Geschnitten

Geschnitten

Gesten sprechen
wir kennen das Entsetzen
eine Scheibe schwarzes Brot
in aller Früh
fahrig im Dabei, wobei,
kleinbei
angeschnitten bleibt der Laib
in einem Fach aus Holz
und das Messer stumpf
vom feuchten Teig
verdeckt das Blümchenmuster
einer Schürze
so erklärt man sich den Tag
ein dies und das
mach’s gut, bis dann

bis dann
der Rücken an der Tür
erzittert
wie der Kunststoffgriff
vibriert
in satten Leib gestoßen
festgenagelt
da hat er das wackere Schwert
in wackelnder Scheide
sein feuchter Schlitz
oh, hat es ihn geschnitten
das dumme Brot

Schnitte durch das Herz der Last
eine Scheibe für den Morgen
eine für das Fest danach
wir kennen das Entsetzen
wenn sich die Ruhe
zu uns setzt
und nur das Tropfen
durch die Augen tastet

Hallo Ralf,

liest sich für mich wie ein verdichteter Strindberg (Szenen einer Ehe), großArtig umgesetzt! Hierzu passend der doppeldeutige Titel: Da hast du dich geschnitten! Du hast mich geschnitten? Jetzt schneide ich dich! Etc.

Geschnitten

Gesten sprechen
wir kennen das Entsetzen
eine Scheibe schwarzes Brot
in aller Früh
fahrig im Dabei, wobei,
kleinbei

Zum Vergrößern anklicken....

Hier schilderst du perfekt die Sprachlosigkeit der Morgens, das Entsetzen, die grauenvolle Langeweile, den Überdruss. Superb: dabei, wobei, kleinbei

angeschnitten bleibt der Laib
in einem Fach aus Holz
und das Messer stumpf
vom feuchten Teig
verdeckt das Blümchenmuster
einer Schürze
so erklärt man sich den Tag
ein dies und das
mach’s gut, bis dann

Zum Vergrößern anklicken....

Das Eigentliche wird verschwiegen, jedes Thema nur kurz angeschnitten, verdeckt von einer blumentünchende Kittelschürze der Gewohnheit. Wobei die Schürze ein Synonym für den empfundenen Ekel zu sein scheint. Was ich gut nachvollziehen kann.

bis dann
der Rücken an der Tür
erzittert
wie der Kunststoffgriff
vibriert
in satten Leib gestoßen
festgenagelt
da hat er das wackere Schwert
in wackelnder Scheide
sein feuchter Schlitz
oh, hat es ihn geschnitten
das dumme Brot

Zum Vergrößern anklicken....

Es folgt eine gewalttätige Fantasie, der Wunsch, dies alles radikal zu Ende zu bringen, das Geschwätz für immer zu eliminieren.

Schnitte durch das Herz der Last
eine Scheibe für den Morgen
eine für das Fest danach
wir kennen das Entsetzen
wenn sich die Ruhe
zu uns setzt
und nur das Tropfen
durch die Augen tastet

Zum Vergrößern anklicken....

Doch eben nur ein Wunschtraum.
LyrI bleibt gefangen.

Beeindruckte Grüße
Heidrun

hallo lapis,

ich freue mich das heidrun schon " alles gesagt".

beeindruckendes stück, schnittig sozusagen
und auch manchmal stumpf, wie klingen nun mal sind...

lg
ralf

Hallo lapismont,
einfach nur großartig. Die Stimmung eingefangen und zum Nachklingen gebracht.
Große Lyrik, mein Lieber
Gruß
Karl

menno,

absolute spitzenklasse! wer soll das denn toppen?
lg

mal wieder ein echter lapismont, der aus einer simplen wortvorgabe tiefsinnige lyrik zaubert!

liebe grüße suzah

Hallo liebe Freunde des gehobenen Brotmessers,

vielen Dank für eure Meinungen und die Interpretation.

Und liebes Flämmchen, ich hatte doch versprochen, dass es blutig wird. Die Idee stammt allerdings noch aus der Zeit, als ich am Bulettengedicht feilte. Seitdem geisterte die Szene zwar in meinem Kopf herum, fand aber nicht die nötigen Wörter.

Also großen Dank an Doska, die indirekt den Anstoß oder Einstich dieses Textes lieferte.


cu
lap

Hallo lap!

Du weißt ja, dass ich ein Verfechter der Verdichtung bin und deshalb immer wieder mal Probleme mit deinen Gedichten hatte.

Aber hier ist kein Wort zuviel, ein grandioser dramaturgischer Aufbau, einfach ganz großes Kino.

Das Gedicht hat bestimmt verflucht viel Arbeit gekostet, aber wie bei jedem guten Gedicht, merkt man ihm den Schweiß nicht an.

Ob das Gedicht allerdings nicht zu toppen ist, wie Kollege flammarion meint? Ich denke, mit dieser Aussage bist du selbst nicht ganz einverstanden, denn sonst könntest du ja mit dem Schreiben aufhören.

Also auf ein Neues!

Liebe Grüße
Manfred

Moin Franke,

das Flämmchen meint weitere Texte zum Thema "festgenagelt". Aber die Gute stellt ihr Licht immer unter den Scheffel.
Insofern toppen wir uns immer gegenseitig und wenn es mal nix zu toppen gibt, gibts noch Topplappen.


Ja, Du hast Recht, der Text verzichtet weitgehend auf Verschlüsselung bzw. hab ich sie wieder aufgelöst.

cu
lap

Verletzt

Wohl kaum....
Ein Schnitt
Der nicht


Ist