Großvater mütterlicherseits

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cecil

Mitglied
Großvater mütterlicherseits



Mein Großvater verpasste die Kriege

für den ersten war er zu jung

für den zweiten zu wichtig

da baute er Flugzeuge bei Kassel



Nach der Befreiung liefen die Zwangsarbeiter

durch die Siedlung

sie suchten den Großvater

um ihm zu danken für das heimliche Brot

und die Medizin unter der Hand

seine Kollegen wurden gelyncht

erzählte meine Großmutter



Mein Großvater nach Kriegsende

war Feinmechaniker und verwahrte die Zeit

in Kontrolluhren und Taxametern großzügig

war er nur im Konsum von Underberg und

Zigaretten aus der Spitze er hatte keine Schulfreunde

keine Kriegskameraden keine ehemaligen Liebschaften die

ihn hätten erinnern können an früher als er

gelebt hatte nach den Schlägen daheim

mit Stolz auf Kraft und Fleiß ohne

Konfirmationsanzug oder braune Kutte



Er hatte eine zänkische Frau der er besoffen nicht

gewachsen war und sie zankte oft obwohl er nicht

in Kneipen ging den Dackel regelmäßig entwurmte und

am Sonntag den Taubenschlag reinigte während sie

im Römertopf das Huhn in Bauernschoppen garte der dann auch

mit Orangenlimonade gemischt das Tischgetränk war



Mit seinen Kindern sprach er nicht sie

waren ihm fremd wie deren Kinder die ihn

fürchteten obwohl er Anwesenheit vermied er

trank sich zur Rente und rauchte dabei im Betrieb

gab es nie Grund zur Klage stets pünktlich und mit

Pfefferminzpastillen die goldene Uhr gab es zum Abschied

Massenware für den Feinmechaniker



Er verkaufte das Elternhaus und zog seine Frau um

in ein Schwarzwaldhaus mit lauen Kachelöfen und

Kahlschlag von der Gemeinde Underberg schon

morgens vor dem Anfeuern Zigaretten aus der Spitze dazu

Medikamente als Errungenschaft und Gezänk wegen der Fahne so

hat es ihn erwischt zum Schluss ein Totenkopf mit Haut

überzogen der Mund ein schwarzes Loch ohne Stellungnahme

blieb offen für den Arzt und die Fliegen
 
G

Gelöschtes Mitglied 13736

Gast
Moin,
Eine interessante Geschichte. Aber nix für ungereimte Lyrik. Da gibt es hier doch passendere Abteilungen.
Fehlende Satzzeichen sind ja neuerdings Anzeichen von besonderem Kunstverständnis.
Aber, wie dem auch sei...spannende Geschichte.
LG
Oscarchen
 

Aufschreiber

Mitglied
Wird aus einem
Prosatext
ein Gedicht
wenn man ihn
irgendwie umbricht
und die Satzzeichen
weglässt

Eine Frage
die auch ich
mir und Autorierenden ()
wieder und
noch einmal
stelle

Wenn ja
dann ist
dieser Text hier
feinste Poesie

oder?

Beste Grüße,

Steffen.
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
es ist sehr prosaisch, ja. aber wenn ihr den text ohne zeilenumbrüche lesen würdet, wäre schnell klar, wie lyrisch er ist. prosa funktioniert mmn. anders, ich finde hier passt sehr viel. es erinnert mich ein wenig an die geachichten, die andreas altmann erzählt, nur karger, lapidarer und weniger pathetisch. solche gedicht fu ktionieren bei mir, wenn sie mich emotional mitnehmen. und das ist hier passiert. schön :)

lg
patrick
 

Tula

Mitglied
Hallo cecil
Dass du schreiben kannst, haben alle aufmerksamen Leser längst bemerkt. Der Text hier ist lebensnah, authentisch, unterhaltsam ... und auch lyrisch, nicht durchgehend, besonders gefällt mir der Abschluss.

Ich denke dennoch, dass eine stellenweise Kürzung bzw. Straffung den Text besser machen würde. Aus S3,4,5 ließen sich vielleicht zwei oder gar nur eine machen, sich mehr auf das Wesentliche im Familienleben konzentrierend.

LG
Tula
 
G

Gelöschtes Mitglied 16867

Gast
Was soll man denn hier noch kürzen, Tula? Das Gedicht beschränkt sich doch schon auf das Nötigste.
 

revilo

Mitglied
Das ist ein schöner Text, der aber ein paar Kürzungen vertragen könnte....er wäre wahrscheinlich in einem Prosaforum besser aufgehoben......LG Oliver
 

Perry

Mitglied
Hallo Cecil,
ob im Krieg oder nicht, die Lebensschicksale aus dieser Zeit sind meistens kein Zuckerschlecken.
Da ich selbst gern Prosalyrik schreibe, stört mich die Darstellung nicht. Allerdings sehe ich es ähnlich wie Tula,
denn da wiederholt sich doch einiges (Underberg) oder wird etwas breit ausgeführt (Ehefrau) etc.
Gern Reflektiert und LG
Manfred
 



 
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