Gewitterwolken

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mondnein

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Gewitterwolken


Manchmal erscheinen Menschen mir als Landschaft
Von Bergen Bäumen unter blauem Himmel
Ein dunkleres Gewölke das Gewimmel
Im grauen Vlies ist meine Wahlverwandtschaft

Ein Zucken wenn dein Lächeln darin zündet
Ein Blitz erfrischt die schattenbraune Erde
Der Zauberstab der Hirtin dieser Herde
Ergrünt – der Zweig um den mein Lied sich windet

Und rührt auch an die flechtenbunten Steine
Verschämtes Wetterleuchten – Aphrodite
Das Licht das flüchtig deine Haut durchblühte
Der goldne Saitenklang du Sternenfeine

Dem doch der Donner folgt: Dich so zu kennen
Darf ich nicht frech behaupten oder meinen
Als was die Menschen manchmal mir erscheinen
So drohn die Götter – darf ich sie nicht nennen
 

molly

Mitglied
Hallo Hansz,

Dieses Lied gefällt mir sehr und an Gewitterwolken kann ich mich auch gut erinnern.

Liebe Grüße
molly
 

sufnus

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Wow!
Ich hab das Gedicht einmal gelesen und war danach gleich leicht angesäuselt.
Ohne Zweifel ... wer diese ganz wunderbaren Zeilen dreimal hintereinander liest, hat schwer einen in der Krone und sitzt nur noch mit breitem Lächeln im Sessel. Aufgabe: Schreibe tausend mal (und hundert mal öfter): Ganz wunderbar!
Und falls Ihr Euch wundert, was dieses Gegröle im Hintergrund bedeutet: Das bin ich nach viermaligem Lesen mit verwaschener Aussprache "Äääämpfffeeehlung" johlend.
LG!
S.
 

mondnein

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Danke, Molly, und danke, Sufnus!

Ich vermute, es ist wieder mal ein Liebeslied an eine Angebetete, die es sich verbeten hat, mit Aphrodite verglichen zu werden. Oder wahrscheinlicher: Das Lyri schämt sich wieder einmal dafür, einer Geliebten, die ihn nicht so besonders mag, ein "selbst-verräterisches" Gedicht zu schicken, und sein Scheitern nimmt er schon innerhalb seines Werbe- Liedes vorweg, baut es als Resignationsstrophe zum Schluß ein.

Wie gut, daß wir alt und ironisch genug sind, solche närrischen Narben-Zeugnisse im Abyssus eines in den Internetweiten verlorenen Forums zu verstecken, wo die Schöne (die inzwischen selbst im Vergessen der Weltenweiten verloren gegangen ist) wohl kaum verbeischaut, und wenn doch, dann sich nicht an solche sentimentalen Poesiealbumstücke erinnert, und wenn doch, weil jeder Verliebte so was produziert, den spätpubertierenden "Poeten" nicht persönlich identifiziert.

Drei Kreuze dahinter.

grusz, hansz
 

Agnete

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ein schönes Gedicht, mondnein. Schön eingerahmt in Anfangs-und Endvers umarmenden Reim , der immer gesetzter wirkt, und mittig Kreuzreim.
Ich würde es gar nicht unbedingt als Liebeslied alleine sehen, sondern die eine steht antithetisch zu den anderen, die nicht so beliebt sind beim LI. Das scheint mir eher die tragende Aussage zu sein, gestützt durch die Metaphern.
Gefällt mir gut, da auch ich meine Favoriten habe im Leben ;)
Was mich stört, ist die fehlende Zeichensetzung, die man bei Prosa schon mal durchgehen lassen kann als "Beschleunigungsstilmittel", aber bei solch klassischen Gedichten eher nicht. Auch die Großschreibung am Anfang finde ich unglücklich.

Zeile 1von Vers 1 hüpft aus der ansonsten 5 hebigen jambischen Metrik
scheinen anstatt erscheinen würde das bereinigen.:), müsste man aber auch das von z 2 ändern
Gerne gelesen mit lG von Agnete
 

Scal

Mitglied

Das Licht das flüchtig deine Haut durchblühte
Der goldne Saitenklang du Sternenfeine

Dem doch der Donner folgt: Dich so zu kennen
Darf ich nicht frech behaupten oder meinen
Als was die Menschen manchmal mir erscheinen

So drohn die Götter – darf ich sie nicht nennen

Besonders hervorhebenswert, der Laute (z.B. ...Sternenfeine / dem doch der Donner folgt .... (Atemdoppelpunkt)
und des Inhalts wegen.
 
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mondnein

Mitglied
Zeile 1von Vers 1 hüpft aus der ansonsten 5 hebigen jambischen Metrik
scheinen anstatt erscheinen würde das bereinigen.:), müsste man aber auch das von z 2 ändern
Danke, Agnete,

stimmt, der erste Vers beginnt nicht iambisch; er ist der prosaisch daherkommende Gedanke, der erst in der Folge ins iambische Schwingen eingestimmt wird. So, wie bei gedruckten Texten der erste Vers eines Absatzes leicht eingerückt wird. Mache ich gerne so.

Kommata und Punkte vermeide ich, so wie man im einer Gesangsmelodie die Gliederung bloß akustisch, durch Rhythmus und Intervallspannungsbögen, bestimmt, nicht durch Optik.
Versanfänge groß ist klassisch. Das ist noch die alte Fassung; im 11. Hundertliederbuch "aleph null lailah wa lailah" http://12koerbe.de/hansz/1100lieb.htm#gewitterwolken wo die "namenlosen lieder" im Rahmen der Siebenstern-Sammlung spät-nachträglich hineingenommen worden sind, schreibe ich alles klein, also auch die Versanfänge. Hier also noch die alte Fassung aus den Achtziger Jahren.

grusz, hansz
 
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mondnein

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ja, eine kleine Reflexions-Pause. Ein rückwärts weisender Doppelpunkt statt des wie üblich vorausweisenden Doppelpunkts, eine Vorwegnahme des "so", das auf den "Saitenklang" zurückverweist.
Ich hatte Hesiods Geburt der Aphrodite in der Theogonia http://12koerbe.de/pan/hesiod.htm#schaum im Sinn, wo die Liebliche wie ein Lyra-Saiten-Arpeggio erscheint, aus Blut und Sperma nach der brutalen Kastration des Ouranos. Nur habe ich die Reihenfolge gewissermaßen gespiegelt, umgekehrt, zumal ja der Donner auf den Blitz folgt.

grusz, hansz
 
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