Lieber sufnus,
ich bin dir wirklich sehr dankbar für die Energie, die du an diese althergebrachte Form "verschwendest", die hier üblicherweise nur ein müdes Lächeln hervorruft und bestenfalls noch eine Übungsaufgabe für den Dichternachwuchs stellt.
Nach etlichen Konjunkturzyklen ist die Rentnerbeschäftigung "Limerick" mittlerweile auf das Kreuzworträtselniveau einer tolerierten, zumeist aber beschwiegenen Wortkunst herabgesunken. Dabei hält diese Disziplin auch für erfahrene Experten noch einige Überraschungen bereit.
Aus diesem Grund habe ich einen Griff in meine Archivkiste gewagt und einen Limerick geangelt, der zumindest in seiner Form dem geforderten Muster entspricht und für neue und alte Interessierte einen Anreiz zu eigenem Schaffen geben könnte. Das gilt auch für den Gebrauch von Inhalten, deren ethisch-moralische Brisanz empfindsameren Seelen eine Triggerwarnung erwarten ließe. Doch wer Limericks liest, ist selbst schuld und braucht auch keine zusätzlichen Anreize wie: "Der nachfolgende Text könnte empfindsamere Leser verletzen oder verstören. Zu Risiken oder Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Therapeuten."
Nun ja, das heikelste und oft nicht erfüllte Gebot des Limericks bleibt der Überraschungshumor, der sich auf die Schlusspointe konzentriert. Und der ist in diesem Fall - zugegeben - recht mager. Ein abgedroschenes Thema, selbst mit einem Kalauer aufgepeppt, macht noch keinen großartigen Witz.
Wer allerdings sich etwas eingehender mit der Geschichte der Limericks beschäftigt, wird feststellen, dass sich der Humor in dieser Form seit Edward Lears Zeiten, (Mitte 19.Jh) immer wieder gewandelt hat: Vom Unsinnigen zum Skurrilen, Hintersinnigen, Satirischen, Sarkastischen und auch Kalauerhaften.
Insofern halte ich eine Satire über den geilen Priester zwar etwas klischeebehaftet, es fehlt damit das Überraschungsmoment eines echten Witzes.
ABER: Die politische Dimension der Kirchenkritik ist auch nicht zu verachten. Eine Definition für Humor lautet bekanntlich: Lach doch, wenn du kannst.

Und angesichts der fortwährenden Nachrichten zu diesem Missbrauchsthema kann einem das Lachen schon mal im Halse stecken bleiben. Auch das lässt sich gut in einen Limerick kleiden, es muss auch hier nicht immer der Schenkelklopfer oder die Kicherarie sein.
Bemerkenswert an diesem Limerick ist, wie ich finde, dass in wenigen Worten sogar mehr als eine kleine Geschichte erzählt wird. Denn die Pointe zielt hier nicht auf den Fummelpriester, sondern auf seinen Vorgesetzten und damit auf die traditionellen Vertuschungsstrategien seiner Kirche. Darin, dass sich die Wehrenden den Vorwurf als "Abweichler" einhandeln, zeigt sich das wahre Antlitz dieser Institution. Insofern ist der Begriff der "Protestanten" hier weit mehr als nur ein alter Kalauer von Gymnasiasten. Er zeigt zugleich die historischen Bezüge wie auch die Denkungsart ihrer Vertreter. Wem das nicht lustig genug ist, dem kann ich auch nicht helfen. Wie gesagt, ist alles auch eine Frage des eigenen Humors ...
Gern geantwortet.
Grüße
JB