Haiku

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G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
5-7-5 interessiert schon keinen mehr, nun also zum Inhalt:

Haikus - Siebzehnsilbler (!?), die einen sinnlichen Eindruck unschuldiger Frische, eine überraschende Impression präsentieren, streng allgemeinheitsfeindlich, streng konkret, streng "neu"! - - vertragen eines garnicht, nämlich Ironie. Sie mögen kurz sein wie Aphorismen, aber sie müssen rein sein, rein von allen Verstandespointen.
Daß im mainstream dessen, was man für japanische Ästhetik hält, alle "Kirschblüten" gefallen, ist nett, absolut allgemeingültig (!), flat wie ein Blatt, und dann stellst Du ein Bein gemeiner Zweideutigkeit: sie sind nun leider gefallen (schade!) alle, alle, -- ja, pointiertes Wortspiel, aber doch wohl eher ein Scherz als ein Haiku.
War wohl auch als Witz gemeint, jaja, nicht schlecht.
y not.
 

poetix

Mitglied
Hallo Mondnein,
danke für deinen Kommentar. Ich bin bei den Haiku noch Anfänger und für Kritik dankbar. Zunächst: Das 5-7-5-Schema gilt für die deutschen Haiku nicht, da die Silbenlängen im Deutschen länger sind. Es sollten also im Deutschen eher weniger Silben sein. Nun zur Allgemeinheit oder Einzigartigkeit der Aussage: Die Situation ist die, dass man Kirschbäume sieht, einige, vielleicht mehrere, aber nicht alle. Diese haben ihre Blätter verloren, alle, die sie hatten. Es ist eine bestimmte Zahl von Blättern, die man ausrechnen kann, wenn man weiß, wieviel Bäume es sind und wieviele Blätter jeder Baum hatte.
Es ist dies ein Haiku, das die Kirschblüten nicht im Himmel sieht, sondern auf der Erde, gefallen. Ja, das mag für einen Augenblick traurig sein, aber es ist doch auch der Beginn der Reife der Früchte. Mit dieser positiven Perspektive, die sich erst bei näherer Betrachtung der Situation ergibt, ist die Sichtweise keineswegs ironisch. Nein, ein Scherz sollte es nicht sein, ungewöhnlich hoffentlich schon.
Viele Grüße
poetix
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Haku ist nicht todernst. Eigentlich ein kleines lustiges Gedicht. (Vollkommen ist die Übersetzung der alten Definition nicht.)

Ob man die Silbenzahl oder die Länge zum Annähern der Form nimmt, ist zumindest umstritten.
Beides ist möglich und sollte nebeneinander bestehen können.
 
G

Gelöschtes Mitglied 14616

Gast
Dieser Text geht als Haiku durch, ob er nun 5-7-5 aufweist oder nicht.

Fraglich ist meinen Augen die Qualität: was der Text berichtet, das ist geschätzt millionenfach als Haiku aufgezeichnet worden: eine fallende Kirschblüte, auch wenn es die letzte ist. Ein solches Bild, ein solcher Inhalt schreit nach etwas erfrischend Neuem, nach etwas Spritzigem, Humorvollem und Augenzwinkern vielleicht. Doch er bietet nichts Neues und ist mit der letzten Silbe im Gedächtnis des Lesers bereits gestorben. Nix Nachhall!

Das ist aber nur meine persönliche Ansicht ;). Deine Erklärung, lb. poetix, überzeugt mich nun auch gar nicht. Nein, ich kann noch nicht mal ganz folgen. Ein Haiku sollte man nicht erklären oder verteidigen, sondern es als solches stehenlassen. Dann lebt es oder auch nicht. So sehe ich es zumindest.

LG
BeBa
 

poetix

Mitglied
Hallo Bernd,
danke sehr, dass du mir hier Mut machst. Ich persönlich hätte auch nichts dagegen, wenn die Leser meine Texte lustig finden.
Viele Grüße
poetix
 

poetix

Mitglied
Hallo BeBa,
da bedanke ich mich, dass du meinem Text die Bezeichnung Haiku zubilligst. Das ist für mich als Anfänger auf diesem Gebiet schon viel. An der Qualität werde ich wohl noch arbeiten müssen. Schade, dass meine Erklärungen dich nicht überzeugen konnten. Natürlich sollten die Erklärungen nicht die unmittelbare Wirkung des Haiku ersetzen. Es war nur der Versuch einer sachlichen Rechtfertigung gegenüber einer sachlich vorgebrachten Kritik.
Viele Grüße
poetix
 

M. Famusch

Mitglied
Hallo Poetix,
Deine Erklärung von dem Übergang in etwas Neuem, nämlich der Fruchtausbildung nach dem Absterben der Blüte, gibt eine mögliche Deutung und lässt das Banale am Kirschblütenfall (da es unumgänglich ist) etwas schlüssiger erscheinen -

Du könntest es aber auch dann entsprechend noch knapper formulieren:

Kirschbaum grünt
die letzte Blüte fällt

(Oh je, kein Dreizeiler, die Gemeinde schreit auf ... aber doch ein Haiku!)

Sonnige Grüße
M.F.
 
O

orlando

Gast
Ach, ach,
die Kunst liegt im sparsamen Gebrauch von Symbolik und der Andeutung eines Gefühlserlebnissen, verlangt eine innere Haltung, nämlich die, selbst am Naturgeschehen teilnehmen zu wollen, das heißt, das Naturereignis direkt zu erleben und das Erlebte in einer konzentrierten Ausdrucksform zu symbolisieren.
Das Gefühl des Dichters muss (ergo) symbolisch in dieser Darstellung enthalten sein.
Tanako Reizo an den deutschen Haiku-Dichter Günther Klinge.
 

poetix

Mitglied
Hallo M. Famusch,
danke sehr für deinen Kommentar und deinen Vorschlag. Hört sich gut an, ist aber leider kein Haiku, wie du schon bemerkt hast. Daher möchte ich ihn unter der Überschrift Haiku hier nicht übernehmen.
Viele Grüße
poetix
 

poetix

Mitglied
@orlando
Wer will kontrollieren, ob ich physisch unter einem Kirschbaum gestanden habe und die letzte Kirschblüte tatsächlich (direkt) beobachtet habe. In meiner Vorstellung war es so. Und ich empfinde die letzte Kirschblüte durchaus als eine sparsame Symbolik.
 



 
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