Gute Werbung

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klaatu

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Gute Werbung

Neulich stand ich wieder mal - mit weit geöffnetem Mund - in der Gegend rum. Ganz einfach, weil ich mich selbst, die Welt und das alles nicht mehr fassen konnte. Da ging ein junger Mann, der Werbezettel verteilte, an mir vorbei und drückte mir einen der Flyer in die Hand. Er sah mich an und spuckte mir grinsend ins geöffnete Maul. Ich schrie angewidert auf und schubste ihn von mir. Er lachte: „Aber es schmeckt Ihnen doch!“
Ich schluckte. Und verdammt, er hatte recht.
 

Vagant

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Klaatu,
das ist hier wie Bukowski ohne Zeilenumbruch. Allerdings einer von diesen ganz miesen Bukowskis. Eins von denen, bei denen ich mich immer frage: was zum Teufel soll das nun schon wieder?
Da ich aber einer der wenigen Verrückten bin, die sich 3 Jahrzehnte nach dem eigentlichem Bukboom noch das ganze nachveröffentlichte Zeug von Hank bestellt haben - die Briefe, Tagebücher, die unveröffentlichten Storys, die Essays - nun als fette Hardcoverserie in 5 Bänden, jeder für sich ansprechend illustriert und mit dem Prädikat 'moderne Weltliteratur' versehen, werde ich wohl auch bei dir immer mal wieder reinlesen. Vielleicht ist ja mal etwas dabei. Dies hier war's nicht, soviel kann ich schon mal sagen.
Weißt du, was ich denke: Wir können uns da so lange abstrampeln wie wir wollen, aber diese Bukmasche nimmt man Leuten wie uns heute einfach nicht mehr ab. Da fehlt einfach diese Einheit von Autor und Werk, das, was man Authentizität nennt. Bukowski hatte die ja, der Fauser vielleicht noch, obwohl?, nein, nicht vielleicht, der Fauser hatte es verdammt nochmal auch; aber wir?
Ne, sag ich da nur.
Also kurz und knapp: Ich würde versuchen, diesen lakonischen Belanglosigkeiten mehr Inhalt und Sinn zu geben und die Sachen dann erzählerischer gestalten. Vielleicht eine längere Form.
Vagant.
 

klaatu

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Hallo Vagant,

ich weiß, diesen Satz haben schon viele Hobbyschreiberlinge vor sich hin gestöhnt, aber ich muss es jetzt auch mal rauslassen: Ich fühle mich manchmal einfach nicht verstanden… Seit einiger Zeit schreibe ich bewusst kurze Prosatexte, die eine – anscheinend alltägliche – Begebenheit beschreiben, hinter der aber eine Art Allegorie steckt. Anscheinend reichen meine schriftstellerischen Fähigkeiten aber nicht aus, das auch beim Leser ankommen zu lassen. Wie in deiner Kritik auch, lese ich dann öfter Sachen wie „lakonische Belanglosigkeit“, wo ich mir denke: Nein. Ich habe mir viele Gedanken darüber gemacht. Ich habe versucht, etwas was mich sehr beschäftigt hat, in eine möglichst kurze Erzählung umzuwandeln und nicht irgendeine „Badass-Bukowski-Kopie“ abzuliefern. Hätte ich das vor, denke ich, würde ich das um einiges besser hinbekommen. Der Text soll nicht authentisch sein, keine „Bukmasche“ (die hab ich ehrlich gesagt Bukowski schon nur halb abgenommen) und auch keine realistische Nacherzählung. Ich hoffe in meinen anderen Texten kommt das besser durch. Vielleicht lag es hier an der Ich-Perspektive… Trotzdem danke, dass du dir die Mühe gemacht hast zu kommentieren.
 

Vagant

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Klaatu,
als Allegorie kann sich da ja nun jeder aussuchen was ihm gerade in den Sinn kommt.
Kapitalismuskritik vielleicht. Man weiß, dass das Wachstumsprinzip uns irgendwann umbringen wird, die ungebremste Globalisierung mehr Armut als Reichtum generiert, das Geld nicht wirkliche Werte schafft; kurz und gut, er, der Kapitalismus, ist nicht meins - und trotzdem: noch schmeckt er uns ja verdammt gut.
Vielleicht die Flüchtlingspolitik: scheiß Türkeideal, unverantwortliche Abschiebung, etc - aber: trotz eines schalen Beigeschmacks lässt sich hier ganz gut damit leben.
Nun könnte man den Text noch in zig verschiedenen Bedeutungen deuten - grad so, wie's einen beliebt, aber für mich wird es dann einfach nur schnell beliebig.
Aber es wird Leser geben, die genau diese Art Verschlüsselung einfordern, und Gefallen an einem Deutungsgefecht mit dem Autor haben.
Also warten wir mal ab, wer sich da noch findet. Ich war da wohl der falsche Leser.
LG. Vagant.
 



 
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