Hermann und Hugo

5,00 Stern(e) 1 Stimme

James Blond

Mitglied
Der Hermann hieß bloß Hesse,
der Dichter war ein Schwab
und jeder Vers ihm Messe,
ein Heiligtum sein Grab.

Noch heute suchen Jünger
die Stufen auf vor Ort,
es tropft dort Seelendünger
aus jedem Dichterwort.

Ein kleines Stückchen weiter
schreibt Hugo Ball nichts mehr,
der Freund war Blitzableiter
im 'Cabaret Voltaire'.

Als Biograf und Dichter
verstarb er zu der Zeit,
als Hesses fünfzig Lichter
erstrahlten hell und weit.

Die Beiden sind heut leiser,
man liest sie nicht so viel,
der Hugo sang sich heiser,
der Hermann fand kein Ziel.

Das Tao mit dem Dada
vereint zu stiller Ruh,
der Pilger meint, er sah da
der Zeit ein wenig zu.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Duo? .......

San Abbondio, die Wallfahrtsstätte der Pirmasenser. Jetzt weiß ich auch wo meine Honda im Sommer hin will.
Sehr gern gelesen. Beislgrüße
 

James Blond

Mitglied
Nein, gemeint ist hier das Dao :)
Hesse war ja schwer spirituell vorbelastet. Sein Freund und Biograf Hugo Ball war da mit Dada eher zeitkritisch unterwegs. Dass beide nun in so stiller Eintracht auf dem Friedhof St. Abbondio ruhen, ist schon ein kleiner Scherz der Geschichte.

Schöne Tour. Fahr bitte vorsichtig.

Grüße
JB
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
amüsant, schönes Stück!

Das Dao mit dem Dada
Zu Hesses Lebzeiten las man "deutsch" nicht das einsilbige Wort "Dao" ("dau"), sondern so ein zweisilbig mißverstandenes "Tao". Ich habe das mal bei einer Eurhythmistin gesehen, wie sie die drei römischen Buchstaben T A und O steif ritualisiert hat, war lustig. Lau-Zu winkte ab: "Könnten wir nennen den Namen ..."

Für Deine Jamben, James, brauchst Du das zweisilbige "Mißverständnis".

Das würde vielleicht auch besser zur ironischen Distanz des Lyris zu Hesses I-Ging-Kult im "Glasperlenspiel" passen als das korrekte "Dao".
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
amüsant, schönes Stück!

Das Dao mit dem Dada
Zu Hesses Lebzeiten las man "deutsch" nicht das einsilbige Wort "Dao" ("dau"), sondern so ein zweisilbig mißverstandenes "Tao". Ich habe das mal bei einer Eurhythmistin gesehen, wie sie die drei römischen Buchstaben T A und O steif ritualisiert hat, war lustig. Lau-Zu winkte ab: "Könnten wir nennen den Namen ..."

Für Deine Jamben, James, brauchst Du das zweisilbige "Mißverständnis".

Das würde vielleicht auch besser zur ironischen Distanz des Lyris zu Hesses I-Ging-Kult im "Glasperlenspiel" passen als das korrekte "Dao".
 

James Blond

Mitglied
Da ich gerade bei Dichterfreunden angelangt bin, hier nun auch eine minimale Überarbeitung:

Aus "Dao" wurde auf Anregung mondneins nun "Tao": der selbe chinesische Begriff, allerdings in der seinerzeit üblichen Wade-Giles-Transkription.
Für mich nur ein einzelnes Wort, doch für die Menschheit ein gewaltiger Schritt ... ;)

Grüße
JB
 

Frodomir

Mitglied
Hallo James Blond,

da ich gerade wieder einmal Siddhartha von Hermann Hesse lese, kommt dein Gedicht natürlich zur passenden Zeit. Und ich finde es richtig gut! Es hat eine Prise Humor, ist aber auch gemischt mit einer gewissen Weisheit und, wie man es von dir gewohnt ist, sauberen und interessanten Reimen.

Besonders schön finde ich, wie unaufgeregt du Anspielungen wie etwa das Gedicht Stufen in deinen Text aufgenommen hast. Oft müssen meine armen Augen in der postmodernen Lyrik ganze Zitatwüsten ertragen, die womöglich noch als Zitat erkennbar sind, aber über deren angeberischen Charakter hinaus der Text keine eigene Logik und Schönheit offenbart. Hier ist das anders und von solcher Literatur bin ich sehr angetan.

Dementsprechend möchte ich dir sagen, dass ich dein Gedicht ausgesprochen gern gelesen habe!

Viele Grüße
Frodomir
 

mondnein

Mitglied
Das Tao mit dem Dada
vereint zu stiller Ruh,
der Pilger meint, er sah da
der Zeit ein wenig zu
Tao, besser Dàu (abwärts gesungen), ist ein chinesischer Einsilberling, wie der Tau oder die Frau.
Nehmen wir mal an, die Franzosen sprächen Dada entbetont, dann böte sich an:

Das Dàu mit dem Dadá
vereint zu stiller Ruh <= im weißen Schimmel - juh!
der Pilger meint, er sah
der Zeit ein wenig zu
 
Zuletzt bearbeitet:

James Blond

Mitglied
Lieber Frodomir,

ich danke dir für dein ausführliches Feedback!
Es freut mich, wenn mein Text einen guten Eindruck hinterlassen hat. Er ist seinerzeit aus einer Zufallsentdeckung entstanden: Hugo Ball und Hermann Hesse, zwei ganz unterschiedliche Dichter, die dennoch eine tiefe Freundschaft verband. Der Dadaist Hugo Ball verfasste zudem Hesses erste Biografie, die im Jahr 1927 erschien: Das Jahr, in dem Hesse seinen 50. Geburtstag feierte und Ball kurz nach der Veröffentlichung bereits verstarb. Nun ruhen beide auf dem selben Friedhof, zu dem auch ein paar "Stufen" hinauf führen.

Die geradezu religiöse Verehrung, die seitdem dem Autor Hesse zuteil wird, kann ich allerdings nicht ganz nachvollziehen. Wie du schon schreibst, bleibe ich auf humorvoller Distanz.

Viele Grüße
JB
 



 
Oben Unten