Hannelore, die Gartenpumpe

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Hagen

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Hannelore, die Gartenpumpe

Hannelore, unsere Gartenpumpe, ist ein weibliches Wesen und ausgesprochen zickig. Ich hätte sie zwar lieber Gerda genannt, oder Genovefa weil sie eine Gartenpumpe ist, oder besser noch Genoveva von Brabant, um meine fundierte Halbbildung, was Literatur betrifft, mal hervorzuheben. Aber die Wunderbare Ulrike, die Allem und Jenem Namen gibt, bestand auf Hannelore.
Der Wunderbaren Ulrikes Wille geschah wie Üblich, denn die Wünsche einer schönen Frau sind so vielfältig wie die Ausstattungsvarianten eines Rolls-Royce Silver Ghost; - es wäre ein Verbrechen sie nicht zu erfüllen.
Jedenfalls wollte ich es erst auch nicht glauben und betrachtete Hannelore als ganz normale Gartenpumpe, die ihren Dienst wie jedes andere elektrische Gerät zu tun hat, wenn man sie an den Strom anschließt. Rudolph der Rasenmäher tut seinen Dienst schließlich ebenso einwandfrei wie Ludwig der Laubsauger. Aber bei Hannelore ist das anders, schließlich ist sie die Gartenpumpe und benimmt sich auch wie eine Frau, beziehungsweise wie eine Göre im Vorschulalter, die gerne eine Prinzessin wäre.
Als sie mal wieder ihre Zicken hatte, nahm ich eine Wartung von Hannelore vor. Nach einiger Zeit kam die Wunderbare Ulrike zu mir in den Garten und erkundigte sich nach dem Fortgang der Wartungsarbeiten.
„Den Thermoschalter habe ich als erstes überprüft“, sagte ich, „er arbeitet einwandfrei. Um mögliche Störungen zu verhindern, habe ich den erzeugten Druck und die Energieaufnahme periodisch kontrolliert. Ein Druckabfall ist ein Zeichen von Abnutzung der Pumpe. Sand und andere schmirgelnde Stoffe in der Förderflüssigkeit führen zu schnellerem Verschleiß und Leistungsminderung. Befinden sich solche Stoffe in der Förderflüssigkeit, empfiehlt sich der Einsatz eines Vorfilters. Diesen Vorfilter habe ich Hannelore vorsorglich verabreicht. Eine Steigerung der Energieaufnahme ist ein Zeichen von anomalen mechanischen Reibungen in der Pumpe oder im Motor, das ist bei Hannelore nicht der Fall. – Trotzdem pumpt sie nicht so ordentlich wie früher!“
„Hm“, meinte die Wunderbare Ulrike, „also ist Hannelore beseelt! Wenn Hannelore beseelt ist, müsse das genetisch bedingt sein! Da Hannelore ein weibliches Wesen ist, kann es sein, dass sie unter dem Lillifee-Komplex leidet. Folglich wird es helfen, wenn du sie mit der Farbe ‚Pink‘ streichst. Ich würde sogar noch etwas Glitzer beigeben.“
„Pink oder Rosa“, bemerkte ich, „ist erst durch die Emanzipationsbewegung eindeutig weiblich besetzt worden. Gerade durch das vehemente Schimpfen auf alle Pinktöne hat Hannelore auch die geschlechtliche Zuordnung verinnerlicht. Vielleicht lässt man die rosa Periode also einfach über sie hinweg ziehen und hofft darauf, dass sie sich im Laufe der Zeit schon auswachsen wird. Aber versuchen kann ich es ja mal, mit dem Anstrich in Rosa.“
„Ja“, nickte die Wunderbare Ulrike, „für diese Farbe spricht, dass die für Roterkennung zuständigen Gene auf dem weiblichen X-Chromosom gelagert sind. Man könnte daraus schließen, dass dieses Chromosom bei Pumpen eben noch nicht ausgewachsen sind wie bei kleinen Mädchen! Also, dass Rosa also eine Art Schrumpfform von Rot darstellt!“
„Häh?“
„Psychologisch gesehen“, fuhr die Wunderbare Ulrike fort, „steht Rosa für Schutz und Sanftheit. Es ist erwiesen, dass Säuglinge in rosafarbenen Wänden weniger weinen als etwa in hellgelben oder grünen. Das sollten wir doch mal auf die Pumpe übertragen! – Im Schweizer Untersuchungsgefängnis Pfäffikon gibt es eine Zelle, die ganz in Rosa gehalten ist. In diese Zelle kommen Insassen mit einem hohen Maß an Gewaltbereitschaft. Nach spätestens einem Tag sind die Häftlinge farbsediert. Außerdem stellte der amerikanische Naturwissenschaftler Alexander Schauss bereits in den 1970er Jahren fest, dass die Farbe Pink eine beruhigende Wirkung auf aggressive Häftlinge hat! - Auf Gartenpumpen scheint Rosa genauso zu wirken.“
„Na, gut. Dann fahre ich mal eben zum Baumarkt und hole die Farbe ‘Rosa‘ mit etwas Glitzer-. – Hoffentlich halten mich die Verkäufer dann nicht für schwul.“

Da es sich bei Hannelore um eine ausgesprochen zickige Göre handelte, wie bei Prinzessin Lillifee, strich ich Hannelore also in Rosa mit etwas Glitzer, las ihr einige zauberhafte Gute-Nacht-Geschichten vor und sie funktionierte wieder; - bis zum nächsten Jahr. Die sonst so ausgeglichene Hannelore wurde grantig, alles nervte sie und auch sonst wusste sie gar nicht so recht was sie eigentlich wollte. Pumpen oder nicht pumpen, das war die Frage. Ihre rosa Lackierung warf sie plötzlich ab.
Sie legte sogar ein verstärktes Schamgefühl an den Tag, denn immer wenn ich mich ihr näherte, stellte sie ihren Dienst ein, es sei denn, ich näherte mich mit Rudolph dem Rasenmäher. Dann flippte sie regelrecht aus. Glucksend und schmatzend pumpte sie. Bei Ludwig dem Laubsauger verhielt sie sich konträr, sie beachtete ihn überhaupt nicht.
„Willkommen in der Pubertät“, meinte die Wunderbare Ulrike als ich mit diesem Problem an sie herantrat.
„Da wir wissen, dass Hannelore beseelt ist“, fuhr sie fort, „werden wir das Problem auf diese Weise lösen. Zur Pubertät gehören auch schrilles Schminken, kurze Röcke, enge Hosen, hohe Schuhe und so weiter. Lass‘ mich mal machen!“
Ich nahm Hannelore also auf die Werkbank und die Wunderbare Ulrike verabreichte Hannelore einen Neuanstrich wie Elvis in Bühnenkluft zu Zeiten des King Creole.
Hannelore gab daraufhin ein zufriedenes Seufzen von sich und pumpte artig weiter.

Im nächsten Jahr bekam Hannelore erneut ihre Zicken. Ein neuer, seriöser Anstrich, da die Wunderbare Ulrike meinte, dass sie ihre Pubertät nun abgelegt hatte, brachte nichts. Hannelore kam also in die Jahre und wurde langsam damenhaft.
Da wir wissen, dass Hannelore beseelt ist, arbeitete sie nur nach ersprießlichem Zureden. Wenn das auch nichts nützte, war sie entweder gerade am Meditieren oder wünschte zu Wartungszwecken auseinandergenommen und frisch geölt zu werden, wie eine Frau, die fordert dass ständig auf sie eingegangen wird.
Das tue ich des Öfteren und musste feststellen, dass wenn Hannelore nach einer Wartung wieder komplett zusammengesetzt ist, ich stets noch übrige Bauteile auf der Werkbank finde. Bleibt ausnahmsweise kein Teil übrig, funktioniert Hannelore nicht.
Auf diese Weise vermehrt Hannelore sich, denn wenn man sie oft genug auseinander baut und wieder zusammengesetzt hat, verfügt man schließlich über zwei davon.
Als die Wunderbare Ulrike und ich mächtig über diesem Phänomen am Grübeln waren, fiel mir eins der Gesetzte Al Murphys, meines Lieblingsphilosophen, ein: ‚Wenn du etwas oft genug auseinander baust und wieder zusammensetzt, hast du am Ende zwei davon!‘ Al Murphy hatte also wieder mal recht.
Eine tiefschürfende Erkenntnis, die sich in mir manifestiert hat, aber von einer funktionstüchtigen zweiten Hannelore sind wir noch weit entfernt.
Zudem sprach die Wunderbare Ulrike noch folgende, bedeutende Worte: „Jede einigermaßen fortschrittliche Elektrik grenzt an Magie, oder Schwarze Kunst! – Komm, gehen wir eine Runde Billard spielen! Am Billardtisch ist nichts Elektrisches, also sind wir vor Überraschungen sicher!“

Als ich auf Bonifatius, unserem Billardtisch, die Kugeln aufbaute, machte sich in mir das Gefühl breit, dass der Tisch an einer Seite etwas hing, und ich vermeinte ein dezentes Kichern zu hören …
 
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Klaus K.

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Verzeihung, der hier vorgesehene Text ist mir soeben unter "Bewertung" entfleucht! Ich sollte besser aufpassen, telefonieren UND dazu gleichzeitig antworten - ich bin erkennbar nicht unbedingt für "multi-tasking" geeignet!
 

Klaus K.

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Hagen, du Schelm!
Manche Leute können lesen, telefonieren, einen Müsli-Riegel essen - und alles gleichzeitig!
Ich darf den Müll raustragen, aber dabei nicht in den Garten der feschen Nachbarin schauen, also keine zwei Dinge gleichzeitig machen.
Denn wenn sie da wäre, dann wäre ich abgelenkt und der Müll bliebe auf der Strecke.
So hier geschehen. Ich erwarte einen fetten vierstelligen Schadensersatz von meiner Versicherung, die ruft an und windet sich.
Gleichzeitig verfasse ich bereits einen begeisterten Kommentar bzgl. deines obigen Textes.
Ich rege mich über die Helden der Assekuranz derart auf, dass ich dann die falsche Taste drücke.
Der Kommentar blieb auf der Strecke, bzw. landete am falschen Ort.
Ich bin nur für single-tasking zu gebrauchen. Meine Frau weiß das. Für den Weg zur Mülltonne hat sie mir deshalb vor kurzem bereits Scheuklappen geschenkt.
Mit erneutem Gruß, Klaus
 

Hagen

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Verehrter Klaus,
Meinen allerherzlichsten Dank dafür, dass Du mich auf die Scheuklappen, die sogenannten Siestas, aufmerksam gemacht hast. Für das nächste Straßenfest sind die Wunderbare Ulrike und ich dabei ein Quiz erarbeiten, weil jeder was erbauliches dazu beiträgt.
Hier die Siesta-Frage:

Was zur Hölle (war) ist eigentlich eine (ein) ‘Siesta’?
  1. Als ‘Siesta’ wird ein Strohhut bezeichnet, der seit etwa 1800 zur Tracht der evangelischen Frauen in den drei benachbarten Schwarzwalddörfern Gutach, Kirnbach und Hornberg-Reichenbach im Ortenaukreis gehört. In den drei armen Dörfern wurde die Hutmacherei zur Arbeitsbeschaffung eingeführt. Mit seinen aufgesetzten Bollen aus Wolle wurde der malerisch aussehende rote ‘Siesta’ zu einem Symbol des gesamten Schwarzwaldes.
  2. Pferde haben aufgrund der seitlichen Position der Augen ein sehr weites Gesichtsfeld, das mit den ‘Siestas’ eingeschränkt wird. Die ‘Siestas’ ermöglichen beim mehrspännigen Fahren eine gezielte Peitschenhilfe auf ein Pferd, ohne dass die nicht betroffenen Pferde die Peitsche sehen und ggf. darauf reagieren. Zudem sollen ‘Siestas’ verhindern, dass schreckhafte Pferde von der Seite oder von hinten abgelenkt werden, und die Augen der Pferde vor der Peitschenschnur schützen.
  3. Der Begriff ‘Siesta’ geht auf lateinisch sexta hora zurück, die sechste Stunde nach Sonnenaufgang. Typischerweise isst man in Spanien ab 14 Uhr zu Mittag, und die eventuelle, anschließende ‘Siesta’ kann durchaus rund zwei Stunden, also bis etwa 17 oder 18 Uhr dauern (im Sommer oft deutlich später als im Winter). Dieser Mittagsschlaf ist unter anderen Bezeichnungen auch in vielen anderen wärmeren Ländern üblich, in Europa z. B. als sesta in Portugal, unter anderen Namen in Süditalien, im Süden Frankreichs oder Griechenland.
Weitere Quizfragen schicken wir Dir gerne vorbei.
Nun denn, wir sehen uns in der ScheinBAR!
Zudem lesen wir uns weiterhin!
... und bleibt schön fröhlich, gesund und munter, guten Willens, moralisch einwandfrei, weiterhin positiv motiviert und stets heiteren Gemütes! Seit stets von reiner Seele, lügt niemals oder erzählt keine dreckigen Witze!

Herzlichst
Yours Hagen
__________________________________
Bedenke: Wenn du das Licht am Ende des Tunnels erkennst und diesem zustrebst, wirst du, nachdem eine Rückkehr unmöglich ist, erkennen dass es sich um das Licht eines sich schnell nährenden D-Zugs handelt!
Merke: In Eisenbahntunnels sind keine Notfallbuchten vorgesehen!
 

Klaus K.

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Hagen,

meine Frau hat noch einen "Fiesta" von mir bekommen, für ihre diversen kürzeren Strecken und Einkäufe.
Das klingt ähnlich, und es ähnelt Vorschlag No. 3, also Siesta = Fiesta. Stimmt, denn jetzt bin ich dadurch von dem verfluchten Lastenfahrrad erlöst, dem Drecksding mit den Pedalen. Das ist hier im hügeligen Vorland des Hochtaunuskreises nämlich totaler Blödsinn, ich war dadurch auch nur noch ein Schatten meiner selbst, wurde peu-a-peu zu einem gefühlt spindeldürren Männlein mit nur noch 89 mickrigen Kilos. - Zudem regnet es hier laufend, aktuell mal wieder 24 Stunden am Stück. Lastenfahrrad, also "Klatschnass im Supermarkt", eigentlich ein toller Titel. Und bald schreien die Landwirte dann auf, dass die gesamte Ernte abgesoffen ist, obwohl ja vor 14 Tagen schon alles verdorrt war.
Ich komme mir inzwischen vor wie im Märchenland der Irritationen. Also tief durchatmen, ganz locker bleiben... nichts ist endgültig, nichts ist so wirklich sicher. Siehe deine drei Vorschläge oben! Bravo dafür, Gruß, Klaus
 

Hagen

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Hannelore, die Gartenpumpe
Geschätzter Klaus,

Danke für den Buchtitel ‘Im Märchenland der Irritationen‘. Ich habe lange nach einem Titel für meinen zukünftigen Weltbestseller, in dem ich Geschichten wie Die Schreibmaschine, Ein Vampirmädchen namens Rosalie, Die bekiffte Waldfee etc. einbringen möchte, gesucht. Zudem hat mir mein indianischer Freund Häuptling Schleichende Werbung (Agkarkarayam nga advertising) geraten keine Schleichwerbung für irgendwelche Produkte (Ford Fiesta) in meinem Quiz zu betreiben.

Nun denn, wir sehen uns in der ScheinBAR!
Zudem lesen wir uns weiterhin!
... und bleibt schön fröhlich, gesund und munter, guten Willens, moralisch einwandfrei, weiterhin positiv motiviert, denke keine negativen Gedanken und sei stets heiteren Gemütes! Sei zudem stets von reiner Seele, tanze keine Regentänze mehr, lüg’ niemals und erzählt keine dreckigen Witze!

Herzlichst
Yours Hagen
__________________________________
Bedenke: Wenn du das Licht am Ende des Tunnels erkennst und diesem zustrebst, wirst du, nachdem eine Rückkehr unmöglich ist, erkennen dass es sich um das Licht eines sich schnell nährenden D-Zugs handelt!
Merke: In Eisenbahntunnels sind keine Notfallbuchten vorgesehen!
 
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