprachig war. Mit ihrem Lothringer Akzent erzählte sie auch von ihren Führungen durch den Fôret der Bréceliande mit geheimnisvollen Seen und Kultstätten. Sie wohnte in einem Nachbargebäude der Notre Dame de Paimont und hatte neben Rouge und fromage ein kleines Museum mit Gegenständen aus aller Welt, die sie von ihren Reisen mitgebracht hatte. Prunkstück waren zwei riesige mongolische Trommeln. Marie-laure stellte sich in die Mitte des Zimmers und
ließ langsam ihr Leinenkleid fallen. Sie war am ganzen Körper tätowiert und ich ging langsam um sie herum und bewunderte das Gesamtkunstwerk. Ich bestand darauf zunächst die zwei Trommeln auszuprobieren. Die Töne waren so tief, dass die Fensterscheiben vibrierten. Nach etlichen Triolen legte sich Marie-Laure über den Tisch und ich trommelte auf ihr weiter. Die dicken Klöppel, die sie mit weichem Keder umwickelt hatte, tanzten nun über Drachenschuppen und Wölfe. Es schien ihr zu gefallen und ich konnte ihr summende Geräusche wie von einer Stimmgabel entlocken.
Es wurde eine längere Session und selbst spät in der Nacht sagte sie noch, "et le dessert?"


So oder so ähnlich könnte es gewesen sein, als sich der heiße Wüstensand und der kühle Wald der Bretagne begnet sind.
Beislgrüße
 

Klaus K.

Mitglied
Hans,

deine Erläuterung oben macht die Sache dann richtig "rund"! Wenn man in der Bretagne irgendwo mitten im Wald plötzlich auf einen riesigen Menhir trifft, dann braucht man nur noch Alan Stivell dazu ..."Tri Martolod", zum Einstieg genügt auch seine Version von "King of the Fairies". Muss man live gesehen und gehört haben, ob mit einer K100 oder einem VW-Käfer angereist, das keltische Suchtpotential wirkt wie ein Magnet. Und "Cherchez la femme", denn meistens steckt bei allen positiven Empfindungen ja immer eine Frau dahinter ...
Mit Gruß, Klaus
 
denn meistens steckt bei allen positiven Empfindungen ja immer eine Frau dahinter ...
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Hallo Klaus,
Wem sagst du das, auch ich habe diese Erfahrung gemacht.
Alan Stivell kannte ich gar nicht, hab mir vorhin zwei Videos angeschaut.

Ich lebe ja neben dem Weltkulturerbe Reinheim (keltische römische Ausgrabungen) und war früher öfters auf saarländischen Keltenfesten, auch mit Musik (Gruppe - An Ermenig). Das ist eine ganz eigene Community.

Was mir in der Bretagne aufgefallen ist, ist die Freude am gemeinsamen Singen, auch auf der Insel ist das so. Das ist in Deutschland leider völlig zum Erliegen gekommen. Schade.
Danke für Kommentar und Gedanken.
Beislgrüße
 

sufnus

Mitglied
Hi Hans!
Deine Tatooiade ist ein wirklich verzauberndes lyirsches Ereignis, ganz offensichtlich hat es sich genaus so zugetragen. Dem Prosatext glaub ich hingegen kein Wort. :cool: Will eigentlich heißen: Der ist ebenfalls großartig!
Zwei Kunststücke zum Preis von einem. O leck! C'est putain de génial, mec ! :)

Ich hab trotzdem noch ein ganz kleines bisschen dran rumgeschraubt - das hat meine Begeisterung getan:


Geisterwald Brocéliande

als dein letztes Hemd gefallen
und du warst nur Leinwand - Haut
wo die Tiere aufeinanderprallen
geheimnisvolle Zauberbraut

lang besah ich deine Bilder
sprang tief durch deinen Stacheldraht
ein blutiges Gelage - immer wilder
durch Runen - Schwerter - Kriegersaat

rings um deine Waden rankten Lilien
auf deinem Rücken kämpften Drachen
mit Horus’ Augen - lebende Fossilien
sah Wölfe - aufgeriss'ne Rachen

hast mich fest umschlungen - Kreuz des Ankh
mit deinen grünen Schuppenbahnen
als ich nass in Shangri-La versank
im Zauber düsterer Schamanen


LG!

S.
 
. O leck! C'est putain de génial, mec ! :)
oh leck und mec :) toller Reim

Hallo Suf,
Vielen Dank für deine Textvariationen. Ich werde es mir überlegen Gebrauch davon zu machen.
Freut mich sehr, dass dir mein schnell skizziertes Erklärungsstück gut gefallen hat. DieTatooszene ist auch eine eigene Community, die vielfach mit mystischer Symbolik arbeitet. Einerseits fühlt man sich zu dem Unfassbaren, Überirdischen hingezogen, andererseits gibt man seine Haut oder seinen Körper her, um sich figurativ ausleben. Dieser Zwiespalt scheint zu funktionieren, denn die Tatoos wachsen Jahr für Jahr und für manche ist es eine regelrechte Manie sich ständig zu "verschönern" oder zu transformieren. Dazu kommen noch stimulierende Piercings auf der Zunge oder anderen sensiblen Körperteilen. Kurzum der Körper beginnt ein regelrechtes Eigenleben zu entwickeln, quasi ein wandelndes Gilgamesch Symposium.
Ich selber bin nicht "gestochen" aber ich unterhalte mich gerne über die individuelle Bedeutung mit den Menschen und ihren Kunstwerken.

Eigentlich hat das Werk noch zwei Strophen mehr. Ich reiche es hier als "Silberweg-Dessert" noch nach.
Beislgrüße


ich zählte langsam deine Ringe
und schraubte auf den Labia Steg
als ob es um Verbotnes ginge
dann endlich - frei der Silberweg

wo waren wir - als Schmerz gleich Lust?
losgetreten im Dämonenbrande
gesäugt von Lupas Mutterbrust
im Geisterwald von Broceliande.
 
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