Häusle baue

flammarion

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Häusle baue

Als Irene auf die Welt kam, war sie sehr klein und fühlte sich völlig hilflos. Sie war die Jüngste und weder die Eltern noch die Geschwister kümmerten sich um sie, von den anderen Verwandten ganz zu schweigen. Irene weinte: „Was soll ich denn nur machen?“
Da sagte eine fette Made zu ihr: „Immer feste futtern! Du bist so ne süße kleine Schnecke. Feste futtern, dann wirst du groß und stark.“
Irene blickte fragend zu ihrer Verwandtschaft und sah, dass sie alle, aber auch alle! mit fressen beschäftigt waren. Nun biss auch sie herzhaft von dem saftigen grünen Blatt ab.
Aber sie hörte nicht auf, ihre Eltern und Geschwister zu beobachten und tat ihnen alles nach. Bald merkte sie, dass sie ein kleines Stück gewachsen war. Nun sah sie, dass ihre Eltern große Häuser auf ihren Rücken trugen. So ein schönes großes Haus wollte sie auch haben!
„Ganz einfach“, sagte der Vater, „das wächst von allein.“
„Ja“, bestätigte die Mutter. „Futtere nur tüchtig, dann wächst es.“
Irene fraß drauflos wie eine siebenköpfige Raupe und war bald größer als ihre Geschwister. Die sahen sich alle recht ähnlich, auch ihre Häuser. Irene aber wollte in allem etwas Besonderes sein. Sie wollte, dass ihr Haus das größte und schönste wird. Aber wie konnte sie das erreichen? Schnecken können ja so schlecht Hand an sich legen!
Sie überlegte hin und her und zergrübelte ihr Hirn. Dabei zog sie sich ständig zusammen und dehnte sich wieder aus. Die anderen Schnecken wurden aufmerksam und fragten, was das soll? Irene erwiderte: „Ich baue an meinem Haus!“ Da wurde sie ausgelacht.
Sie fuhr fort in ihrem Tun, vergaß aber dabei das Futtern nicht. Etliche Monate lebte sie so in ständiger Bewegung und Fressgier.
Eines Tages hob ein Spaziergänger sie auf und verwunderte sich: „Was hat diese Schnecke für ein seltsames Haus? Oben spitz, anstatt rund und an den Seiten lauter Beulen? So etwas habe ich ja noch nie gesehen!“
Er brachte die Schnecke ins Naturkunde-Museum. Dort wurde sie von einem Professor gründlich untersucht. Schlussendlich ward festgestellt: Dies ist eine völlig neue Schneckenart. Sie bekommt den Namen „Irene Hochhinaus“.

Juli 2003
 
Hallo, flammarion!

Klingt vielleicht ein bisschen komisch, aber Anfang und Ende gefallen mir nicht recht, doch die Mitte ist toll!

Dass die Schnecke von allen gänzlich ignoriert wird, trotzdem später Kontakte hat (zu den Eltern und immerhin ausgelacht von anderen), mag ich nicht, da soll die Schnecke lieber gleich zumindest oberflächliche Kontakte haben, die eben nicht tiefer gehen können, weil man beim Fressen nicht so innig Freundschaft knüpft oder so ;)

Den Ausspruch "immer feste futtern" finde ich absolut drollig und ist für mich sozusagen das Herz der ganzen Geschichte, wirklich herrlich!

Der Abschluss ist mir für eine Kindergeschichte zu platt und zugleich zu abgefahren. In "Humor" passt es vermutlich ganz gut, aber für eine Kindergeschichte gefällt er mir nicht (zumal eine Schnecke in einem Museum ja in der Regel tot ist und nur das Haus dann dort wäre oder so).

Insgesamt wäre es schön, wenn die Geschichte etwas länger wäre, noch etwas bunter, etwas lebendiger. Prima Ergänzungen wären genauere Schilderungen der einzelnen Häuser, ob die Schnecken schwer an ihnen zu tragen haben, ob die Pflanzen alle gleich oder anders schmecken, ob genug für alle da ist, ob sie in einem Garten oder Wald oder anderswo leben, so Kleinigkeiten wie eine Schneckenschule oder etwas ähnlich nettes eventuell - nur so als Ideen.

Aber ist wirklich goldig und niedlich im Kern, finde ich!

Liebe Grüße,
Tanja
 



 
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