Gestirn

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lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Gestirn

Soldat
im Dreimeersand
mit Knöpfen im Ohr
und Musik
in der Waffenhand,
steht Wache hier,
läuft für den Frieden,
die Welt
und die Schweine.

Herzensschläge meißeln Kanten
in den grünen Stahl der Landschaft,
schärfen Schatten, splittern Hügel,
ein Strich kein Strich friert zu Wald.


Der Muni-Bunker
im Sternenlicht
Pralinen,
denkt er,
und wäre da
nicht dieser
motzende Berg
aus klebriger Linde
er zöge durch
die Nacht
die Letzte
das letzte volle
Magazin
die letzten klaren Sterne
im Frost

Und durchschlägt den schwarzen Himmel
aus den Einschusslöchern blitzen Lichter
Leuchtspuren in roher Masse,
brennen Leben aus der Erde, Totenland.


Er singt
Mädchen aus Ostberlin
in den schweigenden Block
und die grauen Stacheln des Zauns
rascheln von NATO-Hosen
geht auf und ab
mit dem Gewehr
und der Gewissheit
auf alles zu schießen,
Mädchen aus Ostberlin,
Alles,
was ihm dazwischen kommt
im Dazwischensein
irgendwo in der Welt
ohne Schwere

Sekundenkettenglieder
schieben sich die Dämmerung hinauf,
stocken, brechen aus und walzen
einen Plattenweg ins Gitterbett.


Wenn der Tag
aufgeht,
fallen die Schatten
und die längste Nacht
führt zur Umkehr, Wendekehre;
Mädchen aus Ostberlin,
singt er,
und überstrahlt
am Wintermorgen
das blasse Leuchten im Osten,
ihr Gesicht auf der Stirn.
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo lap!

In der Vergangenheit konnte ich mich ja mit einigen deiner Gedichte nicht anfreunden, aber ich muss sagen, dieses Mal hast du mich überzeugt.
Dieser Alltag eines NATO-Soldaten, der oft aus Warten, Gedanken und sicher auch Langeweile besteht, ist hier sehr treffend beschrieben. Dass hier dann auch einmal der Wunsch aufkeimt lozuschießen, ist ganz normal.
Das ist sprachlich sehr anspruchsvoll geschrieben, ich muss nur an einer Stelle meckern, drum gibts auch nicht die volle Punktzahl:

Das passt sprachlich überhaupt nicht zum Rest und springt einem regelrecht ins Auge. Warum schreibst du nicht einfach "Bunker"? Das würde m.E. vollkommen genügen.

In diesem Gedicht steckt verflucht viel Arbeit, hoffentlich wird es auch entsprechend gewürdigt.

Liebe Grüße
Manfred
 
D

DerKleinePrinz

Gast
Guten Tag lapismont,

ich kann mich dem Kommentar von Franke bedenkenlos anschließen. Starke Wortwahl (bis auf Muni - Bunker) und die Stimmung wurde prima eingefangen. Meinen persönlichen Geschmack hätte es sogar noch mehr getroffen, hättest du die kursiven Textstellen mit Reimen versehen, aber das ist nun wirklich deine Sache.

Wirklich ein guter Text!

Liebe Grüße
Der Kleine Prinz*
 
P

Papyrus

Gast
mich hat der text auch überzeugt

aber das ist glaube ich nicht der typische alltag eines soldaten, sondern der der lapismonts inspiration entspringt. trotzdem hat franke recht

soldaten trinken doch viel und sind laut klischee nicht gerade romantiker. aber klischees sind nur klischees.

"mädchen aus ostberlin" *sing*
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hey, was habt ihr gegen den Muni-Bunker?
:)

Aber stimmt schon, das ist ein zu weiches Wort, zwar exakt die Slangbezeichnung, aber auch irgendwie verharmlosend.

Nur Bunker entfernt etwas, das ich schon dabei haben will. Munition zu bewachen und zu vermuten, jemand könne kommen, sie zu erobern, ist etwas anderes, als nur einen leeren Betonklotz beim Verrotten zu zu sehen.

Da war ich schon am Grübeln. Granaten-Bunker, Geschoss-Bunker ...
Irgendwie fehlt mir da noch eine harte Lösung.

Auf jeden Fall danke für euer Feedback und Papy, dieser Soldat ist ein Poet.
:)
 

neo

Mitglied
Hi,
Ich war länger nicht mehr hier und werde gleich mit so einem Gedicht begrüßt.^^ Gefällt mir wirklich sehr gut. Wie der kleine Prinz sagte, du hast die Stimmung hervorragend eingefangen.
Doch die kursiven Textstellen gefallen mir ungereimt, entgegen seiner Meinung, besser. Naja , ist Geschmackssache, meinen Geschmack hast du jedenfalls getroffen.
Gruß neo
 
S

suzah

Gast
hallo lapismont,
deine verse erschließen sich mir oft nicht sofort und ich muss sie mehrmals lesen.
wieder sehr gelungen, besonders gefällt mir der letzte vers.
liebe grüße suzah
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo suzah,

das Gestirn als Zusammensetzung des letzten Verses und als Sinnbild der Sonne, waren mir hier sehr wichtig. Das Wenige, das einem in der Armee hilft, Mensch zu bleiben, wie verkrüppelt auch immer, hat unbedingt etwas mir der zu tun, die man seine Sonne nennt.

cu
lap
 
H

Herr Bernhard

Gast
Ein Gedicht über einen Soldaten, der Wache schiebt. Wer es erlebt hat, der findet es albern, wer es nicht kennt, vermutet ein Geheimnis darin. Die Wortkonstruktionen wirken so, als hätte man auf Dauerfeuer gestellt, aber muss trotzdem nach jedem Schuss laden. Allein durch unvollständige Beschreibung erzwingt man keine Lyrik. Es wird der Versuch unternommen, ein Schicksal zu zeichnen, was angesichts der wenigen Zeilen sich beschweren könnte, wenn es denn je gelebt hätte. Ein typisches Beispiel für den Versuch, Kunst mit aller Gewalt zu fabrizieren, obwohl nicht einmal Spuren eines speziellen Handwerkes erkennbar sind. in diesem Sinn allerdings ein gutes Beispiel, was von einem reichen Leben übrig bleibt, wenn es in die Hände eines Soldaten kommt.
- Scherben -
 
H

Herr Bernhard

Gast
Gestirn von Ralf Steinberg
Die Unterteilung in „Konstruktive Vorschläge oder eine tiefere Analyse“ und „Spontane Leseeindrücke oder freie Textassoziationen“ finde ich gut, auch mir ging es so, dass ich im ersten Ansatz keine Lust hatte, eine tiefe Analyse zu erstellen, sondern nur meine spontanen Leseeindrücke wiedergeben wollte. Jetzt, wo ich einige Zeit mit diesem Versuch eines Gedichtes schwanger gegangen bin, fühle ich mich in der Lage, den nächsten Schritt zu vollziehen. Schlecht finde ich, dass man nur zwischen diesen zwei Möglichkeiten auswählen kann. Den Machern dieses Forums war offensichtlich ein rigider Formalismus wichtiger als künstlerische Freiheit. Besser wäre gewesen, es dem Autor zu überlassen, wie er seinen Kommentar charakterisieren möchte, sind doch alle Autoren angetreten, um ihre künstlerischen Fähigkeiten zu dokumentieren und nicht um KFZ-Mechanikern einen Platz für durchnummerierte Bauteile zu geben. Es könnte auch sein, die verantwortlichen rechnen in diesem Forum nicht mit selbstständig denkenden und fantasierenden Menschen, sondern mit Befehlsempfängern, die es sich abgewöhnt haben, kreativ zu sein. Aber das ist ein anderes Thema. Kommen wir zu den „Fantasien eines ehemaligen Soldaten“.
Der Titel „Gestirn“ ist ein Symbol, was nicht neu ist in der Literatur und verbreitet in der Umgangssprache. Der Leser kann im weitesten Sinn etwas „himmlisches“ erwarten. Schauen wir, ob das zutrifft.
Beschrieben wird ein Soldat, der Wache schiebt, dabei verbotenerweise Musik hört und unkonkret über die Welt nachdenkt. Für einen jungen Soldaten typisch, für einen Schriftsteller ein unverständlicher Verzicht auf eine Möglichkeit, Dinge des Alltags genauer zu betrachten. Stattdessen werden Bilder konstruiert, die alles und nichts aussagen, typisch eigentlich nur für junge Menschen, die weder etwas erlebt haben noch darüber nachgedacht haben, was man bei einem vierzigjährigen Autor eigentlich nicht erwartet. Unklar ist auch, von welcher Seite der Grenze die Rede ist.
„Ein Strich kein Strich“ spricht für die NVA,“ NATO-Hosen“ für die andere Seite.
Viele unnötige Adjektive lassen den ohnehin blassen Text in seiner Aussage noch weiter schwächeln.
Geradezu grotesk lesen sich die kursiv geschriebenen Zeilen. Sie wirken, als wollte ein armloser Mensch mit der Schulter eine filigrane Schrift in den Sand malen. Man könnte fast meinen, der Soldat hat die ganze Zeit geschlafen und deshalb die vielen interessanten Details in seinem Alltag nicht gesehen und kann sie deshalb nicht einfließen lassen und bedient sich ersatzweise mit abgenutzten Worthülsen.
Schade, das Thema ist unerschöpflich, die Details unendlich, die gesellschaftliches Bedeutung gewaltig, warum begnügt sich der Autor mit mageren Allgemeinplätzen? Spiegelt das seine Stellung zur Problematik wieder? Nach dem Motto „Ich bin gegen Krieg und deshalb spreche ich nicht darüber!“
Wollte er etwas anderes sagen und benutzt das Thema nur als Aufhänger, dann ist das legitim. Mir erschließt sich dann nur nicht die andere Aussage. Der Autor hat viele Texte veröffentlicht. Ich werde schauen, ob die anderen eine andere Sprache sprechen.
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Herr Bernhard,

danke für Deine Interpretation.

Das Thema Ausblendungen kannst Du gern im FL, per Mail oder PM diskutieren mit mir, es gehört nicht in die Werkeforen.

Desweiteren könntest Du Dir überlegen, ob der Ton Deiner Kritik den Autor, in diesem Fall mich, motiviert, ihr einen Vorschlag zur Textverbesserung zu entnehmen.

In diesem konkreten Fall werde ich Deine Kritik einfach zur Kenntnis nehmen. Der Text gefällt Dir nicht, das ist völlig in Ordnung.

cu
lap
 
H

Herr Bernhard

Gast
Guten Abend, Herr Autor,
mein Text war nur ein Test, dessen Auswertung mich nur kurze Zeit beschäftigt hat.
Du scheinst elementare Probleme damit zu haben, ob ein Text dort steht, wo Du ihn gerne sehen würdest, obwohl es nicht Dein Text ist. Du scheinst andere Autoren zwar nicht verhindern zu können, aber wenn es schon andere gibt, dann bitte schön nach Deiner Schablone und wenn es nur die Ablage ist. Wenn es einen Seismographen für die Störung des Weltfriedens (den Du in Deinem Gedicht so zart beschrieben hast) geben würde, was meinst Du, wie stark ist der Ausschlag durch das Attentat, dass der erste Teil meines Textes nicht da steht, wo Du ihn gerne hättest? Würde eine Patrone Kaliber 7,62 zur Abwehr meines Anschlages ausreichen oder muss es ein ganzes Magazin sein, nicht das letzte, denn das wird in Deinem Gedicht benötigt. Wäre sehr peinlich, wenn Dein Protagonist einen gezielten Kopfschuss zwischen die Augen des dummen ostdeutschen Mädchens planen würde und Du hättest vorher an mich die Ressourcen verschwendet! Auch dieser Ton wird Dir nicht gefallen, hoffe ich, denn dann spürst Du die Gefühle wie ich sie hatte, als Deine dumme Aktion mein Gespräch mit Karl gestört hat. Übrigens die wichtigste Aufgabe von Texten, Gefühle zu vermitteln!
Wieso bist Du der Meinung, dass ich die Absicht habe, Dir eine Möglichkeit zu unterbreiten, Deinen Text zu verbessern? Wieso bist Du der Meinung, dass es möglich ist, Dir Vorschläge zu unterbreiten, die geeignet wären, Deinen Text zu verbessern? Vielleicht ist er perfekt und kann nicht verbessert werden und ich wollte Dich nur reizen? Was ist aber, wenn eine Verbesserung möglich ist, ich aber der Meinung bin, dass jeder Autor in der Lage sein muss, seinen Text selber zu verbessern und dass es unmöglich ist, dass ein Autor dem anderen helfen kann? Was ist, wenn ich von den Möglichkeiten nur zwei angedeutet habe?
Wie kommst Du auf die Idee, dass mir Dein Text nicht gefällt? Dein Text interessiert mich nicht. Von der Sorte kann ich mir jeden Tag einen schreiben, Ansammlungen von Buchstaben. Du gefällst mir nicht, Du als Autor, mehr kenne ich nicht von Dir. Ich hoffe, Du bist als Programmiere und als kompletter Mensch anders! Für mich sind Texte nur Mittel zum Zweck, Menschen kennen zu lernen und einzuordnen. Der Rand Deiner Schublade ist abgegriffen, das sollte Dich beruhigen und Platz ist in ihr auch noch. Als ich sie gebaut habe, nahm ich die größten Bretter, mir war klar, dass eine andere Sorte nur ein kleines Fach benötigen würde, aber die Gefahr bestand bei Dir nie!
So, jetzt stimmt die Welt für Dich wieder, das Formatieren wirst Du ja beherrschen!
 



 
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