Herrenrunde für die Tochter

joecec

Mitglied
Herrenrunde für die Tochter

Wenn der Vater mit dem Kinde
unterwegs ist wie Gesinde
und die Augen sozusagen
stets nach Unterhaltung fragen
ist der Vater gut beraten
mit der Antwort nicht zu warten

Steht die Tochter elfenähnlich
vor der Herrenrunde sehnlich
darauf wartend dass die Herren
ihr den Lauf der Zeit verzerren
sind die Herren wohl zu träge
ganz als ob's am Mädchen läge

Als die ersten vor ihr liegen
und sich nehmen was sie kriegen
und die ersten Schwänze wippen
ganz als wollt' die Stimmung kippen
Wird's auf wundersame Weise
plötzlich in der Runde leise

Eine Weile wird's ertragen
dann muss sie den Vater fragen
will ein Eis jetzt lieber mampfen
unterstreicht den Wunsch mit Stampfen
Um sich Frieden zu erkaufen
lässt er sie zum Eismann laufen

Kinder in den Zoo zu bringen
wird trotz Robben nur gelingen
wenn du vorher Pläne machtest
und dabei an Süßes dachtest
Noch mal an den Titel denken
und den Blutdruck wieder senken
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Hallo, Joykeck,

es gibt eine einfache Methode, um zu überprüfen, ob ein Text politisch korrekt ist oder "gerechte Sprache" pflegt bzw., fern von diesen Sprachschablonen, ob er Menschengruppen pauschal beleidigt, indem er seine Pointe ins Klischee legt.

Die Methode wäre: Alle Genera auszutauschen. Männliche durch weibliche Personen zu ersetzen, vor allem maskuline primäre Geschlechtsmerkmale durch feminine.

Wenn ein Text in dieser Überprüfung scheitert, dann kann er trotzdem spannend, aufregend, reizend, ja sogar gut sein. Ob ethische Maßstäbe über ästhetischen stehen oder ästhetische einen Freiraum gegenüber der Ausnahmslosigkeit der Moralität haben dürfen, das ist eine offene Diskussion. Ich selbst stehe dabei auf der Seite der Freiheit der Kunst.

Aber da der Text ein wenig nach Zeugenbericht vor einem Gendergericht aussieht, mit böser Satire und Anti-Erotik versetzt, beansprucht er das Primat der Ethik über die Ästhetik, muß sich also eigentlich die entsprechende Selbstüberprüfung gefallen lassen. Sonst wäre er ungerecht im Namen der Gerechtigkeit, unkorrekt im Namen der Korrektur, Stürmerstil im Namen der Satire. Vermute ich, es ist nicht mein Feld, ich bin Lyriker, nicht Satiriker.

grusz, hansz
 

joecec

Mitglied
Ich wüsste jetzt so spontan nicht, welche "Personengruppe" ich da angedeutet hätte. Na gut, "die Herren" vielleicht. Aber das ist ja schon wieder so pauschal, dass es als "Gruppe" gar nicht ernst zu nehmen ist. ;-)
LG
Joyce
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Schon mal was von pauschaler Frauenverachtung ("Misogynie") gehört?
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Das meine ich.
Misandrie ist die Spiegel-Entsprechung.
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Angenommen, Du willst Empörung hervorrufen. Dann hat sie dadurch, daß sie auf einen Typus, eine stellvertretende Gruppe von Menschen geht, ein moralisches Ziel, und das dient der Verurteilung der Angeklagten, deren Missetat Du bezeugt hast. Eine Art Schauprozeß, nicht in einem holzgetäfelten Saal, sondern im inneren Film der Leser.
Die zweite Möglichkeit, nämlich daß Du das zur sexuellen Erregung geschrieben hast, als poetische Pornographie, würde ich Dir nicht glauben.
Die erste dieser beiden Möglichkeiten ist ethisch-moralisch, die zweite ist sinnlich-reizend und lustvoll-tabu.
Im ästhetischen Freiraum jenseits von Moral und Trieb hätte die ästhetische Möglichkeit ihren selbständigen Eigenwert. Die beiden anderen Perspektiven - Durchblicke des Lesers durch Deine Verse - könnten darin vorkommen, darin "aufgehoben sein", wie Hegel das im dreifachen Sinne des Wortes ausloten würde: Die moralische Abscheu wäre das Häßliche gemessen an der selbstgenießerischen Schönheit des selbstgerechten Beurteilers, die sinnliche Lust des Tabus wäre, verhüllt unter der Distanzierungs-Maske des Betrachters, die durch und durch ästhetische Erkenntnis der verborgenen Ängste, Süchte, Alpträume und griechischen Tragödien in dem Ozean der Seele. Eine drastische Metapher für den Menschen, wie er sich erscheint.

Ja, das geht. Kann man so lesen, finde ich.
Und dann ist es einsame Spitze.

grusz, hansz
 

joecec

Mitglied
Da kommst du der Intention aber schon erschreckend nahe. Das Ertappen der eigenen Empörung bei einer gewissen Halbherzigkeit hat zumindest in den wenigen offenen Reaktionen mitgeklungen. Vielleicht ist die Reimform nicht der beste Botschafter, vielleicht aber auch die perfekte Maskerade.
 



 
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