Gelbert kommt

molly

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Gelbert Pfeffermännchen kommt

Roto und Azuro Pfeffermännchen wohnten nun schon eine Weile zusammen. Tagsüber arbeiteten sie bei Bauer Merten. Roto fütterte die Schweine, brachte Hund Bello das Fressen und streichelte ihn. Er kümmerte sich um die Blumen und schaute nach den Kühen. Azuro streute für die Enten und Hühner Körner aus, sammelte die Eier ein und streichelte die Katze. Anschließend fegte er den Hof. Abends saßen sie in ihrem Häuschen, erzählten sich Geschichten oder spielten „Mensch ärgere dich nicht“.
An einem Frühlingsabend würfelten sie wieder einmal eifrig. Gerade, als Roto eine „6“ hatte, pochte jemand an die Haustür. Azuro flüsterte: „Vielleicht ist das ein Räuber!“ Roto schlich zur Tür und schaute durchs Schlüsselloch. Auf der Treppe stand ein Männchen in einem gelben Regenmantel. Rote öffnete die Tür. Der Zwerg im gelben Regenmantel schob Roto zur Seite und spazierte herein. Grollend sagte er: „Na, endlich, ich dachte schon, ihr wollt mich nicht herein lassen.“ Roto fragte: „Wie heißt du denn?“ Gelbert zog seinen Regenmantel aus, ließ ihn auf den Boden fallen und sagte: „Natürlich Gelbert Pfeffermännchen, siehst du das nicht?“ Er winkte Azuro kurz zu, setzte sich in den Schaukelstuhl und legte die Füße auf den Tisch. „ Beine vom Tisch“, befahl Roto. Gelbert gehorchte, sprang wieder auf und fragte: „Gibt es nichts zu essen hier?“ Roto drückte Gelbert in den Schaukelstuhl zurück und Azuro stellte ihm eine Tasse heiße Milch auf den runden Tisch.
Gelbert schlürfte geräuschvoll seine Milch und erzählte danach seine Geschichte.

Gelbert Pfeffermännchen besaß ein kleines Holzhaus. Es stand hinter einem Bauernhof unter dem alten Nussbaum. Alles war dort alt, sogar die Bäuerin und der Bauer. Eines Tages starb der Bauer. Die Bäuerin verließ das alte Haus und ging zu ihrer Tochter in die Stadt. Eine neue Familie zog ein. Der Hausherr war kein Bauer, er hieß Herr Fink und hatte einen langen, spitzen Bart. Gelbert nannte ihn „Spitzfink“, aber nur, wenn Herr Fink nicht dabei war.
Bald verkaufte Herr Fink alle Tiere. Danach besuchte er Gelbert in seinem Häuschen. Er befahl ihm, sobald wie möglich zu verschwinden. Aber Gelbert wehrte sich und sagte: „Du kannst mich nicht aus meinem Haus jagen!“ Der Mann erwidert mit lauter Stimme: „Doch, ich habe das Haus gekauft, alles gehört jetzt mir. Und du ziehst aus!“ Traurig packte Gelbert seinen Schaukelstuhl auf den Holzleiterwagen. Er legte den gelben Trinkbecher und ein Bündel Wäsche dazu. Dann nahm er Abschied von seinem kleinen Holzhaus. Ein letztes Mal ging er durch sein Stübchen. Er löschte das Feuer im Herd, goss alle Pflanzen und verriegelte Fenster und Türen. Nun wollte er mit dem Leiterwagen losziehen, doch der war verschwunden. Gelbert ging zu Herrn Fink und klagte ihm sein Leid. Er aber warf ihm den gelben Becher und das Wäschebündel vor die Füße und sagte: „Das kannst du mitnehmen, Leiterwagen und Schaukelstuhl gehören mir. Und jetzt zieh endlich los! Verschwinde!“
Gelbert setzte sich an den Wegrand und überlegte, wo er wohnen sollte. Nun fing es auch noch an zu regnen, und Gelbert zog seinen gelben Regenmantel an. Dabei fiel ihm ein, dass irgendwo noch andere Pfeffermännchen lebten, die lieber rote oder blaue Sachen trugen. Gelbert Pfeffermännchen wanderte viele Tage durch Städte und Dörfer. Er schlief in Scheunen und weinte jede Nacht um sein verlorenes Häuschen und den Schaukelstuhl.
Roto und Azuro hatten aufmerksam zugehört. Roto sagte: „Du musst nicht mehr weinen. Heb deine Regenjacke auf und bleibe bei uns!“ Azuro meinte: „Leg deine Füße nicht mehr auf unseren Tisch! Morgen früh werde ich Tee kochen und Roto wird Brot abschneiden. Du, Gelbert, deckst für uns den Tisch." "Muss das sein?" fragte Gelbert brummend.
"Ja, jeder hilft hier mit", antwortete Roto. "Und wir besorgen dir morgen noch einen Stuhl und ein Bett", versprach Azuro.
Damit war Gelbert Pfeffermännchen sehr, sehr einverstanden.
"Ich bin so müde", sagte er, drehte den Kopf zu Seite und schlief ein.
Roto flüsterte: " Was meinst du, Azuro, kann er heute Nacht im Schaukelstuhl schlafen?"
"Bestimmt," antwortete Azuro leise. Sie breiteten eine Decke über ihn und als sie die Zähne geputzt hatten, stiegen sie auf Zehenspitzen hinauf ins Schlafzimmer.
(c)M.R
Nicht frei für R.
 



 
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