Glühwürmchen

Bo-ehd

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Glühwürmchen



„Kommen Sie mit!“, sagte Thomas Wiegand. Sein Gesichtsausdruck verriet eine Spannung, die bei ihm nur selten festzustellen war, denn Wiegand galt als sicherer, über allen Dingen stehender Firmeninhaber, der alles, aber auch wirklich alles im Griff hatte. „Kommen Sie mit in mein Büro, Robert, Sie als Vertriebschef sind mein engster Vertrauter. Ich muss mit Ihnen etwas besprechen, das wir so in unserer Firmengeschichte seit 130 Jahren noch nicht hatten“, verkündete er in altväterlicher Art. Er wirkte dabei ungewohnt erregt.

Neugierig folgte ich ihm und freute mich, dass er mich zum vertrauenswürdigen Empfänger seiner brisanten Neuigkeiten auserkoren hatte.

„Ich habe noch mit niemanden darüber gesprochen“, begann er, „und ich möchte, dass dieses Gespräch und alles, was es nach sich zieht, nicht aus diesem Büro nach draußen dringt.“

„Selbstverständlich“, stimmte ich ihm zu.

„Sie werden es nicht glauben, Robert, aber wir werden bestohlen, und zwar massivst. Wir haben ja in unserem Lager mit den fertigen Produkten durch die Überwachung und die akribische Bestandspflege einen minutiösen Überblick über jedes Schräubchen, so dass ich mich frage, wie so etwas überhaupt passieren kann.“

„Um welche Produkte handelt es sich denn?“, wollte ich wissen.

„Nur um eines, soweit ich bis jetzt weiß.“

„Und das wäre?“

„Um das Handy Kentu 24 aus Taiwan“, kam es gequält über seine Lippen.

„Das teuerste, das wir haben. Die ganze Partie befindet sich im Zolllager. 920 Euro das Stück, ich habe selbst so eins. Wie hoch ist denn die Fehlmenge?“

„Genau drei Kartons, 48 Stück. Knapp 45 000 Euro Marktwert“, konstatierte Wiegand. „Wenn wir nichts tun – wer weiß, wie lange das so weitergeht, und dann stielt er das nächste Produkt und das nächste, bis zum Ende dieser Firma. Wir sind ja nur ein kleines Unternehmen mit 18 Mitarbeitern, wenn uns einer davon regelmäßig beklaut, stoßen wir schnell an unsere Grenzen.“


Wir erörterten die Sicherheitslage, und die befanden wir beide als hervorragend. Das gesamte betriebliche Areal war ab 17 Uhr, wenn die Belegschaft das Gelände verlassen hatte, kameraüberwacht, alle Türen waren mehrfach abgesichert, die Fenster einbruchssicher. Speditionen, die außerhalb der Geschäftszeiten anlieferten, mussten bis zum Eintreffen des Pförtners um 6 Uhr mit dem Entladen warten, der Fotograf, der die Werbefotos in seinem Studio im Nachbargebäude machte, hatte eine Liste der entliehenen Gegenstände zu führen, und nicht ein Schräubchen ging ohne Lieferschein rein oder raus. Soweit die Theorie. Aber da mussten irgendwo Lücken sein. Sie aufzuspüren, wurde nun zu meiner neuen Aufgabe, und gleichzeitig sollte ich mir überlegen, wie der Dieb zu fassen und der Nachweis der bisherigen Entwendungen zu führen sei. Wiegand hielt mich für Sherlock Holmes und versäumte nicht zu betonen, dass er überzeugt sei, dass ich der neuen Aufgabe mehr als gewachsen sei. „Ich verlasse mich auf Sie“, hatte er abschließend gesagt. Na ja, das sagen sie alle in solchen Fällen. Immerhin ließ er mir freie Hand bei der Auswahl der Mittel.


Ich überlegte, ob ich mich von der Polizei beraten lassen soll, entschied mich aber, zunächst meinen alten Schulfreund Mark Röpke in Frankfurt aufzusuchen. Mark war früher Polizist, ermittelte in einem Fall, der in der Öffentlichkeit viel Wirbel verursachte, etwas zu eigensinnig, kündigte, um Schlimmes zu verhindern, und stieg bei einer Privatdetektei ein, die er inzwischen leitet.

Er, nur er, kannte die Kniffe, ohne Umwege den Dieb in unseren Mauern zu fassen. Das versicherte er mir auch gleich. „Schnell handeln, unverhofft, unbemerkt. Einen Dienstweg gibt es nicht, und Zeit, um auf andere zu warten, auch nicht. Nun erzähl mal!“

Ich schilderte ihm im Detail, worum es ging, und wir diskutierten alle erfolgsversprechenden Möglichkeiten, und verwarfen diejenigen, die zu aufwändig waren oder die Mitarbeit von Bediensteten erforderten. Wir konstruierten verschiedene Szenarien, versetzten uns in die Lage des Diebes, erörterten seine Risiken und versuchten, hinter seine Strategie zu kommen. Nach vier Stunden, die wir in seinem Büro zusammensaßen, entschieden wir uns schließlich für ein Vorgehen, das einen sicheren Erfolg versprach, vorausgesetzt, der Dieb fuhr fort, uns in der gleichen Art und Weise zu bestehlen.

Mark Röpke öffnete seine Schreibtischschublade und präsentierte mir eine Plastikdose, die ein farbloses Etwas enthielt, das sich schnell als fluoreszierend grüngelbes Pulver entpuppte, nachdem er es mit einer UV-Lampe angestrahlt hatte.

„Du trägst das Zeug auf alle Seiten eines jeden einzelnen Kartons der oberen Reihe auf. Du weißt ja nicht, welchen Karton er nimmt. Die noch nicht geöffneten Paletten belässt du, wie sie sind. Er wird sich einen Karton nehmen, der oben auf liegt. Dann wartest du, bis der Dieb zuschlägt. Doch vorher musst du dir etwas ausdenken, wie du die gesamte Belegschaft dazu kriegst, in deinem Büro anzutanzen.

Er erläuterte mir den gesamten Plan, und ich notierte jede Einzelheit. Am späten Abend, lange nach Feierabend, präparierte ich die obere Reihe der Kartons. Dann war es tatsächlich soweit.

Am übernächsten Tag nach unserem Gespräch stellte mein Chef fest, dass ein Karton mit 16 Handys fehlte.

Jetzt war ich am Zug. Ich stellte zusätzlich zur Beleuchtung meines Büros eine UV-Lampe auf meinen Schreibtisch und entwarf ein Formular, in dem der Unterzeichner bestätigen musste, dass er über bestimmte innerbetriebliche Datenschutzvorschriften informiert worden sei. Ich wusste, dass jeder Mitarbeiter derartige Formulare schon dutzendweise unterzeichnet hatte, und war mir sicher, dass ein jeder den Text bestenfalls überfliegen würde, bevor er ihn unterschrieb. Dann wies ich die Belegschaft an, im Laufe des Nachmittags einzeln in mein Büro zu kommen.

Ich schaltete die UV-Lampe ein, und dann ging es los. 15 Mitarbeiter erschienen sofort, doch das unsichtbare Pulver verfärbte sich bei keiner einzigen Hand. Jetzt blieb nur noch der Fotograf und Werbemann übrig, der sein Atelier im Nachbargebäude hatte.

Ich rief ihn an und bat ihn, in der nächsten Pause, die er machen würde, in mein Büro zu kommen. Eine halbe Stunde später war er da. Mir fiel auf, dass er ziemlich gehetzt und gestresst aussah. Sogar seine stets sorgfältig gekämmten langen Haare waren ungewohnt durcheinander. Dabei hatte er doch als Fotograf einen ausgesprochen ruhigen Job, der jeglicher körperlicher Anstrengungen entbehrte.

„Warum ist das so dringend?“, fragte er. „Ich bin mitten im Aufbau für das letzte Foto. Der Titel für den Prospekt, Sie wissen schon.“

„Ja, ich weiß. Tut mir auch leid, aber ich muss die Sache hier abschließen. Sie sind der Letzte.“

Er setzte sich an den Tisch, und ich sah schon die neongelbgrüne Farbe aufleuchten, aber nichts geschah. Im Eilzugtempo unterzeichnete er das Formular, ohne es zu lesen, stand auf, fragte „Sonst noch was?“, und als ich verneinte, verließ er den Raum.

Die Enttäuschung war riesig, und ich entschloss mich, den Chef kurz zu unterrichten, dass der Dieb wahrscheinlich Handschuhe getragen hatte, als er das Zolllager betrat. Ich beschloss, es für heute dabei zu belassen. Ich hätte auch nicht einmal gewusst, was ich vor Ort noch hätte tun können. Ich weiß nicht warum, aber ich wollte lieber zu Hause in aller Ruhe noch einmal darüber nachdenken, und um dafür bessere Anregungen zu bekommen, packte ich die Lampe und das Pulver in meine Aktentasche. Wenn ich die Sachen vor Augen habe, so war ich überzeugt, würde mir vielleicht eine bessere Vorgehensweise einfallen. Auf jeden Fall musste ich davon ausgehen, dass der Dieb bei der Entwendung auch künftig Handschuhe tragen würde.



Meine Frau Corinna war Gott sei Dank schon wieder zu Hause. Sie war heute morgen zu ihrer Mutter gefahren, weil es der nicht gut ging. Das machte sie öfters, und ich fand es ganz normal, wie sie sich um die kranke Frau bemühte.

Wir bestellten uns etwas zu essen und tranken eine ganze Flasche Wein. Corinna wurde sofort müde, legte sich auf die Couch und schaltete den Fernseher ein. Nach zehn Minuten war sie eingeschlafen.

Ich stellte das Pulver und die UV-Lampe auf den Küchentisch und schaltete meinen Laptop ein. Vielleicht fand ich etwas über die Schwachstellen dieser Methode oder ein paar Anregungen, wie man erfolgreicher vorgehen konnte. Während ich mich in einen Artikel über einen spektakulären Kriminalfall vertiefte, bei dem dieses Pulver zur Anwendung kam, stand Corinna auf, murmelte etwas von Bettschwere und tippelte ins Bad. Ich schaute ihr nach.

Meine Corinna! Was war sie doch für eine hübsche Frau. Ihr Gesicht makellos, ihre Figur trotz ihrer vierzig Jahre fast jugendlich, der Bauch flach, die Pobacken stramm und kräftig und ihre Brüste wie die einer Zwanzigjährigen. So wie ihre Haut. Dazu ihr leichter, fast wippender Gang, ihr treuer Blick, der alles sagte, wofür andere tausend Worte brauchten. Ich war … ja, superglücklich mit ihr. Und das seit Jahren. Schade, dass sie keine Kinder bekommen konnte.

Halb benommen von ihrem Anblick, schaltete ich die UV-Lampe an, lenkte den Strahl in das offene Behältnis mit dem Pulver, schüttelte den Kopf darüber, dass mein Experiment heute erfolglos geblieben war, stellte mir schon vor, wie ein Mitarbeiter mit leuchtenden Fingern den Diebstahl gesteht, und stellte die brennende Lampe neben meinen Rechner.

In diesem Augenblick kam Corinna splitternackt aus dem Bad und lief durch den Lichtstrahl der brennenden Lampe, und da war mir, als liefe ein Glühwürmchen in astraler Größe durchs Zimmer. Ihr Körper war übersäht mit Spuren des Pulvers.

Erschrocken sprang ich auf. „Stopp!, keinen Schritt weiter!“, brüllte ich vor Entsetzen und trat, die Lampe in meiner Rechten, auf sie zu. Sie wusste im ersten Moment nicht, was meine Reaktion zu bedeuten hatte, aber als sie die unzähligen Farbspuren auf ihrer Haut entdeckte, schrie sie panisch, als würden eine Million Käfer mit scharfen Krallen und furchterregenden Zähnen ihren Körper überfallen. Sie trat, nein, sie tanzte von einem Bein auf das andere, versuchte die Farbe von ihrer Haut zu streifen, schlug sich auf Arme, Bauch und Beine und verfiel schließlich in ein jammervolles Schluchzen. „Was ist das? So hilf mir doch!“, schrie sie mich pausenlos an, doch ich konnte ihr nicht helfen. Wie angewurzelt und gelähmt schaute ich sie immer wieder von oben nach unten und von unten nach oben an. Ihre Oberschenkel zeigten Farbspuren, ihr Scham tief grüngelb gezeichnet, der Bauch eine einzige Farbfläche, die Brüste dunkelgrüngelb. Ich war entsetzt und wütend und enttäuscht und verzweifelt. Eine Welt brach für mich zusammen. Am meisten aber erschütterte mich ihr Po. Er war gekennzeichnet vom Abdruck einer ganzen Hand auf jeder Backe. Die gespreizten Finger zeigten nach oben, und sofort fragte ich mich, in welcher Stellung sich meine Corinna und ihr Seitensprung befunden haben mussten, um ein solches „Gemälde“ auf ihren Po zu zaubern. Mir wurde augenblicklich schlecht vor Aufregung.

Corinna begann zu heulen und wollte ins Bett, aber ich legte eine Decke über ihre Schultern und zwang sie, am Küchentisch Platz zu nehmen. „Wir können morgen über alles reden“, begann ich ungewohnt ruhig. „Nur eines will ich heute wissen, und zwar jetzt.“

Sie schaute mich mit ihren verheulten Augen an, und beinahe hätte ich nachgegeben und sie ins Bett geschickt. Doch die Neugier brannte in mir wie glühende Lava.

„Wer?“, fragte ich mit bedrohlich klingender Stimme. „Ich will einen Namen hören, und zwar aus deinem Mund.“ Und weil sie erwartungsgemäß schwieg, wiederholte ich meine Forderung.

„Nenn mir den Kerl, der dich so schamlos befummelt hat!“

Endlich begriff sie, wo die Schmierereien ihren Ursprung hatten, und nach weiteren Sekunden des Zögerns unternahm sie endlich einen ersten Versuch, den Namen auszusprechen.

„Ich verstehe dich nicht! Deutlicher bitte und lauter!“

„Armin …“

„Und weiter!?“

„Brandel.“

„Da schau her“, zeigte ich mich trotz der deprimierenden Umstände siegessicher. „Der Hausfotograf amüsiert sich mit meiner Frau. Deswegen sah er so zerzaust aus! Da soll einer noch Spaß haben, an die Arbeit zu gehen. Na, das wird lustig morgen früh. Du wirst ihn auf keinen Fall heute noch anrufen.“ Und dann schob ich nach: „Ich verbiete es dir sogar, hast du mich verstanden. Und jetzt will ich dein Handy.“

„Nein.“

„Doch, du wirst es mir jetzt geben, sofort. Sein gespeicherter Inhalt interessiert mich herzlich wenig. Ich will sicherstellen, dass du deinen Lover heute nicht mehr anrufst. Wenn du dich weigerst, rufe ich die Polizei. Die soll kommen und die Beweise sichern. Die können dann ein Nacktfoto von der Komplizin des Diebes machen. Wenn dir das lieber ist?“

Mit zitternden Händen gab sie mir ihr Handy. Es war ein Kentu 24 aus der Charge 115CKT, aus der inzwischen 64 Stück fehlen.
 
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DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Bo-ehd,

wie hat Corinna denn so schnell gewusst, dass das Farbpulver ihren Seitensprung verrät? Kannte sie das Pulver schon? Und dessen Wirkung? Das habe ich jetzt nicht ganz verstanden.

Ansonsten eine klasse Geschichte.

Ein paar Rechtschreib- und Kommafehler könntest du noch verbessern.

Gruß DS
 

Bo-ehd

Mitglied
Hallo Doc,
das sollte aus folgender Passage für sie ersichtlich sein:


„Wer?“, fragte ich mit bedrohlich klingender Stimme. „Ich will einen Namen haben.“ Und weil sie erwartungsgemäß schwieg, wiederholte ich meine Forderung.

„Nenn mir den Kerl, der dich so schamlos befummelt hat!“

Endlich begriff sie, wo die Schmierereien ihren Ursprung hatten, und nach weiteren Sekunden des Zögerns unternahm sie endlich einen ersten Versuch, den Namen auszusprechen.
Gruß
Bo-ehd
 

lietzensee

Mitglied
Hallo Bo-ehd,
eine schöne Geschichte. Die Pointe, dass er seine Frau unbeabsichtigt beim Fremdgehen erwischt, gefällt mir. Aber warum haben die Hände des Fotographen nicht gleich im Büro geleuchtet? Das war mir beim Lesen nicht klar.

Etwas unbefriedigend finde ich auch, dass die Beziehung zwischen seiner Frau und dem Fotographen so plötzlich am Ende aufpoppt. Die Frau scheint keine direkte Verbindung zu seiner Arbeit zu haben. Es scheint auch nicht so, dass Erzähler und Fotograph sich privat treffen und die Frau ihn so kennen gelernt haben könnte. Ich würde zumindest andeuten, woher die beiden sich kennen.

Ein bisschen fühlt es sich auch so an, als würde die Geschichte mittendrin den Fokus wechseln. Am Anfang scheint die spannende Frage zu sein, wie der Dieb trotz "hervorragender Sicherheitslage" an die Handys kommen konnte. Am Ende schwenkst du dann auf das Ehedrama um und über das "wie" erfährt man nichts mehr. Oder habe ich da etwas überlesen?

Ein paar technische Kleinigkeiten:
Das machte sie öfters, und ich fand es ganz normal, wie sie sich um die kranke Frau bemühte.
Den Hinweis kannst du sicher weglassen. Dass der Erzähler an dem Zeitpunkt noch keinen Verdacht geschöpft hat, ist auch so klar.


Doch vorher musst du dir etwas ausdenken, wie du die gesamte Belegschaft dazu kriegst, in deinem Büro anzutanzen.
Diese Erklärung würde ich auch weglassen. Du machst es für den Leser spannender, wenn er im Vorhinein nicht weiß, warum der Erzähler alle in sein Büro bittet.


kleines Unternehmen mit 18 Mitarbeitern
auf dem Flur der Chefetage
Gibt es wirklich eine ganze Chefetage, wenn das Unternehmen nur 18 Mitarbeiter hat?

„Um das Handy Pioneer 24 aus Taiwan“, kam es gequält über seine Lippen.
„Das teuerste, das wir haben. Die ganze Partie befindet sich im Zolllager. 920 Euro das Stück, ich habe selbst so eins. Wie hoch ist denn die Fehlmenge?“
„Genau drei Kartons, 48 Stück. Knapp 45 000 Euro Marktwert“, konstatierte Wiegand. „Wenn wir nichts tun – wer weiß, wie lange das so weitergeht, und dann stielt er das nächste Produkt und das nächste, bis zum Ende dieser Firma. Wir sind ja nur ein kleines Unternehmen mit 18 Mitarbeitern, wenn uns einer davon regelmäßig beklaut, stoßen wir schnell an unsere Grenzen.“
Mich stören Dialoge, die den Leser über Dinge informieren sollen, welche den Sprechern schon altbekannt sind. Für die Gesprächspartner scheint es selbstverständlich, dass:
- Dies das teuerste Modell ist.
- Welchen Stückpreis das Modell hat.
- Wie viele Mitarbeiter das Unternehmen hat.
Ich sehe nicht, dass diese Fakten für die Geschichte besonders wichtig sind. Aber wenn, würde ich sie außerhalb der Dialoge vermitteln.

Das sind aber alles eher Korinthen. Insgesamt finde ich es eine gute Geschichte

Viele Grüße
lietzensee
 
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Bo-ehd

Mitglied
Hallo Lietzensee,
danke für deine Kritik. Ich will versuchen, einiges aufzuklären.

eine schöne Geschichte. Die Pointe, dass er seine Frau unbeabsichtigt beim Fremdgehen erwischt, gefällt mir. Aber warum haben die Hände des Fotographen nicht gleich im Büro geleuchtet? Das war mir beim Lesen nicht klar.
Im Text ist davon die Rede, dass der Dieb bei der Entwendung Handschuhe getragen haben muss. Die hat er später beim Öffnen des Kartons natürlich ausgezogen.
Die Enttäuschung war riesig, und ich entschloss mich, den Chef kurz zu unterrichten, dass der Dieb wahrscheinlich Handschuhe getragen hatte, als er das Zolllager betrat. Ich beschloss, es für heute dabei zu belassen. Ich hätte auch nicht einmal gewusst, was ich vor Ort noch hätte tun können. Ich weiß nicht

Etwas unbefriedigend finde ich auch, dass die Beziehung zwischen seiner Frau und dem Fotographen so plötzlich am Ende aufpoppt. Die Frau scheint keine direkte Verbindung zu seiner Arbeit zu haben. Es scheint auch nicht so, dass Erzähler und Fotograph sich privat treffen und die Frau ihn so kennen gelernt haben könnte. Ich würde zumindest andeuten, woher die beiden sich kennen.
Auch das war so geplant. Solche Seitensprünge sind ja total heimlich, und zur Pointe gehört, dass er durch Zufall aufgedeckt wird. Ich denke, ich würde Spannung herausnehmen, wenn da im Vorfeld etwas durchgesickert wäre.

Ein bisschen fühlt es sich auch so an, als würde die Geschichte mittendrin den Fokus wechseln. Am Anfang scheint die spannende Frage zu sein, wie der Dieb trotz "hervorragender Sicherheitslage" an die Handys kommen konnte. Am Ende schwenkst du dann auf das Ehedrama um und über das "wie" erfährt man nichts mehr. Oder habe ich da etwas überlesen?
Die Aufklärung bleibt ja im Focus. Deshalb nimmt er ja Pulver und Lampe mit nach Hause. Dass die Suche nach dem Dieb zur Entdeckung des Seitenspringers führt, ist ja Teil der Pointe.
Etwas unbefriedigend finde ich auch, dass die Beziehung zwischen seiner Frau und dem Fotographen so plötzlich am Ende aufpoppt. Die Frau scheint keine direkte Verbindung zu seiner Arbeit zu haben. Es scheint auch nicht so, dass Erzähler und Fotograph sich privat treffen und die Frau ihn so kennen gelernt haben könnte. Ich würde zumindest andeuten, woher die beiden sich kennen.

Stimme dir zu, das hätte man machen können. Dann wäre es aber eine leicht andere Geschichte geworden.

Ein bisschen fühlt es sich auch so an, als würde die Geschichte mittendrin den Fokus wechseln. Am Anfang scheint die spannende Frage zu sein, wie der Dieb trotz "hervorragender Sicherheitslage" an die Handys kommen konnte. Am Ende schwenkst du dann auf das Ehedrama um und über das "wie" erfährt man nichts mehr. Oder habe ich da etwas überlesen?

Nein, da hst du nichts überlesen. In meinen Augen spielt das Ehedrama für die Geschichte keine Rolle, deshalb bin ich auf das "wie" auch nicht eingegangen.

Ein paar technische Kleinigkeiten:

Den Hinweis kannst du sicher weglassen. Dass der Erzähler an dem Zeitpunkt noch keinen Verdacht geschöpft hat, ist auch so klar.
Zustimmung.


Diese Erklärung würde ich auch weglassen. Du machst es für den Leser spannender, wenn er im Vorhinein nicht weiß, warum der Erzähler alle in sein Büro bittet.
Gute Idee

Gibt es wirklich eine ganze Chefetage, wenn das Unternehmen nur 18 Mitarbeiter hat?
Ja, das ist überzogen.

Mich stören Dialoge, die den Leser über Dinge informieren sollen, welche den Sprechern schon altbekannt sind. Für die Gesprächspartner scheint es selbstverständlich, dass:
- Dies das teuerste Modell ist.
- Welchen Stückpreis das Modell hat.
- Wie viele Mitarbeiter das Unternehmen hat.
Ich sehe nicht, dass diese Fakten für die Geschichte besonders wichtig sind. Aber wenn, würde ich sie außerhalb der Dialoge vermitteln.

Ja, könnte man so machen. Ich mag es lieber, auch solche Dinge zu vermitteln, weil ich ja beim Leser ein Bild erschaffen will, und dafür sind solche Details, auch wenn's Alltägliches betrifft, wichtig. Wenn man nämlich alles weglässt, was erlaubt ist, ist man in einem anderen Genre. Dann heißt das Kind Flash Fiction, und das ist überhaupt nicht mein Fall.

Das sind aber alles eher Korinthen. Insgesamt finde ich es eine gute Geschichte

Nein, es waren gute Anregungen. Danke nochmals

Gruß
Bo-ehd
 

lietzensee

Mitglied
Hallo Bo-ehd,
vielen Dank für die Erklärungen. Ich habe die Geschichte jetzt noch mal gelesen.

Ja, die Handschuhe sind eine Erklärung. Beim Lesen hatte ich diesen Hinweis in der Mitte nicht mit dem Ende in Verbindung gebracht. Anderen Leuten geht es vielleicht anders.
Beim zweiten Lesen schien mir jetzt die zeitliche Abfolge extrem eng. Als der Erzähler den Fotografen untersucht, hat der noch saubere Hände. Darauf informiert der Erzähler den Chef und fährt direkt nachhause zu seiner Frau. Das lässt dem Fotografen eigentlich keine Zeit, die Diebesware zu händeln und dann noch ausgiebig die Frau zu betatschen.

Solche Seitensprünge sind ja total heimlich, und zur Pointe gehört, dass er durch Zufall aufgedeckt wird.
Es stört mich nicht, dass die Affäre zufällig aufgedeckt wird. Es stört mich, dass der Dieb zufällig gerade mit der Frau des Ermittlers eine Affäre hat. Das wirkt wie ein Deus ex machina, um zur Pointe zu kommen. Man könnte sagen, die Frau ist die Göttin in der UV-Licht Maschine. Ich würde sie zumindest schon mal vor dem Finale erwähnen.

Ich mag es lieber, auch solche Dinge zu vermitteln, weil ich ja beim Leser ein Bild erschaffen will, und dafür sind solche Details, auch wenn's Alltägliches betrifft, wichtig
Das war von mir sicher nicht gut erklärt. Es geht mir nicht um die Details selbst. Ich rate nur davon ab, solche Details in Dialoge zu packen. Ein Dialog soll doch aus Sicht der Sprecher Sinn ergeben. In deiner Geschichte wissen der Chef und der Erzähler offensichtlich genau über das Handy bescheid. Darum ergibt es aus ihrer Sicht keinen Sinn, sich gegenseitig noch mal über Preis und Lagerbestand zu informieren.


Die Aufklärung bleibt ja im Focus.
Aufgeklärt wird lediglich, dass der Fotograf der Täter war. Da du ihn schon am Anfang als Verdächtigen eingeführt hattest, bietet das wenig Überraschung.
Am Anfang der Geschichte hattest du bei mir andere Erwartungen geweckt. Da wurde ausführlich geschildert, wie ungewöhnlich dieser Diebstahl ist. In 130 Jahren Firmengschichte nicht vorgekommen; Der Erzähler wird es kaum glauben können; Die Sicherheitslage schätzen beide als hervorragend ein. Du vergleichst den Erzähler sogar direkt mit Sherlock Holmes. Das weckt Erwartungen auf eine ungewöhnliche Vorgehensweise des Täters, sozusagen ein Aha-Effekt, wie er diesen so schwierigen Diebstahl ausführen konnte. Das bleibt aus. Der Leser erfährt nur, dass der Täter wahrscheinlich Handschuhe getragen hat.
Ich würde diesen Krimi-Anfang stark kürzen und den Text auf die Pointe mit dem zufällig überführten Seitensprung konzentrieren. Die ist nämlich wirklich gut.

Viele Grüße
lietzensee
 
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DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
"Endlich begriff sie, wo die Schmierereien ihren Ursprung hatten, und nach weiteren Sekunden des Zögerns unternahm sie endlich einen ersten Versuch, den Namen auszusprechen"

Das erklärt zwar, woher sie es nun weiß, aber dann hätte ihr ja schon vorher das Pulver und seine Wirkung bekannt sein müssen. Das heißt, es wäre ein Thema zwischen ihr und ihrem Mann gewesen. Das fehlt mir ein bisschen.

Das Handy dieser Marke gibt es ja tatsächlich. Da Werbung in der LL verboten ist, denke dir bitte einen anderen Namen aus!

Gruß DS
 



 
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