Gulasch

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Anmerkung:
Überarbeitete Fassung der Geschichte nach den ersten Anregungen gibt es auf Seite 2 zu lesen ;)
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Sie verzog keine Mine. Aber auch, wenn sie das gewollt hätte, hätte sie es nicht gekonnt. Das einzige Mittel, mimisch ihre Gefühle zu äußern lag darin, hektisch mit der Zunge über die Zahnreihen zu fahren und das wiederum sagte bei ihr gar nichts aus, weil sie es nahezu permanent tat. Das war recht ungewöhnlich für ihre Art und so war beinahe jeder Atemzug begleitet von leisem Knacken, Quietschen und Knirschen. Einige würden es als seltsam ansehen, aber bei ihrem Stamm war es mehr als nur eine Unsitte, es war selbst für eine Echsenartige eine hochgradig dämliche Marotte. Wo sie auch hockte oder lief, verrieten sie ihre schmatzenden Geräusche schon von weitem.
Einzig ihr Jähzorn war es, dem sie ihr bisheriges Leben verdankte. Wer so wütend werden konnte, der könnte überleben, aus dem könnte noch was werden. Aus ihr wurde aber schlichtweg gar nichts als eine hektische Erscheinung ihrer Art, die durch die Gegend schmatzte und dösiger war als der gesamte Stamm zusammen.
Rituale waren den Aquadil, wie die Echsenartigen sich nannten, heilig. Wer sich dort beweisen konnte, der bekam seinen Platz zugewiesen, wer nicht, der verlor jedwedes Anrecht auf irgendwas. Sie wusste, dass ihre Zeit sehr nahe war. Sie war sich nicht ganz sicher, weil sie oft vergessen hatte, die Mondphasen zu zählen, aber irgendwann demnächst würden sie sie mit den Trommeln wecken, sie packen und prüfen. Dass sie zu denen gehörte, die bei dieser Geschichte das Zeitliche segnen würden, das stand selbst für sie außer Frage. Sie musste weg. Statt sich um die Larven zu kümmern, wie sie gesollt hatte, war sie also einfach losgestapft. Eine Rast war längst überfällig, aber sie war sich nicht sicher, ob sie nicht zu viel Schilf auf ihrem Weg gebrochen hatte, nicht zu oft Spuren hinterlassen hatte.
Tage vergingen, Wochen verstrichen. Sie war noch immer niemandem begegnet, aber ihre Reserven waren mehr als erschöpft. Würde sie nicht bald wieder ein Sumpfgebiet oder ähnliches finden, würde sie vor demselben Problem stehen, vor dem sie geflohen war: sie würde sterben. Nachdem ihr diese Erkenntnis gekommen war, hatte sie ihre Geschwindigkeit wieder erhöht und immer häufiger traf sie Reisende auf dem Weg. Sie alle waren aber wohl Zauberer, denn sobald sie nahe genug heran war, verschwanden sie in einem Gewabber aus Luft. Dass sie halluzinierte, begriff sie nicht. Sie begriff es auch nicht, als ihr Häuptling vor ihr stand und meinte, sie habe das Ritual bestanden und könne schlafen, jetzt, wo es um sie dunkel wurde...

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"Was gibts denn gegen Gulasch zu sagen?"
"Nix gibts gegen Gulasch zu sagen."
"Ja also!"
"Nee!"
"Wie nee? Ich dachte, wir wären uns jetzt einig?"
"Hab ich nicht gesagt."
"Du hast gesagt, es spricht nichts gegen Gulasch."
"Ja und?"
"Ja, dann machen wir jetzt welches. Ich hab Hunger."
"Ich auch, aber...Nee!"
"Wie nee? Du hast doch gerade gesagt..."
Sie hatte noch nie von Gulasch gehört, aber es schien sich um etwas Essbares zu handeln. Sie hatte Hunger, großen Hunger sogar.
"Gulasch.", murmelte sie und sah sich um. Jede Bewegung schmerzte und sie war kaum fähig, sich zu rühren. Das Gespräch verstummte, aber lautes Lachen drang zu ihr vor. Wer war da? Sie versuchte, sich aufzusetzen.
"Nix!", sagte jemand und klatschte mit irgendwas vor ihre Brust, so dass sie zurückfiel. Sie stöhnte, aber zu mehr war sie nicht fähig.
"Gulasch?", schmatzte sie und wieder ertönte dieses Lachen. Wieder wandte sie den Kopf zur Seite und jetzt erkannte sie verschwommen Gestalten, eine Menge, ein Dutzend vielleicht.
"Stillhalten!", befahl jemand und etwas Hartes und Rundes wurde gegen ihre Schläfe gepresst und zwang ihren Kopf wieder in die Ausgangslage. Ein leises Knurren entfuhr ihr und mit der letzten Kraft, sie sie mobilisieren konnte, wollte sie den Gegenstand beiseite drücken. Irgendwas hielt sie jedoch fest, sie konnte ihre Arme nicht anheben. Dann wurde es wieder dunkel, nur der Häuptling war nicht da so wie beim letzten Mal.

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"Ey!", zischte es. Da wieder: "Ey!"
Sie regte sich vorsichtig, öffnete die Augen. Den Kopf zu wenden traute sie sich nicht schon wieder.
"Ah, lebst ja doch noch. Dacht´ ich mir.", flüsterte es und mit einem Handgriff klappte jemand ihren Unterkiefer runter. Sie wollte sich wehren, nicht tatenlos zulassen, was die Stimme da auch immer wollte, aber dann spürte sie es in der Kehle: Wasser! Wie aus der Hölle kriechend schluckte sie das Nass hinunter, öffnete das Maul, wieder und wieder.
"Mann, du säufst ja wie ein Pferd!", raunte die Stimme mit unverhohlener Bewunderung. "Hör zu, ich mach dich los, wenn du dich benimmst, aber du darfst keine Faxen machen und musst dich nachher auch wieder anbinden lassen, klar?"
Sie verstand nur die Hälfte, aber es klang gut, also nickte sie. Jemand ergriff ihre linke Hand und hob sie an, sie konnte sich also wieder bewegen! Sie versuchte es mit der rechten Hand, mit den Füßen....und setzte sich auf. Sie erkannte, wer ihr da geholfen hatte, ein Mensch, weiblich, ein ganz kleines Exemplar.
"Hast du Hunger?", fragte sie sie.
"Gulasch?", antwortete sie sofort und das Mädchen lachte.
"Mann, kannst du überhaupt sprechen oder was? Du hast das gar nicht geschnallt mit dem Gulasch, oder? DU bist das Gulasch!"
"Gulasch?", fragte sie erstaunt und schüttelte energisch den Kopf.
"Naja, wie auch immer, ich mach dir einen Vorschlag: Ich komm jeden Tag zwei Mal her und sehe zu, was ich für dich mitbringen kann, damit es dir besser geht. Ich mach´ dich dann auch los immer, aber bis du wieder völlig okay bist, mach ich dich auch wieder fest später. Aber du musst aufpassen, dass Greygoar nicht merkt, dass du wieder auf die Füße kommst, verstehst du?"
Einen Augenblick lang schaute die Aquadil fragend, dann kam es über ihre nicht vorhandenen Lippen: "Warum?"
Das Mädchen zuckte die Schultern.
"Greygoar ist´n Arsch. Der macht hier den großen Macker und letztlich kümmert es ihn doch einen Scheiß, wie´s uns geht. Ich hab gehört, die von deiner Sorte sind so richtig stark, oder? Also wenn du wieder klar bist, dann zeigste dem mal, wer richtig gut ist und setzt ihn außer Gefecht. Das traut sich hier keiner, aber du bist stark genug. Wenn du gewinnst, kannst du soviel Wasser haben, wie du willst und gehen und wir haben unsere Ruhe. Wenn du cool bist, kannste vielleicht auch bleiben, mal sehen, was die anderen dann so meinen. Wenn nicht, hast eh nix verloren - wir aber auch nicht. Kapierste das?"
Sie schien einen Augenblick nachzudenken, dann nickte sie. Sie fühlte sich noch immer kraftlos und geistig nicht ganz auf der Höhe, aber das war sie ja sowieso noch nie gewesen. Die Gesten des kleinen Menschen waren aber so ausufernd gewesen, dass sie auch darin schon die Absichten hatte ablesen können.

Das Mädchen kam wirklich jeden Tag. Anfangs hatte die Aquadil gedacht, sie käme nicht mehr, weil sie die ganze Sache doch nicht ganz begriffen hatte. Jedenfalls protestierte sie, wenn das Mädchen sie am Ende der Besuche sie wieder anbinden wollte, aber dieses Menschenkind war geduldiger, als man hätte glauben mögen. Sie schien große Hoffnungen in die Aquadil zu setzen und mit jedem Tag wuchs deren Bestreben, diese auch zu erfüllen, um ihrer Dankbarkeit Ausdruck zu verleihen.

Die Zeit verging und die Aquadil wurde immer kräftiger. Eines Tages dann war es soweit. Das Mädchen hatte einen Spieß an ihrem Lager gelassen und ihr die Fesseln nur umgelegt, nicht aber festgebunden. Wie alle paar Tage kam Greygoar an ihr Lager, um sie zu piesacken.
"Na, immer noch Bock auf Gulasch, olle Echse?", grinste er ihr ins Gesicht. "Scheint dir ja gut zu bekommen der Urlaub bei uns. Wenn du noch nen bisschen mehr davon hast, lohnt sich das Gulasch wenigstens, hrhrhr."
Sie regte sich nicht. Erst, als er sich in der Hocke nach hinten drehte, um nach etwas zu greifen, reagierte sie blitzschnell. Mit einem Handgriff hatte sie den Spieß in der Hand und sprang auf. Noch im Sprung hieb sie ihn in die Seite und Greygoar kippte um.
"Jetzt mal wollen gucken, wo haben besser Gulasch!", rief sie wütend und stach den Spieß in seinen Oberschenkel. Er schrie und griff an sein Bein, aber da hatte sie den Spieß schon genüsslich umgedreht und einen Fetzen Fleisch aus ihm gerissen.
"Hüfte auch gut!", kündigte sie an und riss ihm im selben Augenblick ein Stück aus selbiger.
"Oder du mögen gut gewachsenes Schulterstück?", lautete ihre nächste Frage und sie stach zu.
Ihr Spiel war brutal und sie achtete darauf, ihn nicht zu töten. Stück für Stück nahm sie ihn buchstäblich auseinander und häufte sein Fleisch neben sich auf. Die Lache seines eigenen Blutes um Greygoar herum wurde immer größer und irgendwann verstummte sein Schreien und wich einem Röcheln. Lange hätte er ihr Spiel nicht mehr aushalten können, als sie sich verschätzte und eine Arterie traf. Hellrotes Blut schoss aus seiner Leiste und verfärbte das Lager, auf dem sie so lange Zeit gelegen hatte, das Holz der Wände rundum. Es dauerte nicht einmal mehr eine Minute und Greygoar war still und würde auch nie wieder etwas anderes sein als das.
Mit strahlendem Gesicht löste sich das Mädchen aus einer Nische, aus der sie das Schauspiel betrachtet hatte.
"Willkommen zu Hause!"

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"Was gibts denn gegen Gulasch zu sagen?"
"Nix gibts gegen Gulasch zu sagen."
"Ja also!"
"Nee!"
"Wie nee? Ich dachte, wir wären uns jetzt einig?"
"Hab ich nicht gesagt."
"Du hast gesagt, es spricht nichts gegen Gulasch."
"Ja und?"
"Ja, dann machen wir jetzt welches. Ich hab Hunger."
"Ich auch, aber...Nee!"
"Wie nee? Du hast doch gerade gesagt..."
"Ja, hab ich gerade gesagt. Ja, hast ja Recht, also Gulasch. Dann mach mal Feuer oder was. Ich hol in der Zeit Wasser."
"Wasser?"
"Ja, ich kipp das dem hier über den Kopf."
"Wieso das denn? Hömma, wir haben da nicht unendlich viel von!"
"Weiß ich, aber das macht zartes Fleisch - oder willst du lieber auf Leder rumkauen?"
"Nee..."
"Ja also!"
Schritte polterten, irgendwas wurde gestapelt. Kurz darauf wurde die Luft noch heißer als schon zuvor, etwas knackte und sie war sich sicher, dass es nicht von ihren Kiefern herrührte. Plötzlich klappte jemand mit einem Handgriff ihren Unterkiefer runter und Wasser rann ihre Kehle hinunter. Gierig schluckte sie das ersehnte Nass runter, soweit sie es vermochte. Sie öffnete die Augen, aber sie konnte nichts sehen, alles war in milchiges Gelb getaucht. Sie versuchte, sich zu bewegen, aber es gelang ihr nicht.
"Scheiße, vonwegen Kadaver! Ich hab ja sofort gesagt, dass der noch zuckt!"
Die Stimmen waren sehr tief, es waren Männer, zwei verschiedene.
"Na, was macht unser Gulasch?"
Es waren Drei, verbesserte sie sich.
"Alles klar, Greygoar, geh pennen, wir wecken dich dann schon."
"Gute Idee, genau. Ich geh schlafen und ihr macht die Arbeit, wie sich das gehört.", lachte der Dritte auf und entfernte sich mit schallendem Lachen.
"Ey!", zischte einer der anderen. "Ey! Hör zu, wir machen es wie besprochen, oder?"
Sie hörte niemanden antworten.
"Noch ein bisschen, bis er richtig weggeratzt ist, und dann gehst du rüber und schlitzt ihn auf. Greygoar ist´n Arsch. Der macht hier den großen Macker und letztlich kümmert es ihn doch einen Scheiß, wie´s uns geht. Außerdem hortet er alles nur für sich. Wenn er hinüber ist, dann teilen wir das Zeug ordentlich auf und dann essen wir erstmal, oder?"
Wieder keine Antwort.
Zeit verging, sie hörte Schritte, die sich entfernten. Kurz darauf meinte sie, ein blubberndes Röcheln zu hören. Die Schritte kamen kurz darauf zurück und waren wieder in alter Lautstärke zu hören. Nein, etwas lauter, sie klangen triumphierend.
"Mann, hast du gesehen, wie das gespritzt hat? Ich wusste gar nicht, dass das spritzt. Ich dachte immer, das läuft langsam am Hals runter oder so."
"Ja, du hast halt keine Ahnung. Außerdem muss man das schon ordentlich machen, wie ich eben."
Ein Klopfen war zu hören, von einem Lachen begleitet.
"Ja, du bist echt ein Held, mein Freund! Du hast das Land von einem Idioten befreit und uns beide zugleich reich gemacht. Jetzt Gulasch?"
"Ja, jetzt Gulasch."
Ein Augenblick Stille, dann hörte sie etwas Metallisches. Dann plötzlich raste ein Schmerz durch ihren Körper, von ihrer Seite durch ihren Oberkörper bis hin zu ihrem Kopf. Sie schrie, so laut sie konnte, aber ihre Reserven waren zu erschöpft, es kam nur ein heiseres Quietschen aus ihrer Kehle.
"Ich will auch so einen Brocken!", sagte einer der Männer und kurz darauf durchzuckte der Schmerz sie auch am Oberschenkel.
Sie hörte den Puls in ihren Ohren rasen, riss wütend die Augen auf, aber sah immer noch nur das milchige Gelb. Verzweifelt versuchte sie sich aufzurichten, aber ihre Glieder wollten ihr einfach nicht gehorchen und dann spürte sie einen Fremdkörper in der Schulter, der sie am Boden förmlich festnagelte und ihr jede verbliebene Chance nahm.
"Lass uns erstmal probieren - oder hast du sowas schonmal gegessen?"
"Nee, hab ich nicht....mhhmh, erstaunlich gut! Sogar richtig zart, hätte ich nicht gedacht!"
"Tja, ich hab ja gesagt, dass das mit dem Wasser eine gute Idee ist, oder?"
Sie fühlte, dass Wärme sie umgab, flüssige Wärme um sie herum. Es dauerte, bis sie begriff, dass es ihr Blut war.
"Also lecker schon, aber ich hab schon noch Hunger. Mach mal noch ein paar Stücke fertig!...Mach nochmal so ein Seitenstück, da ist besonders gut Fett dran."
Der Schmerz war wieder in der Schulter, er riss durch ihr Fleisch hindurch, irgendwas mit einem Widerhaken. Dann spürte sie dort nur noch ein Sickern und der Fremdkörper war verschwunden. Der Schmerz war jedoch nicht verschwunden, sondern traf sie nun an der anderen Seite, diesmal auch in viel heftigerem Ausmaß.
Sie röchelte leise, langsam war das milchige Gelb ihres Sichtfeldes nur noch milchig und die Farbe schwand aus ihrem Blick.
Als der Spieß sie in die Leiste traf, tat es schon gar nicht mehr weh. Der milchige Ton ihrer Aussicht wandelte sich in waberndes Grau, aus dem sie einmal mehr ihren Stammeshäuptling treten sah. Mit ihm kam die Dunkelheit und verschleierte ihre Augen immer weiter. Das Letzte, das sie wahrnahm im Leben, das war diese Halluzination, die zu ihr sprach:
"Willkommen zu Hause!"
 

Roni

Mitglied
vom regen in die traufe?

hallo tanja,

zum genre kann ich nichts sagen, dies ist das erstemal, dass ich ueberhaupt im fantasy&maerchen forum lese. reingelockt hat mich dein titel.

aber es liest sich spannend wie ein krimi und durchgehend kommt der witz durch. ich waere schon zufrieden gewesen, wenn bei 'willkommen zu hause' schluss gewesen waere, aber du setzt noch einen drauf. ich hab's mit vergnuegen gelesen.

gruss
roni
 
Vielen Dank für deinen Kommentar und es freut mich, dass dir die Geschichte gefallen hat :)

An sich habe ich zu keiner Geschichte von mir ein gespalteneres Verhältnis als zu dieser, glaube ich.
Zum einen mag ich sie natürlich (sonst hätte ich sie nicht geschrieben) und es steckt Herzblut darin, zudem habe ich wohl eine Art Hang zu nicht ganz "linearen" (bezeichne ich jetzt mal so, weil mir nichts anderes einfällt) Geschichten, unabhängig davon, ob ich sie lese, schreibe oder sie im TV entdecke.

Auf der anderen Seite habe ich diese Geschichte von einem Dutzend Leuten lesen lassen und das Ergebnis sah wie folgt aus: Genau 50% waren völlig begeistert und die anderen 50% haben schlichtweg nicht verstanden, worum es nun überhaupt geht bzw. was vor sich geht.
Ich könnte jetzt natürlich sagen "Selbst schuld", aber wenn so viele Leute nicht verstehen, was ich mitteilen wollte, drängt sich ja doch der Verdacht auf, dass die Geschichte so irgendwie nicht stimmt.

Bei deinem Kommentar bin ich jetzt nicht ganz sicher, muss ich sagen. Mich irritiert, dass du sie witzig gefunden hast. Könntest du darauf vielleicht genauer eingehen?

An sich ist es eine Geschichte, die in einer (hier nicht beschriebenen) harten Welt spielt, postapokalyptisch, wo sich jeder selbst der Nächste ist usw., aber das ist nicht einmal unbedingt relevant an dieser Stelle, glaube ich.

Jedenfalls ist sie an sich nicht witzig gemeint. Ich möchte jetzt nicht auflösen, was ich mir so alles gedacht hatte bzw. wie die "Auflösung" lautet, weil ich ja doch noch hoffe, den einen oder anderen Kommentar dazu zu bekommen eventuell, aber ich würde mich freuen, wenn du deine Eindrücke einmal etwas genauer schildern könntest.

Liebe Grüße,
Tanja
 

Roni

Mitglied
hallo tanja,

dann will ich das mal direkt tun, weil ich noch drin bin in der geschichte.

vielleicht ist witz nicht das richtige wort, aber ein besseres faellt mir gerade nicht ein.
es bezieht sich vor allem auf den stil, nicht auf den inhalt. mag sein, dass sich das aus der erwartungshaltung ergibt, mit der ich an fantasy/ maerchen herangehe (auch wenn ich die ad hoc nicht genau definieren kann.)

ich sammle gerade mal ein paar beispiele:

*
es war selbst für eine Echsenartige eine hochgradig dämliche Marotte
*
Aus ihr wurde aber schlichtweg gar nichts als eine hektische Erscheinung ihrer Art, die durch die Gegend schmatzte und dösiger war als der gesamte Stamm zusammen.
*
die Gulaschdialoge zwischen den menschen ueberhaupt
*
DU bist das Gulasch!
*
Sie fühlte sich [...] geistig nicht ganz auf der Höhe, aber das war sie ja sowieso noch nie gewesen.
*
"Oder du mögen gut gewachsenes Schulterstück?" (wobei ich hier glaube, du meinst wahrscheinlich ‚durchwachsen’, oder?)


Dies sind Beispiele fuer Stellen, an denen ich schmunzeln musste (es gibt noch einige andere) und zwar einfach der wortwahl wegen, die ich als auflockernd empfand und die mich in der geschichte gehalten hat. aber wie gesagt, es hat sicher ganz viel mit meiner einstellung zu dieser art geschichten zu tun. ich empfand es als wohltuend, nicht nur dieses ganze mad-max gehabe zu lesen. (war das mad max? ich mein das mit mel gibson, der durch die wueste saust und dauernd auf irgendwas ballert . eine story, die ich nie verstanden hab)
wohltuend auch, dass deine protagonistin keine *strahlende* heldin ist und konsequent, wenn auch brutal, dass es dann eben auch kein ueberleben gibt.

wenn ich auf den inhalt eingehe, dann hast du recht. daran ist natuerlich ueberhaupt nichts witzig.

noch eben drei kleinigkeiten, die mir gerade aufgefallen sind.

Nachdem sie diese Erkenntnis getroffen hatte – ich weiss nicht, ob man erkenntnisse treffen kann, man wird eher von ihnen getroffen, oder?
Wieder wand sie den Kopf zur Seite ... wandte?
Sie röchelte leise, langsam war das milchige Gelb ihres Sichtfeldes nur noch milchig und die Farbe schwand aus ihrem Blick. ... ich wuerde vielleicht ein milchig streichen.

ich hoffe, ich konnte erklaeren, was ich mit witz meine.
gruss
roni
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Da du schon danach fragst: Ich hab nicht begriffen, was passiert. Ich bin im Genre zwar genug zu Hause, um mir dies und jenes denken zu können, aber was du hier geschehen lassen willst, kann ich aus nichts herleiten (, vielleicht hab ich es ja auch nur übersehen…). Das zum Plot.
Die Aussage… nun ja… da hab ich eher ein vage Idee, die aber so platt ist, dass ich nicht hoffe, dass es damit getan ist. Dafür ist der Text stilistisch zu gut, um ihn auf "Tu andern nicht, was du nicht dir getan haben willst (oder so)" zu reduzieren.


In deinem Profil steht, dass du dich noch nicht explizit mit dem Handwerk Schreiben beschäftigt hast. Es wäre toll, wenn du's machen würdest, denn die Fehler, die ich in dem Text sehe, würden nicht auftreten, wenn du dir dieser oder jener konkreten Regel (z.B. der Frage des Erzählstandpunkts) bewusst wärst. Ich glaube, bei dir müsste es mit "mal reinsehen" schon fast getan sein – denn Erzähl-Talent hast du m.E. ausreichend, um gute Sachen zu machen.



Sprachdetails:

Sie verzog … gekonnt. Das einzige Mittel, mimisch ihre Gefühle zu äußern lag darin, hektisch über die Zahnreihen zu fahren [blue]Womit?[/blue]und …ungewöhnlich für ihre Art und so war jeder Atemzug beinahe begleitet [blue]MEINST DU beinahe jeder Atmenzug war begleitet ODER jede Atemzug war beinahe begleitet?[/blue]von leisem Knacken, Quietschen und Knirschen [blue]Womit um alles in der Welt erzeugt die Echse dieses Geräusch?[/blue]. Einige [blue]Wer? – Erzählerstandort klären! Bisher ist alles auch Echsin-Sicht geschrieben – dass es noch andere außer ihr und ihrem Volk gibt, ist mit nichts angedeutet.[/blue] würden es als seltsam ansehen, aber … und dösiger war als der gesamte Stamm zusammen. [blue]Woraus aus dem Vorhergehenden kann man das „dösig“ ableiten? "Jähzorn" spricht ja sogar gegen Dösigkeit…[/blue]
Rituale waren …war. Sie war sich nicht ganz sicher, weil sie die Mondphasen oft vergessen hatte zu zählen [blue] klingt besser: weil so oft vergessen hatte, die Mondphasen zu zählen,[/blue], aber … Würde sie nicht bald wieder [blue]Wieso wieder? Hat sie denn schon mal eins gefunden?[/blue] ein Sumpfgebiet … Nachdem sie diese Erkenntnis getroffen hatte[blue] besser: nachdem ihr diese Erkenntnis gekommen war ODER nachdem diese Erkenntnis sie (wie ein Blitz/Schlag)getroffen hatte[/blue] , hatte sie ihre Geschwindigkeit wieder erhöht und immer häufiger traf sie Reisende auf dem Weg[blue] Was hat das mit dem Reisetempo zu tun? (an der Stelle sind es ja – erzählerisch – noch keine Hallus!) Besser hier den Satz abtrenne.[/blue] . Sie alle waren aber wohl …einem Gewabber [red] Gewaber[/red] aus Luft. Dass …

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…Das Gespräch verstummte, aber lautes Lachen drang zu ihr vor. [blue] Wo "vorn" ist sie denn?[/blue] Wer war da? Sie … irgendwas vor ihre Brust, so dass sie zurückfiel. Sie stöhnte, aber [blue]das „aber“ macht nur Sinn, wenn da noch was stünde, wie: stöhnte und wollte aufstehen, aber dazu war… Vorschlag: "aber" ersatzlos streichen[/blue] zu mehr war sie nicht fähig. …
"Gulasch?", schmatzte sie [blue] Wieso kann die Menschensprache sprechen (, sind die Echsen anatomisch dazu in der Lage, obwohl sie offenbar nichts können, außer den Kiefer zu bewegen)? Wieso "klingt" ein völlig Wort für die Echsin nach Essen?[/blue] wieder ertönte dieses Lachen. Wieder wand [red] wandte[/red] sie den Kopf zur Seite … gepresst mit dem Vorhaben,[blue]Erzählerstandpunkt! Besser: gepresst und zwang ihren Kopf wieder in die Ausgangslage.[/blue] ihren Kopf wieder in die Ausgangslage zu drücken.…

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"Ey!", zischte es. Da wieder: "Ey!"
Sie regte sich vorsichtig, öffnete die Augen. Den Kopf zu wenden trauet [red] traute[/red] sie sich nicht schon wieder. [blue] Wann hat sie das denn vorher getraut? In der Szene vorher hat sie es einfach gemacht…[/blue]
"Ah…und mit einem Handgriff [blue] Ein Handgriff aus Holz? Ich jedenfalls dachte zuerst an ein "Gerät" statt an "mit einer Bewegung"[/blue] klappte jemand ihren Unterkiefer runter. Sie … Sie verstand nur die Hälfte, [blue] …immerhin! Ich weiß immer noch nicht, warum die Echsin Menschisch kann…[/blue] aber es klang…, verstehst du?"
Einen Augenblick lang schaute sie [blue]hier sollte das „sie“ wieder zugeordnet werden – ich dachte, die Menschin guckt fragend.[/blue] fragend, dann kam … Sie fühlte sich noch immer kraftlos und geistig nicht ganz auf der Höhe, aber das war sie ja sowieso noch nie gewesen. [blue]Denkt die Echsin das wirklich in dieser Situation über sich? [/blue] Die Gestiken [red]Gesten ODER Gestik[/red] des kleinen Menschen waren aber so ausufernd gewesen, dass sie auch darin schon die Absichten hatte ablesen können. [blue] Was muss man für „ausufernde Gesten“ machen, um diesen Inhalt zu transportieren? Vielleicht solltest du diese Gesten zeigen[/blue]

Das Mädchen kam wirklich jeden Tag. Anfangs hatte die Aquadil gedacht, sie käme nicht mehr, weil sie die ganze Sache doch nicht ganz begriffen hatte. [blue]Diesen Satz würde ich ersatzlos streichen. In dem „wirklich“ steckt drin: Die Echsin hatte es nicht ganz geglaubt, dieser Satz sagt: Die Echsin hatte es nicht verstanden – das sind zwei verschiedene Dinge[/blue]
Zumindest [blue]Das „zumindest“ versteh ich nicht. Der Text geht so: „Das Mädchen kam, obwohl die Echsin es nicht geglaubt hatte. Zumindest wehrte sich die Echsin beim Anbinden.“ Das ist nicht logisch… [/blue]bei dem Anbinden am Ende der Besuche protestierte sie, aber dieses Menschenkind war geduldiger, als man [blue]wer?[/blue] hätte glauben mögen. Sie schien große Hoffnungen in die Aquadil zu setzen und mit jedem Tag wuchs deren Bestreben, diese auch zu erfüllen, um ihrer Dankbarkeit Ausdruck zu verleihen.

Die Zeit verging und sie [blue]Wieder zuordnen – das letzte „sie“ hatte dem Mädchen gegolten.[/blue]wurde immer kräftiger. Eines Tages dann war es soweit. Das Mädchen hatte einen Spieß an ihrem Lager gelassen und ihr die Fesseln nur umgelegt, nicht aber festgebunden. Wie alle paar Tage kam Greygoar an ihr Lager, um sie zu piesacken, wie er es auch am ersten Tag schon getan hatte.[blue]Den Teilsatz ersatzlos streichen – wie genau er sie piesackte ist unerheblich – es ist erniedrigend so oder so.[/blue]
"Na, immer noch Bock auf Gulasch, olle Echse?", grinste er ihr ins Gesicht. "Scheint dir ja gut zu bekommen der Urlaub bei uns. Wenn noch bisschen mehr davon hast, [red] Hier gibt es ein Satzfehler – fehlt das du?[/red] [blue]Mehr wovon?[/blue] lohnt sich das Gulasch wenigstens, hrhrhr."
Sie regte sich nicht. Erst, als er sich in der Hocke nach hinten [blue]Wo „vorn“ ist sie, dass er sich beim Wegdrehen nach „hinten“ dreht?[/blue]drehte, um nach etwas zu greifen, reagierte sie blitzschnell. [blue]Der Satz ist zu lang für das „blitzschnell“. Dass sie schnell reagiert, sagt das kommende „mit einem Handgriff“ – „blitzschnell kann ersatzlos gestrichen werden.[/blue]Mit einem Handgriff hatte sie den Spieß in der Hand und sprang auf. Noch …Oberschenkel. Er schrie und griff an sein Bein, aber da hatte sie ihn [blue]Sie hat Greygoar umgedreht? Wie?[/blue]schon genüsslich umgedreht und einen Fetzen Fleisch aus ihm gerissen. [blue]Hat der Spieß Widerhaken, dass man damit Fleisch aus dem Opfer reißen kann?[/blue]
"Hüfte auch gut!", kündigte sie …Ihr Spiel war brutal und sie achtete darauf, ihn nicht zu töten. [blue]Entweder ist sie jähzornig – dann hat sie nicht die „kühle“ darauf zu achten, oder es ist „kalte Rache“, dann hätte Greygoar aber schon mehr tun müssen, als sie nur zu „piesacken“[/blue]Stück für Stück nahm sie …"Willkommen zu Hause!"

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"…herrührte. Plötzlich klappte jemand mit einem Handgriff [blue]Obwohl ich vorgewarnt war und zwischendrin Handgriff nicht als Gegenstand las, trat hier der selbe Effekt wie oben auf…[/blue] ihren Unterkiefer runter und Wasser rann ihre Kehle hinunter. Gierig schluckte sie das ersehnte Nass runter[blue]Runter- herunter - runter: Das ist klangmäßig zu viel unter[/blue], insoweit [red] so weit sie es vermochte ODER insoweit, als sie nur einen Teil schucken konnte das meiste aber aus ihrem Maul rann[/red] sie es vermochte. Sie öffnete die Augen, …"Noch ein bisschen, bis er richtig weggeratzt ist[red]Komma[/red] und dann gehst du rüber und schlitzt … Die Schritte kamen kurz darauf zurück und waren wieder in alter Lautstärke zu hören. Nein, etwas lauter, sie klangen triumphierend. [blue]Schritte, die triumphierend klingen?[/blue]
"Mann, hast du gesehen, …zugleich reich gemacht. [blue]Wieso reich gemacht? Das würde mich ja nun doch interessieren…[/blue] Jetzt … kurz darauf durchzuckte der Schmerz sie auch am Oberschenkel. [red]ENTWEDER der Schmerz durchzuckt sie (vom Oberschenkel ausgehend), dann ihren „ganzen“ Körper ODER der Schmerz durchzuckt ihren Oberschenkel.[/red]
Sie hörte den Puls in ihren Ohren rasen, riss wütend die Augen auf, aber sah immer noch nur das milchige Gelb. Verzweifelt versuchte sie sich aufzurichten, aber ihre Glieder wollten ihr einfach nicht gehorchen und dann spürte sie einen Fremdkörper in der Schulter, der sie am Boden förmlich festnagelte und ihr jede verbliebene Chance [blue]Ach sie hatte bis hierher noch eine Chance? Sie ist praktisch blind und unfähig, sich zu bewegen – welche Chance war das noch verblieben?[/blue] nahm.
"Lass uns erstmal probieren - …
Sie fühlte, dass Wärme sie umkreiste [blue] …oder doch eher umgab? Umkreisenist eine Tätigkeit…[/blue], flüssige Wärme um sie herum. Es dauerte, bis sie …Der Schmerz …
Sie röchelte leise, langsam war das milchige Gelb ihres Sichtfeldes nur noch milchig [blue]Das übrigens find ich richtig formuliert…[/blue] und die Farbe schwand aus ihrem Blick.
Als der Spieß sie in die Leiste traf, tat es schon gar nicht mehr weh. Der milchige Ton ihrer Aussicht wandelte sich in wabberndes [red]waberndes[/red] Grau, …




PS: In der neuen Rechtschreibung wird nach der wörtlichen Rede immer mit Komma abgetrennt: „Ich komme“, sagte er. “Kommst du?“, fragte sie. “Ja doch!“, rief er.
 
Holla, das ist ja mal eine Menge! Vielen Dank :)

Also die kleineren Fehler der aktuellen Geschichte habe ich jetzt schon korrigiert, ansonsten denke ich, werde ich sie einfach auch komplett überarbeiten müssen.

Ich habe noch ein paar Fragen /Anmerkungen zu deinem Kommentar, jon, ansonsten sammle ich mir mit diesem Post hier auch für mich selbst noch ein paar Dinge, aaaalso...

Zunächst einmal die Aussage der Geschichte. Sie hat eigentlich keine...
Vielleicht noch einiges dazu, wie sie entstanden ist (denn sie hat zwar keine wirkliche Aussage, aber durchaus Absichten).
Ursprünglich (da noch mit anderen Begrifflichkeiten) sollte es eine Geschichte sein, die sich auf ein bestimmtes Rollenspielsystem bezieht und ihren Platz sollte sie in einem zugehörigen Magazin finden. Sie sollte dort zum einen einfach unterhalten und ein Stück der Härte dieser Welt transportieren, eben ohne "Geballer", sondern auf eine andere Art und Weise.
Das erklärt dann auch, warum nicht näher auf die Eigenheiten der Echse bzw. ihr Sprachverständnis etwa eingegangen wird. Andere Leser können das letztlich tatsächlich nicht verstehen, auch das habe ich nicht ausreichend beachtet und werde dann wohl wesentlich weiter ausholen müssen, um die Geschichte allein stehen lassen zu können.

Frage: Wie definierst du "dösig"? Ich denke, gerade jemand, der dumm und tolpatschig ist, neigt zum Jähzorn, einfach auch darum, weil er für sich wenig andere Möglichkeiten hat (oftmals). Vielleicht verstehst du unter dösig aber etwas anderes?

Deine Anmerkung zum Reisetempo verstehe ich nicht. Die Reisenden sind doch Hallus!?

Auch zum Vordringen der Geräusche zu ihr habe ich noch eine Frage: mit vordringen vor nicht vorn gemeint an sich, sondern einfach das Vordringen der Geräusche von ihrem Ausgangsort irgendwo bis hin zu ihrem Ohr. Ein Missverständnis? Oder wolltest du damit auch darauf hinweisen, dass ich den Ort des Geschehens näher erläutern sollte?

Gesten zeigen, hm. Ja, ich denke, ich sollte vermutlich überhaupt mehr zeigen als erzählen...

Eine vollständige Überarbeitung folgt noch, aber das wird eine Zeit dauern (Wochenende denke ich), ich schreib es dann hier drunter und würde mich freuen, wenn du / ihr dann nochmal durchschaut.

Sehr nett fand ich übrigens den Humor deiner Kommentare ("immerhin!", "Schritte, die triumphierend klingen?", "Reich? Das würde mich ja doch interessieren..." und v.a. "Ach, sie hatte bis hierhin noch eine Chance?").

Ach, noch etwas zum 2. Absatz deiner Sprachdetails: Das "aber" bezieht sich doch tatsächlich auf den vorangegangenen Versuch: [blue]Sie versuchte, sich aufzusetzen.[/blue] "Nix!", sagte jemand und klatschte mit irgendwas vor ihre Brust, so dass sie zurückfiel. [blue]Sie stöhnte, aber zu mehr war sie nicht fähig.[/blue] So passt es doch?

Morgendliche Grüße,
Tanja
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Hi Tanja,

so ist das mit (ursprünglichen) Rollenspiel-Geschichten: Beim „Herauslösen“ vergisst man manchmal dies oder oder jenes. ;)
Ich denke aber nicht, dass hier eine wirkliche Erweiterung nötig ist – es reicht wahrscheinlich ein Nebensatz oder so, um zu zeigen, dass Echsen und Menschen nicht nur die selbe Welt bewohnen sondern sich auch mehr oder weniger gut kennen. Das könnte zum Beispiel bei den Halluzinationen im ersten Teil passieren. Irgendwas wie: „Manchmal sah der andere“ (die angebliche Person) „einem Menschen ähnlich, dann stoppte sie unwillkürlich und hielt den Atem an. Manchmal vernahm sie auch nur eine Stimme, ein Murmeln, so unklar, dass sie nicht sagen konnte, ob sie einer Echse oder einem Menschen gehörte.“

Zur Aussage: In dem Moment, wo die Echsin beide Seiten erlebt und in beiden Szenen der offenbar selbe Greygoar eine Rolle spielt, geht es über die pure „Gewalt überall“-Info hinaus. Aber es ist trotzdem ok – da würde ich nichts dran machen.
Nicht ganz so glücklich bin ich nach wie vor darüber, dass es keinen Hinweis gibt, wieso Greygoar wieder auferstanden ist, ob er‘s überhaupt ist, wieso sich die Geschichte wiederholt (und dabei modifiziert wird) oder ob es eine neue (mehr oder weniger zufällig ähnliche) Geschichte ist. Vielleicht ist das Mädchen der Schlüssel – wie? Erst das macht m.E. aus diesen Szenen eine in sich geschlossene Geschichte.

Das Wort „dösig“ kommt bei mir von „dösen“ . Beides kenne ich nur in dem Sinne, wie es auch im Duden steht: dösen = wachend träumen; halb schlafend; unaufmerksam vor sich hinstarren / dösig = schläfrig, stumpfsinnig.
Es hat also nichts mit „dumm“ zu tun und steht – wenn man es als Charakter-Beschreibung verwendet – dem Begriff „Jähzorn“ genau entgegen.


Was den Satz mit dem Reisetempo angeht – dazu eine Grundregel, die man nie (jedenfalls nicht „aus Versehen“) brechen sollte: „Ein Gedanke/Fakt = ein Satz“ (was Satzketten bei Gedanken/Fakten-Ketten einschließt).
Zwischen „Reisetempo“ und „Begegnung“ liegt auf jeden Fall noch ein (logischer) Zwischen-Schritt. Ein wesentlicher sogar, denn er ist unterschiedlich je nachdem, was wirklich passiert: Wenn es reale Begegnungen sind (wie Echsin vermutet), dann lautet der Zwischenschritt „Weil sie schneller reist, kommt sie schneller in eine belebtere Gegend/trifft sie häufiger auf die eigentlich seltenen Reisenden“. Wenn es Hallus sind (was der Leser später{!} erfährt), lautete der Zwischenschritt „Weil sie schneller wird, steigt die Anstrengung und das wiederrum trübt ihre Wahrnehmung / lässt sie Hallus sehen.“
Wenn du also schreibst: „Sie erhöhte das Reisetempo und sah nun häufig Reisende.“ dann stellt das (durch das „und“) eine quasi-kausale Verknüpfung zwischen den Satzteilen her. (Das ist zwar rein formal nicht logisch weil „und“ primär kein Kausalität anzeigendes Wort ist – es funktioniert trotzdem so, weil die beiden Fakten sich nicht in der „selben Ebene bewegen“, so dass man das „und“ nicht als „Aufzählungs-und“ sondern als „Fortführungs-und“ wahrnimmt.) Man sucht nun also nach der Kausalität und merkt, dass das Zwischenglied fehlt. Der Leser könnte den Eindruck gewinnen, du willst ihn hinters Licht führen, indem du ihm wichtige Sachen verheimlichst. (Sowas darf man zwar unter Umständen tun, aber der Leser darf es nicht merken. Besser ist natürlich immer, man sagt das Wichtige, verpackt es aber so, dass es dem Leser nicht als wichtig auffällt. Aber das nur am Rande.)
Wenn du aber schreibst: „Sie erhöhte das Reisetempo. Sie begegnete jetzt öfter Leuten.“ dann sind das zwei isolierte Feststellungen (,wie sie sie auch der Echsin bewusst sind), die – so scheint es zunächst – „nichts“ miteinander zu tun haben; dann bringt die Info, dass es Halluzinationen sind, einen Aha!-Effekt beim Leser, der jetzt plötzlich etwas weiß, was nicht da stand (und was die Heldin auch nicht weiß, was wiederum in diesem Text ein sehr starkes Wirkungsmoment darstellt) – solche „kleinen Entdeckungen“ erfrischen beim Lesen.

Dies ist übrigens der selbe Effekt wie bei
„Sie versuchte, sich aufzusetzen. "Nix!", sagte jemand und klatschte mit irgendwas vor ihre Brust, so dass sie zurückfiel. [blue]Sie stöhnte, aber zu mehr war sie nicht fähig.[/blue]“
Der Zwischenschritt zwischen „Sie stöhnte“ und „aber zu mehr war sie nicht fähig“ ist: „sie versuchte noch was anderes“. Dieser Versuch ist ein anderer als der vorher: Der Versuch vorher wird durch das „Klatschen“ vereitelt (und ist damit erledigt, der Leser hakt ihn als gescheitert ab) – dieser hier scheitert einfach nur am „Unvermögen“.
In Wirklichkeit besteht die Kausalität gar nicht zwischen „Sie stöhnte“ und „aber zu mehr war sie nicht fähig“, sondern zwischen dem was fehlt und „aber zu mehr war sie nicht fähig“. Denn eigentlich ist „Sie stöhnte“ ein Fakt und „was anderes konnte sie nicht mehr“ ein anderer Fakt. (Stünde da: „Sie konnte nichts außer stöhnen, also tat sie das.“ wäre es eine „echt kausale Kette“).
In diesem Beispiel hängt die Kausalität am „aber“ (so wie oben am „und“) – mit ihm wird es eine Gedankenkette (in der allerdings das erste Kausal-Glied fehlt {der erste Teilsatz ist ja nicht Teil der Kausalität!}), ohne das „aber“ sind es einfach zwei Fakten. Dass kein Punkt zwischen ihnen steht ist vor allem eine Klang-Frage – man liest es anders (vor), wenn ein Komma steht (ein Punkt würde den Satz „zu mehr war sie nicht fähig“ gewichtiger machen.) – die auch mit der Ebene der beiden Fakten zusammenhängt (hier geht es beidemal um etwas was, sie in „jetzt tut“ bzw. „jetzt nicht tut“, im anderen Beispiel ist der eine Fakt etwas, was sie „jetzt tut“ und der andere Fakt etwas, was sie „danach erlebt“).
…uff, ich hoffe, ich hab es verständlich aufgedröselt. Ich habe es selten so detailiert untersucht, sondern meist „aus dem Bauch“ heraus entschieden.


Vordringen – Wenn jemand sagte „Der Laut dringt zu mir vor.“ hört man automatisch mit, dass dieser jemand „vorn“ ist oder sich als „vorn“ definiert (weil er sich so wichtig nimmt). Probier es aus: „Der Saal war voller Leute. Jemand sprach. Doch es drang nicht bis zu mir / Doch es drang nicht bis zu mir vor / Doch es drang nicht bis zu mir hinter, weil durch die offenen Fenster unerträglichr Straßenlärm quoll.“
Es geht also im Text nicht darum, den Ort an sich näher zu beschreiben, sondern den Ort der Echsin in Bezug auf die anderen – Wertung inklusive. Wenn du schreibst „Das Gespräch verstummte, aber lautes Lachen drang zu ihr vor.“ dann heißt das, dass die Echsin (durch ihre Augen sieht man die Geschichte ja), die Quelle des Lachens „hinten“ lokalisiert – hinten am Waldrand, hinten in der Höhle, hinter einem Stein oder Zelt… – und sie „vorn“ an exponierter Stelle ist – vorn am Feuer, vorn am Eingang, vor dem Zelt… Ich hatte aber eher den Eindruck, sie sei „hinten“ (in einer Ecke der Behausung, in einer Höhle… jedefalls aus dem Blickfeld der „Sieger“, wo Gefangene ja meistens sind).

„Ja, ich denke, ich sollte vermutlich überhaupt mehr zeigen als erzählen…“
Prinzipiell ja, aber… (1)
…dabei den Blickwinkel nicht vergessen – die Echsin muss einen Grund haben, die Gesten so wahrzunehmen, dass es der Rede wert ist. Sie könnte den großen Gesten ausweichen müssen, sie könnte – als das Mädchen eine Bewegung macht, um auf die Fesseln zu zeigen – reflexhaft einen Angriff vermuten…
(1)Die eigentliche Regel lautet: „Zeigen, nicht sagen“ Wobei zeigen nicht nur das „echt Optische“ umfasst sondern auch das, was im Helden vorgeht, worauf er achtet etc. Hinweis 1: Was „gesagt“ und was „gezeigt“ ist, lässt sich immer nur in kokreten Zusammenhängen darstellen. Hinweis 2: Ganz ohne „Gesagtes“ kommt man nicht aus – insbesondere Infos aus der „Vorgeschichte“ kann man schlecht „zeigen“.


Entschuldige, dass ich mich wieder nicht zügeln konnte und alles so aufgedröselt habe. Es war auch ein wenig für mich – so zu sagen die logische Begründung für eine Bauentscheidung.
 
So!

Ich habe die Geschichte jetzt umgeschrieben, eine Art Einleitung hinzugefügt und auch den Ablauf etwas deutlicher zu machen versucht (dass der Mittelteil die "Vision" der Echse ist nämlich). Ich hoffe, sie kommt jetzt besser rüber und ich habe nicht alles voller neuer Fehler gehauen :)

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Niemals ist es still im Sumpf der Aquadil. Während man von Norden das Tosen der Wellen des Ewigen Meeres vernehmen kann, sorgt eine Vielzahl von Pflanzen und Tieren im Sumpf für eine nie gleich klingende Geräuschkulisse, tagein, tagaus. Vor allem im Westen kann man oft den Eindruck gewinnen, Schritte unter dem Erdreich zu fühlen, manchmal einen Hammer schlagen zu hören, doch nur selten begegnet wirklich ein Aquadil einem Trupp der Madris, jenen bleichen zwergenhaften Kreaturen, die unter dem Erdreich leben und stetig ihre Clans zu vergrößern suchen. Diese wenigen Begegnungen jedoch verlaufen tödlich für die meisten Anwesenden.
Seit der Katastrophe vor hunderten von Jahren ist das Leben auf dem letzten bewohnbaren Fleck Land der einstigen Erde hart geworden. Mutationen haben im Lauf der Zeit neue Rassen geschaffen und noch immer vermögen es einige Gestalten, durch besonders groteske Veränderungen ihrer Körper zu erschrecken. Die Herrschaft der einstigen Menschen besteht nicht mehr, vielmehr sind es nun vier weitere Rassen, gegen die sie um ihre Existenz kämpfen – gegen die anderen und manchmal auch gegen einander. Moral, Tugenden und echte Werte sind heute verloren, niemand erinnert sich mehr so recht an die Geschichten von einst oder vermag noch die Sprache zu entziffern, die in Bücher gedruckt, von Hand geschrieben oder in Metall gegossen wurde.
Kalt sind die Herzen und Seelen der letzten intelligenten Lebensformen auf diesem einst so vor Leben blühenden blauen Planeten. Heute nennen sie es Letztland.

Die Aquadil verzog keine Mine. Aber auch, wenn sie das gewollt hätte, hätte sie es nicht gekonnt. Das einzige Mittel, mimisch ihre Gefühle zu äußern lag darin, hektisch mit der Zunge über die Zahnreihen zu fahren und das wiederum sagte bei ihr gar nichts aus, weil sie es nahezu permanent tat. Einige würden es als seltsam ansehen, aber bei ihrem Stamm war es mehr als nur eine Unsitte, es war selbst für eine Echsenartige eine hochgradig dämliche Marotte. Wo sie auch hockte oder lief, verrieten sie ihre schmatzenden Geräusche schon von weitem.
Einzig ihr Jähzorn war es, dem sie ihr bisheriges Leben verdankte. Wer so wütend werden konnte, der könnte überleben, aus dem könnte noch was werden. Aus ihr wurde aber schlichtweg gar nichts als eine hektische Erscheinung ihrer Art, die durch die Gegend schmatzte und dümmer wirkte als der gesamte Stamm zusammen.
Die Aquadil dumm zu nennen, war eigentlich eine falsche Schlussfolgerung. Zwar ähnelten sie mehr den Tieren als menschlichen Lebewesen mit ihren geschuppten Körpern, ihrer leicht nach vorn gebeugten Gangart, ihrem langen Schwanz und den Köpfen, die an Haie erinnerten, zwar lebten sie archaisch inmitten der Sümpfe und lebten geleitet von Schamanen mit sonderbaren Ritualen, doch diese Rituale waren ihnen heilig.
Wer sich dort beweisen konnte, der bekam seinen Platz in der Gemeinschaft zugewiesen, wer nicht, der verlor jedwedes Anrecht auf irgendwas, selbst das Recht zu atmen.
Die junge nervöse Aquadil wusste, dass ihre Zeit sehr nahe war. Sie war sich nicht ganz sicher, weil sie oft vergessen hatte, die Mondphasen zu zählen, aber irgendwann demnächst würden sie sie mit den Trommeln wecken, sie packen und prüfen. Dass sie zu denen gehörte, die bei dieser Geschichte das Zeitliche segnen würden, das stand selbst für sie außer Frage. Sie musste weg. Statt sich um die Bloikuu-Larven der Zucht zu kümmern, die ihren Stamm nährte, war sie also einfach losgestapft.
Eine Rast war längst überfällig, aber sie war sich nicht sicher, ob sie nicht zu viel Schilf auf ihrem Weg gebrochen hatte, nicht zu oft Spuren hinterlassen hatte.
Tage vergingen, Wochen verstrichen. Sie war noch immer niemandem begegnet, aber ihre Reserven waren mehr als erschöpft. Würde sie nicht bald wieder ein Sumpfgebiet oder ähnliches finden, würde sie vor demselben Problem stehen, vor dem sie geflohen war: sie würde sterben.
Nachdem ihr diese Erkenntnis gekommen war, hatte sie ihre Geschwindigkeit wieder erhöht und immer häufiger traf sie Reisende auf dem Weg. Sie alle waren aber wohl Zauberer, denn sobald sie nahe genug heran war, verschwanden sie in einem Gewaber aus Luft. Dass sie halluzinierte, begriff sie nicht. Sie verstand nicht, dass all diese Reisenden nur ihrer Einbildung entsprungen, ein verzweifeltes Zeichen ihres ausgedörrten Körpers darstellten, ihr seinen Mangel an Flüssigkeit, Ruhe und dem Schutz vor der sengenden Hitze mitzuteilen. Sie begriff es auch nicht, als ihr Häuptling vor ihr stand und meinte, sie habe das Ritual bestanden und könne schlafen, jetzt, wo es um sie dunkel wurde.

Als sie wieder erwachte, lag sie auf dem Rücken und ihre ersten Anstrengungen, sich zu bewegen, trugen keine Früchte, sie war zu schwach. Ein Feuer knisterte nahe rechts von ihr und seine Hitze erinnerte sie wieder an den unbändigen Durst, den sie verspürte.
Sie versuchte, den Kopf zu drehen, doch etwas Hartes und Rundes wurde gegen ihre Schläfe gepresst und zwang ihren Kopf wieder in die Ausgangslage.
„Stillhalten!“, befahl jemand, doch sie konnte nicht sehen, wer diese Worte sprach. Sein Dialekt war so eigentümlich, dass sie Mühe hatte, die Worte überhaupt richtig zu begreifen. Dunkel erinnerte sie sich, einen der reisenden Aquadil ihres Stammes diesen Dialekt einmal nachgeplappert gehört zu haben, aber sie war sich nicht sicher. Ein Humani?

"Was gibts denn gegen Gulasch zu sagen?", hörte sie plötzlich eine andere Stimme sagen.
"Nix gibts gegen Gulasch zu sagen."
"Ja also!"
"Nee!"
"Wie nee? Ich dachte, wir wären uns jetzt einig?"
"Hab ich nicht gesagt."
"Du hast gesagt, es spricht nichts gegen Gulasch."
"Ja und?"
"Ja, dann machen wir jetzt welches. Ich hab Hunger."
"Ich auch, aber...Nee!"
"Wie nee? Du hast doch gerade gesagt..."

Sie hatte noch nie von Gulasch gehört, aber sie schloss, dass es sich um etwas Essbares zu handelte, denn das Wort Hunger hatte war ihr wohl bekannt. Sie hatte auch Hunger, großen Hunger sogar.
"Gulasch.", murmelte sie und sah sich um. Jede Bewegung schmerzte und sie war kaum fähig, sich zu rühren. Das Gespräch verstummte, aber lautes Lachen drang zu ihr vor. Wer war da nur? Sie versuchte erneut, sich aufzusetzen.
"Nix!", sagte jemand und klatschte mit irgendwas vor ihre Brust, so dass sie zurückfiel. Sie stöhnte, aber zu mehr war sie nicht fähig.
"Gulasch?", schmatzte sie und wieder ertönte dieses Lachen. Wieder wandte sie den Kopf zur Seite und jetzt erkannte sie verschwommen Gestalten dicht am Feuer. Dann wurde es wieder dunkel, nur der Häuptling war nicht da so wie beim letzten Mal, als die das Bewusstsein verlor.

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"Ey!", zischte es. Da wieder: "Ey!"
Sie regte sich vorsichtig, öffnete die Augen. Den Kopf wollte sie nicht wieder wenden, sie hatte Angst vor dem Schmerz, an den sie sich vage erinnerte. Etwas Hartes und Rundes war da gewesen...
"Ah, lebst ja doch noch. Dacht´ ich mir.", flüsterte es und mit einem Mal klappte jemand ihren Unterkiefer runter. Sie wollte sich wehren, nicht tatenlos zulassen, was die Stimme da auch immer wollte, aber dann spürte sie es in der Kehle: Wasser! Wie aus der Hölle kriechend schluckte sie das Nass hinunter, öffnete das Maul, wieder und wieder.
"Mann, du säufst ja wie ein Pferd!", raunte die Stimme mit unverhohlener Bewunderung. "Hör zu, ich mach dich los, wenn du dich benimmst, aber du darfst keine Faxen machen und musst dich nachher auch wieder anbinden lassen, klar?"
Sie verstand nur die Hälfte, aber sie erkannte, dass diese Stimme viel jünger war als die zuvor, die ihr befohlen hatte, still zu halten. Der Dialekt war derselbe, aber er klang diesmal viel freundlicher. Sie nickte.
Jemand ergriff ihre linke Hand und hob sie an, sie konnte sich also wieder bewegen, sie war nicht mehr angebunden? Sie versuchte es mit der rechten Hand, mit den Füßen....und setzte sich langsam auf. Sie erkannte, wer ihr da geholfen hatte, ein Humani, weiblich, ein ganz kleines Exemplar.
"Hast du Hunger?", fragte sie sie.
"Gulasch?", antwortete sie sofort und das Mädchen lachte.
"Mann, kannst du überhaupt sprechen oder was? Du hast das gar nicht geschnallt mit dem Gulasch, oder? DU bist das Gulasch!"
"Gulasch?", fragte sie erstaunt und schüttelte energisch den Kopf.
"Naja, wie auch immer, ich mach dir einen Vorschlag: Ich komm jeden Tag zwei Mal her und sehe zu, was ich für dich mitbringen kann, damit es dir besser geht. Ich mach´ dich dann auch los immer, aber bis du wieder völlig okay bist, mach ich dich auch wieder fest später. Aber du musst aufpassen, dass Greygoar nicht merkt, dass du wieder auf die Füße kommst, verstehst du?"
Einen Augenblick lang schaute die Aquadil fragend, dann kam es über ihre nicht vorhandenen Lippen: "Warum?"
Das Mädchen zuckte die Schultern.
"Greygoar ist´n Arsch. Der macht hier den großen Macker und letztlich kümmert es ihn doch einen Scheiß, wie´s uns geht. Ich hab gehört, die von deiner Sorte sind so richtig stark, oder? Also wenn du wieder klar bist, dann zeigste dem mal, wer richtig gut ist und setzt ihn außer Gefecht. Das traut sich hier keiner, aber du bist stark genug. Wenn du gewinnst, kannst du soviel Wasser haben, wie du willst und gehen und wir haben unsere Ruhe. Wenn du cool bist, kannste vielleicht auch bleiben, mal sehen, was die anderen dann so meinen. Wenn nicht, hast eh nix verloren - wir aber auch nicht. Kapierste das?"
Die Aquadil fühlte sich noch immer kraftlos, noch immer verstand sie nur die Hälfte, aber die Humani schon bei dem Wort Greygoar die Unterlippe vor und fletschte ein wenig die Zähne, so dass die Echsenartige sich denken konnte, dass es sich um ein Wesen handelte, ein gefährliches Wesen in der Nähe scheinbar. Das folgende Ballen der Fäuste mit den leicht hüpfenden Füßen dazu erkannte sie rasch als eine Kampfart. Sie sollte kämpfen? Die Aquadil schien einen Augenblick nachzudenken, dann nickte sie zustimmend.

Das Mädchen kam wirklich jeden Tag. Anfangs hatte die Echsenartige gedacht, dass sie die Humani doch falsch verstanden hätte, denn niemand kam zum Kämpfen und das Mädchen band die auch am Ende ihrer Besuche jedes Mal wieder fest, doch dieses Menschenkind war geduldiger, als man hätte glauben mögen. Sie schien große Hoffnungen in die Aquadil zu setzen und mit jedem Tag wuchs deren Bestreben, diese auch zu erfüllen, um ihrer Dankbarkeit Ausdruck zu verleihen.

Die Zeit verging und die Aquadil wurde immer kräftiger. Eines Tages dann war es wohl soweit. Das Mädchen hatte einen Spieß an ihrem Lager gelassen und ihr die Fesseln nur umgelegt, nicht aber festgebunden. Wie alle paar Tage kam Greygoar an ihr Lager, um sie zu piesacken.
"Na, immer noch Bock auf Gulasch, olle Echse?", grinste er ihr ins Gesicht. "Scheint dir ja gut zu bekommen, der Urlaub bei uns. Wenn du noch nen bisschen länger bleibst, lohnt sich das Gulasch wenigstens, hrhrhr."
Sie regte sich nicht. Erst, als er in der Hocke hinter sich sah, um dort nach etwas zu greifen, reagierte sie. Mit einem Griff hatte sie den Spieß in der Hand und sprang auf. Noch im Sprung hieb sie ihn in die Seite und Greygoar kippte um.
"Jetzt mal wollen gucken, wo haben besser Gulasch!", rief sie wütend und stach den Spieß in seinen Oberschenkel. Er schrie und griff an sein Bein, aber da hatte sie den Spieß schon genüsslich umgedreht und mit seinen Widerhaken einen Fetzen Fleisch aus Greygoar gerissen.
"Hüfte auch gut!", kündigte sie an und riss ihm im selben Augenblick ein Stück aus selbiger.
"Oder du mögen gut gewachsenes Schulterstück?", lautete ihre nächste Frage und sie stach zu.
Ihr Spiel war brutal und Stück für Stück nahm sie ihn buchstäblich auseinander und häufte sein Fleisch neben sich auf. Die Lache seines eigenen Blutes um Greygoar herum wurde immer größer und irgendwann verstummte sein Schreien und wich einem Röcheln. Lange hätte er ihr Spiel nicht mehr aushalten können, als sie eine Arterie traf. Hellrotes Blut schoss aus seiner Leiste und verfärbte das Lager, auf dem sie so lange Zeit gelegen hatte, das Holz der Wände rundum. Es dauerte nicht einmal mehr eine Minute und Greygoar war still und würde auch nie wieder etwas anderes sein als das.
Mit strahlendem Gesicht löste sich das Mädchen aus einer Nische, aus der sie das Schauspiel betrachtet hatte.
"Willkommen zu Hause!"

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Die Männer am Feuer hatten ihr Glück kaum fassen können, als ihnen die fast ausgetrocknete Aquadil inmitten der Wüste entgegen getorkelt kam. Es war ein Leichtes gewesen, sie zu überwältigen und trotz der Hitze sammelte sich reichlich Speichel in ihren Mündern, als sie die Echsenartige mit der Aussicht auf ein mehr als reichliches Gelage in ihr Lager schleppten, das Feuer entfachten, das sie vor den Biestern in der Wüste schützen sollte und die Aquadil festbanden.
Augenscheinlich waren es drei Freunde, die ausgelassen ihre erste Mahlzeit seit Tagen vorbereiteten, doch tatsächlich gab es schon länger Spannungen zwischen den Männern.

„Das Vieh ist wieder im Reich der Träume.“, kommentierte der grobschlächtige Mann, dessen Gesicht von schwarzen Geschwülsten entstellt und teilweise zersetzt war.
„Gut so. Schütt ihr noch einen Eimer Wasser drüber, Cox.“, nickte der junge Bursche, der eine erstaunlich gepflegte Erscheinung im Vergleich zu seinem Freund bot.
"Wieso das denn? Hömma, wir haben da nicht unendlich viel von!", protestierte Cox.
"Weiß ich, aber das macht zartes Fleisch - oder willst du lieber auf Leder rumkauen?"
"Nee..."
"Ja also!"
Cox murrte, füllte dann jedoch Wasser aus verschiedenen Flaschen in einen kleinen Eimer und kippte es der Echse über den Körper.
Der Dritte kam scheinbar angetrunken heran und warf einen Blick auf die ohnmächtige Beute.
"Na, was macht unser Gulasch?", fragte er.
"Alles klar, Greygoar, geh pennen, wir wecken dich dann schon."
"Gute Idee. Ich geh schlafen und ihr macht die Arbeit, wie sich das gehört.", lachte Greygoar auf und entfernte sich mit schallendem Lachen.
"Ey!", zischte Cox seinem Kollegen zu. "Ey, Birn! Hör zu, wir machen es wie besprochen, oder?"
Der junge Bursche nickte und grinste.
"Noch ein bisschen, bis er richtig weggeratzt ist, und dann gehst du rüber und schlitzt ihn auf. Greygoar ist´n Arsch. Der macht hier den großen Macker und letztlich kümmert es ihn doch einen Scheiß, wie´s uns geht. Außerdem hortet er alles nur für sich. Wenn er hinüber ist, dann teilen wir das Zeug ordentlich auf und dann essen wir erstmal, oder?", murmelte Cox.
Birn nickte erneut, verzog dann das Gesicht zu einem grimmigen Ausdruck und schimpfte:
„Mann, überleg mal, was wir uns angestrengt haben! Vor allem im letzten Dorf. Fast hätte der alte Sprecher von denen uns am Kragen gehabt, war echt knapp. Und während wir uns den Arsch abrackern, alle in Schuss zu halten und deren Habe einzusacken, vergnügt der Penner sich lediglich mit einer dieser Dorfschlampen.“
„Und dann sackt er einfach alles ein, regt mich voll auf. Wenn wir es nicht tun, dann tauscht er alles bei nächster Gelegenheit gegen seinen Fusel ein und wir gucken wieder dumm aus der Wäsche. Ich hab echt keinen Bock, ewig so zu vegetieren, ich will mich mal irgendwann zur Ruhe setzen können, du nicht?“, unterstützte ihn Cox.
Birn zuckte die Schultern.
„Ach, keine Ahnung. Zu gewinnen oder verlieren haben wir eh nicht viel, oder?“
Er schwieg einen Moment, dann sah er Cox fragend an.
„Meinst du, es ist soweit?“
Cox machte eine wegwerfende Handbewegung.
„Ach, sicher doch. Hau rein!“

Der junge Kerl griff nach dem Messer in seinem Gürtel, zog es hervor, spiegelte sich im Schein des Feuers einen unschlüssigen Augenblick lang darin, dann schlich er zum Schlafplatz von Greygoar. Als er nahe genug heran war, hörte er ihn bereits schnarchen.
Kalt sah er auf den Gefährten herab, dann sprang er mit einem Satz über ihn und setzte die Klinge an seinen Hals.

Kurze Zeit später kehrte er zu Cox zurück und hielt die nun blutige Klinge triumphierend in die Luft.
"Mann, hast du gesehen, wie das gespritzt hat? Ich wusste gar nicht, dass das spritzt. Ich dachte immer, das läuft langsam am Hals runter oder so.", rief er begeistert.
"Ja, du hast halt keine Ahnung. Außerdem muss man das schon ordentlich machen. Aber egal. Birn, du bist mein Held! Du hast das Land von einem Idioten befreit und uns beide zugleich reich gemacht. Nachher zählen wir erst mal, was Greygoar noch so alles vor uns versteckt gehalten hat und sortieren das Zeug aus, das zum Tauschen lohnt. Jetzt Gulasch?"
"Jau, jetzt Gulasch.", stimmte der Junge zu, steckte die Klinge blutig, wie sie war, wieder in den Gürtel zurück und rieb sich die Hände.

Cox griff nach dem Spieß mit den Widerhaken und ging auf die Aquadil zu. Ohne jede Regung stach er ihr in die Seite und riss den Spieß fast den Länge nach herunter. Blut sickerte in den Boden, die Echsenartige riss die Augen auf und öffnete das Maul wie zum Schrei, doch kein Laut entfuhr ihr und ihre Augen blickten glasig gen Himmel.
Cox kicherte und stach in ihren Oberschenkel, wo er einen großen Brocken Fleisch herauszog. Er steckte das Fleisch auf einen Stock und schob es ins Feuer.
„Krasse Sache, die lebt immer noch!“, kicherte er weiter. „Ich weiß gar nicht, ob die das mitkriegt, aber die Augen hat sie gerade aufgemacht.“
„Erzähl nicht, ich hör nix.“, polterte Birn.
„Da gibts auch nix zu hören. Das Echsenvieh sieht zwar aus, als würde es schreien, aber da kommt nix. Die Augen sind auch ganz glasig. Vielleicht ist die schon im Delirium oder so was, weiß man ja nicht.“
„Na hoffentlich. Wenn die nämlich Fieber hat oder sowas, dann holen wir uns noch was weg von deren Fleisch. Und wer weiß schon, was man von den Viechern nicht alles so kriegen kann, eh?“, gab Birn zu bedenken und kratzte sich skeptisch am Kopf.
„Ach Hulle, Birn. Jetzt verdirb mir nicht den Appetit. Wirst schon sehen, wie lecker das wird.“, meinte Cox nur und drehte sich wieder zurück zu seinem mittlerweile schwer atmenden Essen.
Er steckte den Spieß tief in die Schulter der Aquadil, um noch einige Stöcke heran zu holen, auf die die nächsten Fleischbrocken zu stecken waren, dann riss er hier und dort ein wenig Fleisch aus seinem Opfer, um später von allem ein bisschen probieren zu können.
Die Echse lag noch immer da wie in Trance. Erst, als er mit dem Spieß die Arterie ihrer Leiste traf, wich das letzte Leben sichtbar aus der Aquadil und mit einem letzten Atemzug, der einem Seufzer glich, hauchte sie ihr Leben aus.
„Das ist so was von geil zart, Cox! Komm, probier auch erstmal was davon!“, schmatzte Birn begeistert.
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Hallo Tanja,

das gefällt mir von der Struktur her besser, vor allem der Anfang ist "runder". Die Aufhebung der Szenen-Parallelität bzw. ihre nun deutlich(er) sichtbare Begründung hat dem Plot gut getan.
Das mit dem dazu gewählten Perspektivwechsel auch etwas von der Intensität des Originals verloren gegangen ist, lässt sich sicher noch beheben – wenn mit ausreichend Abstand diese Szene noch mal gestrafft wird. Ich würde das Ganze aber jetzt erstmal so liegen lassen, ich denke, wenn du in ein paar Wochen oder gar Monaten mal wieder "drüber stolperst" und es "unbelastet" noch mal liest, werden sich Straffungen oder Korrekturen von selbst ergeben…
 



 
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