Heimkehr III: Die Suche nach dem Wasserturm

4,00 Stern(e) 1 Stimme

Max Neumann

Mitglied
Irgendwo musste der Wasserturm sein
Jeden Tag kam ich ihm näher

Ich verließ die Zone grellroter Lichter
Stimmen halbtoter Menschen riefen mich
Doch ich hörte ihnen nicht mehr zu
Am Horizont flimmerte eine Gestalt

Am Fluss zwischen Hochhäusern blieb ich
Um mich nach langem auszuruhen
Von diesem Ort hatte ich geträumt
Ein Traum über einen Tag aus der Jugend

Still war es am Ufer und ohne Menschen
Über das Gras flogen die Möwen
Der Wind trieb eine Buchseite zu mir
Neugierig hob ich das gelbe Papier auf

Über einen Verrückten stand etwas drauf
Der sich im Leben nicht zurechtfand
Diese Wörter waren wie ein Spiegel
So verstaute ich sie im Rucksack

Auf einem Fels aß ich gierig Fleisch
Beim Zerkauen lächelte ich still
Das Fleisch roch wie vor vielen Jahren
Sein Geruch erinnerte mich an etwas

An einen Tag eines anderen Lebens
Als ich ein anderer Max gewesen war
Deshalb schmeckte es mir sehr gut
Bissen für Bissen kamen Bilder zurück

Wie ich als Junge ein Pferd streichelte
Das niemanden an sich heranließ
Es schnaubte unter meiner Hand
Sein warmer Atem roch noch abends

Ich öffnete die Augen träge und schwer
Fand mich an einen Baum gelehnt wieder
Aus den Hochhäusern drangen Stimmen
In jeder Wohnung lebten Geschichten

Verschlafen blinzelte ich vor mich hin
Erfreute mich an einer Fliege
Folgte ihrem Flug mit meinem Blick
Sie tanzte ziellos durch die Luft

Bald war sie nicht mehr zu sehen
Ein zerflossener Punkt am Horizont
Dafür bemerkte ich etwas anderes
Ein entferntes und beständiges Licht
 



 
Oben Unten