Gerade nochmal gutgegangen (Limerick)

4,00 Stern(e) 1 Stimme

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo, Ludwig,
willkommen in der Leselupe. Hartnäckigkeit zahlt sich manchmal aus.

Der Limerick hat eine schöne Pointe. Ich habe zwar immer Probleme bei Gedichten, in denen Klo vorkommt, aber das ist eher persönlich.
Ich denke, er reiht sich in die "Me-Too"-Diskussion auf seltsame Weise ein.

In der Praxis kommt es aber auch vor, dass Personen vergessen werden ...
Also nicht realitätsfremd.

Sie hat aber auch ganz schöne Ausdauer ...
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Hallo Ludwig W,

gefällt mir grundsätzlich, allerdings hätte ich ein paar kleinere Änderungsvorschläge:

Nach Knigge spricht ein Mann niemals von seiner Gattin, das bleibt dritten Personen überlassen.
Das Autobahnklo finde ich nicht ganz passend, wie wär's mit Raststättenklo?
Die letzte Zeile ergibt zeitlich keinen Sinn. Wann hat sie dort noch immer gesessen?

Mein Verbesserungsvorschlag sähe so aus:

Ich fuhr gestern Abend nach Hessen
und hab meine Frau dort vergessen
im Raststättenklo.
Mein Gott, war ich froh:
Sie hat dort heut früh noch gesessen.


Gruß, Ciconia
 

Ludwig W

Mitglied
Hallo Ciconia,

herzlichen Dank. Deine Verbesserungsvorschläge sind in allen Punkten zutreffend.
Insofern würde ich den Limerick gern nach Deinen Vorschlägen abändern, allerdings ist mir nicht klar, wie das funktioniert.
Ist das überhaupt noch möglich?

Herzliche Grüße
Rudolf
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Hallo Ludwig/Rudolf,

freut mich, dass Dir mein Änderungsvorschlag zusagt.

Leider kann man in der Neuen Leselupe den Ursprungstext nicht mehr abändern (siehe hierzu auch die Diskussionen im Forum Lupanum). Du kannst ihn nur noch einmal in geänderter Form wie einen Kommentar einstellen.

Gruß, Ciconia
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich hatte den fehlenden Kontext vollkommen ohne nachzudenken ergänzt:

Ich fuhr zurück - und sie saß noch da.

(Rein intuitiv ohne es zu bemerken.)
 

Ludwig W

Mitglied
Lieber Bernd,,

genau so, wie Du das intuitiv verstanden hast, war es ursprünglich auch gemeint, nämlich dass die Fahrt "gestern Abend nach Hessen" der Suche nach der Ehefrau diente.

Aber Ciconia hat recht, das war missverständlich. Man konnte das durchaus auch so interpretieren, dass mir auf dieser Fahrt die Frau abhandengekommen ist.

Muss nochmal drüber nachdenken, ob man auch meine ursprünglich beabsichtigte Variante geschmeidig und vom Sinn her richtig zu Papier bringen kann.

Danke für Deine Rückmeldung.

Viele Grüße
Rudolf
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich hatte es so aufgefasst: Ehefrau in Essen vergessen, zu Hause bemerkt (die Fahrt war lang, das Vergessen war ja gestern), zurückgefahren, Frau war noch da. Also im Prinzip wie Ciconia, nur mit anderem Schluss (Für mich war klar: es hat lange gedauert ...)
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Hallo Ludwig/Rudolf,

ich gestehe, so hatte ich es nicht gelesen, vielleicht, weil die Zeit dann nicht stimmt.

Wenn er gestern fuhr (Präteritum), war das Vergessen im Plusquamperfekt, also er hatte sie vergessen, nicht wahr?

Gruß, Ciconia
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich denke, "hab" ist hier korrekt, aus zwei Gründen: es reicht bis in die Gegenwart und lag nach der Fahrt nach Hessen. "Hatte drückt Vorzeitigkeit aus, er hätte erst die Frau vergessen müssen und dann nach Hessen fahren. Im südlichen Sprachgebrauch wird dagegen gar kein großer Unterschied gemacht zwischen Perfekt und Präteritum. Da gibt es oft Streit zwischen Nord und Süd über richtig oder falsch..
 

James Blond

Mitglied
Und ich denke,

dass du dich da täuscht, Bernd und würde Ciconia zustimmen: Das Vergessen der Gattin liegt nach meinem ersten spontanen Verständnis am weitesten zurück, es fand zeitlich noch vor der Rückfahrt des LyrIchs nach Hessen statt, die ja selbst bereits im Präteritum beschrieben wird: "Ich fuhr gestern Abend nach Hessen". Mit der Rückfahrt ist das Vergessen bereits beendet.

Demnach bleibt - sowohl in Nord- als auch in Süddeutschland - nur der Rückgriff auf das Plusquamperfekt (als "Vorvergangenheit") zur Kennzeichnung einer der Vergangenheit vorausgegangenen bereits abgeschlossenen Handlung:

"Ich fuhr gestern Abend nach Hessen,
[denn] ich hatte dort meine Gattin vergessen "


Leider passt dies metrisch nicht. Ciconia löst das Problem, indem sie die Fahrt nach Hessen zeitlich vor das Vergessen legt:

"Ich fuhr gestern Abend nach Hessen
und hab meine Frau dort vergessen"


Allerdings wäre dann die Fahrt nach Hessen gemeinsam mit der Gattin erfolgt, was im Text so nicht ersichtlich wird. Außerdem verliert der Limerick durch die geänderte Chronologie einiges an Spannung, wie ich finde.

Also kommt hier noch ein Vorschlag:

Es trieb mich des Nachts noch nach Hessen:
Ich hatte die Frau dort vergessen
im Autobahnklo.
Mein Gott, war ich froh:
Sie hat dort noch immer gesessen.


Grüße
JB

P.S. "Autobahnklo" klingt um einiges übler als "Raststättenklo" - ich würde dabei bleiben.
 

Ludwig W

Mitglied
Vielleicht geht's so?

Ich fuhr gestern Abend nach Hessen,
hatt' dort meine Gattin vergessen
im Autobahnklo.
Mein Gott, war ich froh:
Sie ist dort noch immer gesessen.


Die "Gattin" müsste aus metrischen Gründen verbleiben.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
"Ich fuhr gestern Abend nach Hessen
und hab meine Frau dort vergessen"


Allerdings wäre dann die Fahrt nach Hessen gemeinsam mit der Gattin erfolgt, was im Text so nicht ersichtlich wird. Außerdem verliert der Limerick durch die geänderte Chronologie einiges an Spannung, wie ich finde.
Ich sehe es so (und habe es so gelesen):


und hab meine Frau dort vergessen
im Raststättenklo.
Mein Gott, war ich froh:
Sie hat dort heut früh noch gesessen.


1. Ich fuhr gestern Abend nach Hessen - Fahrt zusammen mit Frau nach Hessen. (dass die Frau dort war wäre auch möglich aber unwahrscheinlich.)
2. anschließend: und hab meine Frau dort vergessen (Ich fuhr zurück und vergaß sie dort.
3. im Raststättenklo. Ort, wo sie sich befand, als ich sie vergaß.

4. (ich fuhr zurück nach Hessen, wird nicht extra erwähnt - es ist selbstverständlich.) Mein Gott, war ich froh:
5. Sie hat dort heut früh noch gesessen. (sie hat wirklich seeehr lange dort gesessen. Das ist die Pointe.)

Anders verstehe ich es nicht.

"Ich fuhr gestern Abend nach Hessen
und hatt' meine Frau dort vergessen"

Das "und" würde hier nicht passen. Es müsste etwas in der Art da stehen: denn ich hatt meine Frau dort vergessen". Dann wäre es vor der Fahrt. Aber dann ist er, ohne dass es gesagt wird, vorher mit ihr ebenfalls hingefahren. Es wird eher unverständlich, was wann passiert und wie lange es dauerte, ehe er zurückfuhr.
 

James Blond

Mitglied
Lieber Bernd,
ich stimmte dir bereits darin zu: Das "und" legt eine zeitliche Abfolge nahe, wie du sie verstanden hast. Allerdings sollte es dann zum besseren Verständnis statt "ich fuhr" auch "wir fuhren " heißen, wie du es selbst (unter 1.) auch ausführst: "Fahrt zusammen mit Frau nach Hessen. (dass die Frau dort war wäre auch möglich aber unwahrscheinlich. "

Aus diesem Grund hatte ich geschrieben:"Allerdings wäre dann die Fahrt nach Hessen gemeinsam mit der Gattin erfolgt, was im Text so nicht ersichtlich wird," weil nur von "ich" die Rede ist. Das legt eben die Vermutung nahe, dass der Fahrer sich im 1. Vers sich bereits wieder auf dem Weg befindet, um die vergessene Gattin aufzulesen und dann wird das Plusquamperfekt erforderlich.

Wie dem auch sei, nun steht ja folgender Vorschlag des Autors zur Disposition:

Ich fuhr gestern Abend nach Hessen,
hatt' dort meine Gattin vergessen
im Autobahnklo.
Mein Gott, war ich froh:
Sie ist dort noch immer gesessen.


Daran gefällt mir das "hatt' dort" nicht, weil ich Elisionen in Limericks für ziemlich unelegant halte, weiterhin gefällt mir die süddeutsch klingende Variante "sie ist dort gesessen" nicht besonders, die vermutlich gewählt wurde, damit "hatt' " und "hat" beim Vortrag nicht verwechselt werden und außerdem missfällt mir das zweifache "dort".
Ein guter Limerick sollte, wie ich meine, nicht viel erklären, im Gegenteil: Je mehr sich unerwähnt aus dem Zusammenhang erschließen lässt, um so besser!
Daher würde ich auch das von dir ins Spiel gebrachte "denn" verwerfen, auch wenn es sinngemäß richtig ist.

Grüße
JB
 

Ludwig W

Mitglied
Diese fünf Zeilen sind fürwahr eine schwere Geburt.

Nächster Versuch:

Ich fuhr heute nochmals nach Hessen,
hab gestern die Gattin vergessen
im Autobahnklo.
Mein Gott, war ich froh:
Sie hat dort noch immer gesessen.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Daran gefällt mir das "hatt' dort" nicht,
Mir auch nicht.

"Fahren" hat zwei Bedeutungen:
1. (z.B.) zu zweit irgendwohin fahren
2. ein Auto steuern

Ich hatte es in der zweiten Bedeutung verstanden. Die erste war im Kontext.
Die zweite (die der Fahrer verwendete, meiner Meinung nach) zeigt, dass er ziemlich egoistisch ist und seine Frau von Anfang an missachtete.
Ich sehe aber, dass die meisten in der Diskussion die erste verstehen, und in dieser ist es tatsächlich grammatisch nicht sauber.
 



 
Oben Unten