Heimkehr

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Monochrom

Mitglied
Heimkehr

Auf der dürren Eiche ein Vogel,
schräg gelegter Kopf, schwarze Augen,
vor dem letzten Flug, in den Süden.

Davor im sonnenbraunen Gras der Greis,
in einer Hand ein dreiblättriges Kleeblatt,
sehnsüchtige Blicke zum Boden.

Sie sitzen in einem Gewölbe, still
halten sich Hände, verschieben
Laute, besingen die Hoffnung.

Groß liegt ihr Buch, eine Seite
ist herausgerissen, keiner weiß,
ob die Zeichen wirklich fehlen.

Der Greis rupft das nächste Kleeblatt,
am Ende des Gartens liegt Werkzeug,
im Schatten, halb mit Erde bedeckt.

Wanderer sind unterwegs,
vorbei an den Höfen, hungernd,
im Kreislauf der geringeren Hölle.

Im Klee findet der Greis kein Wort,
der Vater des Vaters des Vaters,
der Mutter der Mutter der Mutter.

Sie schwitzen, in Seide, Knochenhände
massieren Fettpolster, speckige Hüften,
neben den Kohlenfeuern gieriges Flüstern.

Der Vogel erreicht den Süden nicht,
eine Füchsin nährt mit ihm ihre Kinder,
die nicht nach Herkunft fragen.

Irgendwo haben sie Dosenfutter hergestellt,
ich frage nicht nach dem Verbleib des Greises,
nehme nur still und zaghaft meine Mahlzeit ein,

wieder und wieder.
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
schon ziemlich weit oben kam mir der alte Robert-Gernhardt-Vers in den Sinn:
"der fünfte bringt den Wein herein
das muß der Weinreinbringer sein"
 

Monochrom

Mitglied
Hi,

ich finde "Ich sprach" noch besser.

Da liest man:

"Ich sprach nachts: Es werde Licht!
Aber heller wurd' es nicht."
 



 
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