Haiku

1,70 Stern(e) 3 Bewertungen
A

aligaga

Gast
Abgesehn davon, dass Krokusse in der freien Natur nicht allein stehen, bringt eine Haikuh das Wort "einsam" nie über das Flotzmaul: Es ist eine menschliche Wertung, die sie verschmäht. Das blähte ihr den Pansen!

Und auch die letzte Zeile ist nicht frei von menschelnden Zuschreibungen. In der Welt der Tiere, der Pflanzen, des Wassers und des Gesteins gibt's keine "Sonnenküsse". Das bilden sich nur die Muggels ein.

TTip: Nicht die Gefühle selbst darstellen wollen, sondern deren Essenz - dann können sie sich beim (kundigen) Leser von selbst einstellen.

Und die Silben zählen, auch wenn behauptet wird, darauf käm's nicht an! Mag schon sein, dass längst tote Dichter darauf gepfiffen haben. Der dir von @ali empfohlene Büchner-Preisträger lebt, ist noch ziemlich jung und sprachlich sehr gesund. An den halt' dich, dann wirz!

Heiter, sehr heiter

aligaga
 

Akiko

Mitglied
Hallo aligaga

ein elektronisches Küsschen zurück gehaucht. Gerade brachte die Post Jan Wagners "Regentonnenvariationen" .
Du hast mich sehr ins Grübeln gebracht, Meister der Verse. Nach mehreren nachdenklichen Abenden und mehreren Gläsern Rotwein (Reihenfolge beliebig), habe ich für mich beschlossen der Fraktion der 17 Silben bei zu treten.
Ich sehe dich schon die Stirne kräuseln, aber für mich ist das eine logische Entscheidung. Ich habe etliche kluge Essays gelesen, so auch auf Haiku heute, die meinen 5/7/5 jetzt nicht verwerfen oder gar tadeln, nein sie meinen, das ist im deutschen sehr schwierig.
Natürlich werde ich auch das 5/7/5 Prinzip immer wieder versuchen, dazu bin ich viel zu neugierig, ob es nicht vielleicht doch gelingt.
Ich finde übrigens deine Urlaubshaikus sehr schön.
In diesem Sinne

Grüße von Akiko, die in die Natur enteilt, um mit neuen Eindrücken zurück zu
kehren
 
A

aligaga

Gast
Liebe @Akiko,

sagen wir's mal so - ein Gedicht, vor allem ein kurzes, sollte sein wie Musik. Das Gesproch'ne und seine Form klinge nach, auch wenn die SängerIn längst wieder verstumm ist. ?? !

Natürlich sind Blümchen auch dann noch welche, wenn man ihnen ein paar Blätter ausgerissen hat - man erkennt ihre Art vielleicht noch, aber sie sind ihrer kosmischen Symmetrie beraubt wie ein Akkord, dem man einen oder mehrere Töne ausgelöscht hat. Der kann auch nicht mehr klingen.

@Ali meint, böhs wie er ist, die Kunst des Haiku bestünde wesentlich in der Kunst der Beschränkung, in der Essenz, im Augenblick, der in der Form seine letzte Vollkommenheit findet.

Natürlich kann man Haikus auch dekonstruieren. Man kann alles auftrennen oder zerschlagen; Kunst wäre es wohl aber nur dann, wenn die Löcher, die dabei entstehen, ein neues Format erkennen ließen. Viele "Dekonstruktionen" leben nur noch von den Resten der Form, die sie zerstört haben; die meisten leben gar nicht, sondern sind aus sprachlicher Not geborene Patzer. Totes Gestammel, nichts weiter.

TTip: Anspruchsvoll sein und nicht nur genau gucken, sondern ebenso genau sprechen. Dann wirz eigentlich immer!

Heiteren Sinn's

aligaga
 



 
Oben Unten