herbstlicht über hinterbrühl

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Mitglied
auf der a21 vorbei an hinterbrühl
es ging bergauf und der motor war laut
der letzte ausflug ohne das große
stumme monster zwischen dir und mir
ich sag jetzt nicht "das c-word" denn
du würdest ohnehin meine aussprache
korrigieren wärst du noch hier doch
damals war da eine nähe (kann man mit
grad mal sechzig schon von altersmilde
sprechen?) ich glaub es war das licht
des herbstes so kristallklar so rein
dass nichts zwischen uns kommen konnte
kein raum war für ein nicht-verstehen
der wagen glitt von der hügelkuppe
ins nächste tal alles lief wie geschmiert
mayerling ("der arme kronprinz - welch ein
schicksal") gehörte uns an diesem tag
nie mehr davor oder danach waren wir so
innig so deutlich als mutter und tocher
in diesem unglaublichen herbstlicht
konturen nie wieder so gestochen scharf
noch heute kann ich an herbstlichttagen
wie diesem deinen umriss sehen so
sanft und leuchtend wie an diesem
einen tag





.jan_2024
 
G

Gelöschtes Mitglied 28334

Gast
des herbstes so kristallklar so rein
dass nichts zwischen uns kommen konnte
kein raum war für ein nicht-verstehen
der wagen glitt von der hügelkuppe
ins nächste tal alles lief wie geschmiert
mayerling ("der arme kronprinz - welch ein
schicksal") gehörte uns an diesem tag
nie mehr davor oder danach waren wir so
innig so deutlich als mutter und tocher
in diesem unglaublichen herbstlicht
konturen nie wieder so gestochen scharf
noch heute kann ich an herbstlichttagen
wie diesem deinen umriss sehen so
sanft und leuchtend wie an diesem
einen tag
Hi Fee,

ich würde mit Gradpartikel immer sparsam umgehen.
Sonst wird aus dem schönen Stil schnell "so-ße".

logi
 

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Mitglied
Ja, da stimme ich dir generell schon zu, Logi,

aber in diesem Fall sollte der Inhalt die vermehrte so-Haftigkeit nicht nur erklären, sondern als Absicht erkennen lassen und rechtfertigen.

Abgesehen davon empfinde ich sie hier noch nicht als zu viel oder besonders dominant. Sonst hätte ich es so (haha) nicht geschrieben bzw ins Forum gestellt.

LG
 

petrasmiles

Mitglied
Danke, dass Du uns an diesem besonderen Moment teilhaben lässt, der Zauber dringt durch Deine Zeilen, aber auch die Trauer, die doppelte Trauer; das alles macht es zum Momentum.

Liebe Grüße
Petra
 

sufnus

Mitglied
Hey...
... das rätselhafte C-Wort ist der Elefant im Raum und zugleich ein Rätsel. Oder bin ich der einzige, bei dem der Groschen nicht fällt (sehr gut möglich ist das!)?
Mir fällt zu C-Wort erstmal ein sehr unanständiger englischer Kraftausdruck ein, der zwar im Hinblick auf die Korrektur der Aussprache gemeint sein könnte, aber im Zusammenhang mit der Ü60-Mutter etwas überraschend daherkäm.
Oder C wie Cancer? Das ergäbe für mich grundsätzlich im Kontext dieser Beziehung am meisten Sinn, aber da ist das Monieren der Aussprache wiederum ungewöhnlich. Man würde ja in einem Gespräch von Darmkrebs, Brustkrebs, Hautkrebs usw. reden und da gäbe es normalerweise keine phonetischen Probleme. Oder geht es gerade um das Unlogische, dass völlig "unnötigerweise" eine Verbesserung der Aussprache erfolgen würde, um nicht "on-topic" reden zu müssen.
Wenn ich darüber nachdenke, fällt mir auf, dass ich oftmals irgendwie hoffe, dass die Literatur "besser" (klüger, origineller, tiefschürfender, weitblickender) wäre als das wahre Leben... ein Gedanke, der durchaus problematisierbar ist - das ist mir klar... ich umkreise ihn auch eher, als darauf zu bauen....
LG!
S.
 
G

Gelöschtes Mitglied 28334

Gast
aber in diesem Fall sollte der Inhalt die vermehrte so-Haftigkeit nicht nur erklären, sondern als Absicht erkennen lassen und rechtfertigen.
Ahh, ja, hmmm, na gut. So richtig warm werde ich damit aber nicht. Es wirkt eher etwas ungelenk und ich zerhadere mir meinen Kopf, um eine Funktion zu erkennen. Ich verstehe nicht, was du mit "erkennen lassen" und "rechtfertigen" meinst. Du wirst aber deine Gründe haben, liebe Fee!
Danke für die Auskunft und ich wünsche Dir einen schönen Tag!

Edit: Wer richtig gut, meiner Meinung nach, mit Polyglottismen umgehen kann ist Kathrin Niemela. "lettisch frieren" aus "wenn ich asche bin, lerne ich kanji" würde dir mit Sicherheit auch gefallen.
 
G

Gelöschtes Mitglied 16600

Gast
Sorry fee, da hast du eine gelungene Geschichte aufgeschrieben.
Nur, warum steht sie im Lyrik-Forum?
Fehlende Satzzeichen und Kleinschreibung machen aus einem Prosatext keine Lyrik.
Gruß Hans
 

MarcL

Mitglied
Mir gefällt dein Gedicht, obwohl es auch als lyrische Kurzprosa durchgehen könnte. Du hast einen bedeutsamen Tag festgehalten. Und dass sich das große stumme Monster dieses Mal nicht zwischen Tochter und Mutter platziert hat, ist wunderbar: man hatte sich was zu sagen, wie auch immer.
 

Mimi

Mitglied
Mir fällt zu C-Wort erstmal ein sehr unanständiger englischer Kraftausdruck ein, der zwar im Hinblick auf die Korrektur der Aussprache gemeint sein könnte, aber im Zusammenhang mit der Ü60-Mutter etwas überraschend daherkäm.
Daran dachte ich auch ... an "cunt".
Der Begriff passt (ich kann ihn zumindest nachvollziehen) zu einem 'gedanklichen Vokabular' in einer toxischen Mutter-Tochter- Beziehung.

Liebe Fee, vielleicht ist das Gedicht, für meinen Eindruck, etwas zu prosaisch. Das sehe ich allerdings nicht als Schwäche des Textes, sondern würde es eher unter "fließende Grenzen und Übergänge" einordnen.
Auch wenn mir im Allgemeinen Deine Werke mit mehr Verdichtung besser gefallen, konnte ich die Atmosphäre, oder eingefangene Momentaufnahme zwischen Mutter und Tochter, gut nachempfinden.

Gruß
Mimi
 

Rachel

Mitglied
Es gefällt mir sehr ... zB wie du Zeit und Begegnung flechtest und trennst, bergauf ins nächste Tal, damals und jetzt, außen innen, alles ... nicht übertrieben. In der Kurzprosa wäre es mMn in die leicht profanere Abteilung ein wenig verschenkt. Die Frage ist auch, inwieweit man so ganz besondere (schon lichte?) Momente augenblicksnah erkennen kann ... oder wie viel davon (leider) immer erst im (lyrischen) Nachgang. Liebe Grüße, Rachel.
 

revilo

Mitglied
Das liest sich runter wie gute Butter auf dem Brot … Daher ist es mir auch völlig egal, was Du mit dem C-Wort meinst … Herzliche Grüße
 

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Mitglied
Ein etwas spätes aber deshalb nicht weniger herzliches Dankeschön an euch alle hier, die ihr euch die Zeit genommen habt, vorbeizulesen und ein paar Rückmeldungen und/oder Sternchen dazulassen!

Ich musste wieder einmal erkennen, was für ein Unschulds-Feechen ich doch bin...das C-Wort kannte ich nur als Synonym für Cancer (Krebs) aus einem gleichnamigen Film (oder war's eine Doku?) über eine mit Brustkrebs kämpfende Frau.. Die zweite mögliche Bedeutung (und wohl auch die gängigere) hatte ich nicht auf dem Schirm. Ich fluche schon in meiner Muttersprache nicht in derber Sprache...also erst recht nicht auf Englisch. :cool:

Da der im Gedicht geschilderte Tag eine Ausnahme von der toxischen Mutter-Tochter-Beziehung abbildet, ist aber wohl auch die fiesere Bedeutung des Wortes nicht völlig fehl am Platz...

Da es sich hier um einen sehr persönlich gehaltenen, autobiographischen Text handelt, der - aus meiner Sicht und daher in erster Linie für mich - genau so passt, wie er da steht, gehe ich hier jetzt nicht auf jene Textkritiken ein, die den Inhalt völlig ausblenden oder nicht erkannt haben. Abgesehen davon ist die Diskussion, ob noch Gedicht oder schon Prosa so alt wie uneindeutig. Und letztlich ist es völlig egal, was es ist. Und die Frage, wieviele "so" noch okay sind, völlig unerheblich, weil in erster Linie Geschmackssache und von der Leseerwartung abhängig. Und die muss ich als Autor nicht um jeden Preis bedienen.

Ich danke euch, Mimi, Rachel, MarcL und Oliver, fürs Euch-Einlassen und Erspüren der Atmosphäre! Mich freut, dass es bei euch so anzukommen scheint, wie ich es gemeint habe.

LG,
fee
 



 
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