Gesetz über die Zeitschleifen (ZeSchG)

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Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Gesetz über die Zeitschleifen (ZeSchG)

§ 1 Anlagenhaftung bei temporalen Einwirkungen:

Wird durch eine Zeitverschiebung, die von einer im Anhang 1* genannten Zeitmaschine ausgeht, jemand sein eigener Großvater, seine eigene Großmutter, sein eigener Enkel oder sein eigener Urenkel (sowohl in weiblicher, männlicher, als auch in sächlicher Form), so ist der Inhaber der Zeitmaschine verpflichtet, dem Geschädigten bzw. dessen Rechtsnach- oder -vorfolgern bzw. Rechtsnach- oder -vorfolgerinnen und den anderen Betroffenen den daraus entstehenden oder entstandenen Schaden im Zeitablauf zu ersetzen.

§ 2 Haftung für nicht betriebene Zeitmaschinen

(1) Geht die Haftung von einer noch nicht fertiggestellten Anlage aus und beruht sie auf Umständen, die die Fertigstellung der Anlage durch Zeitschleifenbildung (Tempozirrhose) unmöglich machen, so haftet der Inhaber der noch nicht fertiggestellten Anlage, sofern er nicht glaubwürdig nachweisen kann, sein eigener Großvater oder seine eigene Großmutter zu sein. In diesem Falle geht die Haftung auf den Großvater bzw. an die Großmutter über.

(2) Im Falle der Jungfernzeugung durch Knospung tritt Haftungsausschluß ein.

§ 3 Begriffsbestimmungen

(1) Ein Großvater, eine Großmutter, ein Enkel oder ein Urenkel ist dann ein Geschädigter, wenn die Einwirkungen, denen er sich auf Grund zeitlicher Verschiebungen ausgesetzt sieht, seine Toleranz überschreitet. Er wird dann zum Auszeitler.

(2) Männlich, weiblich oder sächlich sind Daseinsformen, die sich (fast) während der gesamten Daseinsform des Individuums gegenseitig ausschließen.

(3) Zeitschleifen sind chronologische Zyklen, die dem sich in dieser befindenden Beobachter verborgen bleiben, nicht aber dem sich in der Zeitmaschine befindenden Zeitreisenden.

(4) Zeitmaschinen sind ortsfeste oder bewegliche Anlagen. Sie produzieren oder vernichten Zeit - oder überspringen sie. Ihre Zahl ist konstant (Zeitmaschinenerhaltungssatz).

§ 4 Ausschluß der Haftung:

Ein Anspruch auf Schadensersatz besteht nicht in der Gegenwart.

§ 5 Ursachenvermutung

(1) Ist ein Schaden kausal nicht zu begründen, so wird vermutet, daß er durch eine Zeitmaschine, eine Zeitreise oder den Zeitreisenden selbst verursacht wurde. Die Eignung der Zeitmaschine, der Zeitreise oder des Zeitreisenden für den Schadenseintritt ist im Einzelfall entsprechend den Umständen, dem Betriebsablauf und den meteorologischen und temporalistischen Gegebenheiten zu überprüfen.

(2) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn die Zeitmaschinen bestimmungsgemäß betrieben wurden.

(3) Der Zeitpunkt zum Geltendmachen des Schadensersatzanspruches darf nicht nach dem Schadenseintritt liegen (Anspruchsvorrang).

§ 6 Auskunftsanspruch:

Jeder Zeitreisende hat Anspruch auf Auskunft über die genaue Uhrzeit, nicht jedoch über das Datum.

§ 7 Inkrafttreten:

Das Gesetz tritt mit Kenntnisnahme durch einen Leser in Kraft.

Kommentar

Bei der Betrachtung des Gesetzes über die Zeitschleifen fällt auf, daß auch dieses Gesetz die juristischen Probleme der Zeitreisenden nicht zu lösen vermag.**

Auch heute noch fehlt ein Zeitmaschinengesetzbuch, welches endlich als einfach zu handhabendes Gesetz den Reisenden Sicherheit und Schutz ihres Eigentums in Vergangenheit und Gegenwart bietet. Doch geschah es bisher immer, daß sämtliche Vorlagen zum Zeitmaschinengesetzbuch in Unterausschüsse verschwanden, kurz darauf verschwanden diese Unterausschüsse selbst. Mutmaßungen und Gerüchte besagen, die Ausschüsse seien Opfer eigener Zeitschleifen geworden und befänden sich jetzt in ihrer Eigenzeit, in der sie eingeschlossen blieben, ohne daß der Tod sie je erlösen könnte. Denn die Eigenzeit existiere nur für die in ihr Gefangenen, und die Gefangenen existieren nirgendwo anders mehr, sie seien vollständiger gefangen als die Sandwürmer im Zoologischen Garten von Tempora 2. Aus der Eigenzeit gibt es kein Entrinnen. So bietet das hier vorliegende, im Wortlaut erstmals veröffentlichte Gesetz über die Zeitschleifen (ZeSchG) die Rechtsgrundlage für beginnende, aber niemals endende Prozesse. Jeder, der sich für seinen eigenen geeigneten Partner hält, kann einen solchen Prozeß führen, mit monoton wachsender Aussicht auf Erfolg, wobei auch hier der Lehrsatz gilt: zwei Juristen - drei Meinungen.

Die Meinungsvielfalt unter den Juristen wird noch durch die Tatsache erhöht, daß die Verhandlungen selbst in das Durcheinander der Zeitschleifen geraten sind und somit dem Gültigkeitsparadoxon (GRÖBEL, 20x98) unterliegen. Dieses sagt bekanntlich aus, daß kein Angeklagter nach einem Gesetz verurteilt werden kann, welches zum Zeitpunkt der Tat noch nicht gültig, d. h. in Kraft getreten war.***

Da wir es beim Gesetz über die Zeitschleifen aber mit einem zivilen Gesetz zu tun haben, sind die strengen Verfahrensregeln nicht wie im Strafrecht zwingend, somit können zur Rechtsfindung auch Analogien herangezogen werden, was den GRÖBELschen Grundsatz in der Praxis aushöhlt. Das führt in der Folge zu immer längeren Prozessen und zur ständigen Erhöhung des Gehaltes von Richtern und Staatsanwälten.

Bezeichnendes Beispiel ist der Zeitfahrrad-Fall. Das Zeitfahrrad ist in der Wirkung durchaus analog zur Zeitmaschine, da es aber im Gegensatz zu dieser durch Muskelkraft angetrieben wird, ist es im Sinne des Zeitschleifengesetzes keine Anlage und sowohl Kläger als auch Verklagter gingen im Zeitfahrrad-Fall leer aus, weil der Prozeß entsprechend der üblichen Rechtsprechung vor dem Obersten Kosmischen Quattrobunal nach vollständiger Verarmung von Kläger und Verklagtem abgebrochen wurde und die Vollständigkeit der benötigten Unterlagen nicht mehr erreicht werden konnte.

Um dennoch zu einem Ergebnis zu kommen und gleichzeitig ihre Daseinsberechtigung nachzuweisen, bauen die angestellten Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte des Zweiten Senats des Temporalen Gerichtshofes in Ottosruhe, wo solche Fälle gewöhnlich zuerst behandelt werden, regelmäßig Zeitfallen auf. Sie verbergen sich in Zeiten, in denen die Rechtsgrundlagen der Gegenwart - der Anspruch eines jeden auf sein Recht - noch nicht galten, in Zeiten weit vor der Antike, etwa als Höhlenbären verkleidet. In dieser Gestalt warten sie auf Zeitreisende, die vor den Gerichtsprozessen flüchten, und lauern ihnen auf.

Das ist kein einfacher und gemütlicher Job, denn die Zeitreisenden haben sich mit Pfeil und Bogen oder mit Speeren gerüstet, sie graben Fallgruben oder jagen die Höhlenbären mit lautem Geschrei und Gerassel zu Abgründen, wo die Bören, vom Fall aus großer Höhe zerschmettert, liegen bleiben.

Wenn sich dieses Unglück herumgesprochen hat in den Universitäten kosmischen Rechts und an den galaktischen Gerichtshöfen, wird sich bald kein Anwalt oder Richter mehr bereitfinden, in die Vergangenheit zu fahren, zu fliegen, zu segeln, zu tauchen, es sei denn, um seinen eigenen Abenteuerdrang zu befriedigen und die Zukunft in krimineller Weise, aber doch wohlverborgen, zu verändern. MERXIGNON bemerkt in seiner »Zoologie der bewohnbaren Erde« auf Seite 231 ff., daß es auf der Erde überhaupt keine echten Höhlenbären gegeben habe, diese also auch nicht aussterben konnten, wie in früheren Lehrbriefen von den Historikern behauptet worden war.

Rekursive Anwendung fand der Satz vom Höhlenbären erst zweihundert Jahre später, als KLEINER MÜLLER nachwies, daß Höhlenbären sich kaum von anderen Tieren unterscheiden, was erklärlich sei, da die Juristen sich weiterverkleideten, bis sie endlich die gesamte Tierwelt darstellten, sie wollten hierdurch der Vernichtung entgehen. Im Prinzip war die Erde unbewohnt und unbewohnbar und ist es noch immer. Erst Zeitreisende und Juristen haben sie bevölkert. Man kann diese Fakten ignorieren oder ablehnen, aus der Welt schaffen kann man sie jedoch nicht.
 
M

MaConrath

Gast
Zeitschleifen

Hey Bernd,

definitv witzig!

Allerdings muss ich mich jetzt auf die Achse gemacht gehabt geworden gewesen gewaren, sonst werde ich verhaftet geworden gewesen gewürden, weil ich gegen einige der Artikel verstoßen gehätte gehabt hatte.

Bis gestern

Martin
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Wie???

Hallo, Zero,

wie hast Du das gemacht? Welche Zeitmaschine hat Dir geholfen? Erst ist die Kritik da, dann mein Artikel: absolut genial.


MaConrath, danke für die Ausführungen in Temporal-Grammatik.

Viele Grüße von Bernd
 



 
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