Gesang der Oliven im Pizzaofen

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Cornelius

Mitglied
An den Hängen der Abruzzen
hingen ohne großen Nutzen,
freilich auch zu niemands Schaden -
dies bedenke Euer Gnaden -
wir vereint an unserm Baum,
ahnten Böses nicht im Traum,
bis man uns zu Leibe rückte
und uns von den Zweigen pflückte.

Eine unbekannte Hand
riss uns aus dem Heimatland,
hat uns erst die Haut entfernt
und gefühllos dann entkernt.
Eine flache Rührteigscheibe
ist nun unsre letzte Bleibe,
wo wir zwischen Formfleischschinken
im Tomatenmark versinken.

Um uns her brennt schon die Luft
in der heißen Ofengruft.
Bald, durch eines Gastes Mund,
gleiten wir in seinen Schlund,
müssen eine nach der andern
durch die Speiseröhre wandern,
lassen uns in seinem Magen
wehrlos dann zu Grabe tragen.

Solltest dieser Gast du sein,
horche in dein Herz hinein,
ob du uns dies antun willst,
wenn du deinen Hunger stillst.
Wie du dich nun auch entscheidest,
ob du's tun willst oder meidest -
wir am Ende hier vom Lied
wünschen guten Appetit!
 
Hey Cornelius,

schönes Handwerk! Olivenbäume sind ja wirklich interessant. Gibt es nicht in Italien einen Olivenbaum, der 1500 Jahre alt ist und noch Oliven produziert?
Da wird die Olive aufm Teig schnell zum goldenen Flies.

lg Michael
 

mondnein

Mitglied
bis man uns zu Leibe rückte
und uns von den Zweigen pflückte.
ich glaube gehört zu haben, daß sie nicht gepflückt werden, sondern auf Netze am Boden hinabgeschüttelt, so wie Äpfel

hat uns erst die Haut entfernt
und gefühllos dann entkernt.
und werden sie nicht erst eine gute Zeit lang gewässert bzw. fermentiert?
lassen uns in seinem Magen
wehrlos dann zu Grabe tragen.
nun ja, wenn der Löwe Lamm frißt, wird Lamm zu Löwe; so werden Oliven zu Mensch, könnte man sagen.
 

Cornelius

Mitglied
Hallo Michael,

Danke fürs Lob des "Handwerks". Du meinst vermutlich den Olivenbaum in der Toskana, von dem es in einer Erzählung aus dem 18. Jahrhundert ("L'Olivo dei trenta zoccoli" - "Der Olivenbaum der dreißig Holzschuhe" von Georg Christoph Martini) heißt, dass einmal 15 Bauern auf ihn hinaufstiegen, um seine Früchte zu ernten, nachdem sie aus ihren Holzschuhen geschlüpft waren, sodass dreißig Pantinen um den Baum herumstanden. Er dürfte, laut Angaben in der Literatur, 700 bis 1500 Jahre alt sein. Auf Kreta steht einer, dessen Alter gar auf bis zu 3500, mindestens aber 2500 Jahre geschätzt wird. Ob so hochbetagte Exemplare noch genießbare Früchte tragen, ist mir allerdings nicht bekannt...

Hallo mondnein,

es gibt verschiedene Arten, Oliven zu ernten. Zum Beispiel die von dir erwähnte: Sie von den Bäumen zu schütteln, zum Beispiel mittels Rüttelmaschinen, aber auch traditionell mit Hilfe von Knüppeln, wie es in Griechenland noch praktiziert wird. Tafeloliven, die zum Beispiel auf der Pizza Quattro Stagioni landen sollen, werden oft von Hand gepflückt. Auch die Weiterverarbeitung geschieht auf ganz unterschiedliche Weise, was natürlich auch davon abhängt, wie die Früchte verwendet werden sollen: Auspressen (um an das Öl zu gelangen), fermentieren, oder eben auch entkernen.

Danke fürs genaue Lesen!

Grüße
Cornelius
 

Mimi

Mitglied
Hallo Cornelius,
eine witzige Idee, Dein Gedicht ...
Nur, ein "Rührteig", ist ein Pizzateig nun wirklich nicht. Dieser besteht ganz klassisch aus einem Hefeteig.

Okay, im Gedicht passt "Hefeteig" silbenmäßig nicht ganz. Wie wäre es mit:
"Eine flache Teiglingscheibe" ?

Gruß
Mimi
 



 
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