So, fertig. Der selbstgemachte Mirabellenschnaps lief durch das Kupferrohr in den Eimer. Die alte Destille des Großvaters war Gold wert. Aber man musste warten, erst kam schließlich der Vorlauf, und der war bekanntermaßen giftig. Das Zeug, von dem man blind wird, weil es noch zu viele Schadstoffe enthielt. Diesen Vorlauf musste man wegschütten, bevor dann der edle Brand entnommen werden konnte, wenn die Apparatur sozusagen eingefahren und warmgelaufen war. So, das musste reichen jetzt, der kleine Eimer war fast voll. Er hielt ein Glas unter den dünnen Strahl und testete den Inhalt aus. Donnerwetter, 56% Alkohol. Er probierte vorsichtig. Erstklassig, wirklich erstklassig. Nur mit Wasser verdünnen musste man jetzt noch, damit es wirklich leichter genießbar wurde und man es verkaufen konnte. So war es einfach noch zu hochprozentig. Aber verdünnen war gut, das ergab dann auch mehr Flaschen für den Verkauf. Er stellte einen großen Kunststoffkanister unter das Kupferrohr, damit das wertvolle Nass erst einmal aufgefangen wurde.
Wohin mit dem Vorlauf? Gerade als er den Eimer zur Seite stellen wollte, kam der Hahn herbeistolziert. Er sah den Eimer, hielt den Schnabel in die Flüssigkeit und probierte. Es war nicht viel, aber es genügte anscheinend bereits. Das Federtier krächzte einmal, stolzierte dann rückwärts und fing an mit den Flügeln zu flattern. Dann begann er zu rennen. Er rannte quer über den Hof durch die Schar Hennen, die wild auseinander stoben. Aber er nahm keine Notiz von seinem Harem. Aus dem Rennen wurde ein langsamer Gang, bei dem der Chef mit seinem stolzen Gefieder einen Fuß vor den anderen setzte, ganz geziert und sichtlich bemüht, das Gleichgewicht zu halten. Er versuchte zu krähen, aber da kam nichts. Jetzt fing er an wie wild mit den Flügeln zu schlagen. Dann nahm er Anlauf, flatterte wie besessen und hob schließlich ab. Knapp über dem Boden flog er jetzt einige Meter, hielt dabei aber direkt auf die Backsteinwand der Scheune zu und donnerte mit seinem roten Kamm dagegen. Er fiel um, streckte noch einmal seine Krallen nach oben und war ab dann ein toter Hahn.
Auch der Hofhund hatte höchst interessiert das Schauspiel beobachtet.
“Pluto, lass’ das!”
Aber Pluto hatte den Eimer längst entdeckt, streckte seine Nase hinein und - schlapp, schlapp - testete das Teufelszeug. Es schmeckte ihm nicht, und er ließ sofort wieder davon an. Aber dann! Ein kurzer Versuch, das brennende Gesöff wieder herauszuwürgen, scheiterte kläglich. Der Hund verdrehte die Augen, begann zu hecheln um sofort danach durchzustarten. Die Hennen ergriffen erneut die Flucht, da er jetzt eine Kreisbahn eingeschlagen hatte. Den Kopf fast auf dem Boden rannte er, was das Zeug hielt. Seine Zunge hing dabei links aus seiner Schnauze und schleifte über den gepflasterten Untergrund.
“Pluto, lass den Quatsch! Pluto!”
Aber der hörte nicht. Er rannte und rannte und rannte, der Kreis fand kein Ende. Nach einigen weiteren Runden brach das Tier schlagartig zusammen. Mit hervorgequollenen Augen und triefenden Lefzen lag der Hund jetzt regungslos am Boden.
“Hast du den Schnaps hingekriegt?” Sein Bruder! Der kam um die Ecke und sah den Hund.
“Was ist denn mit dem los?”
“Er hat probiert und dann ist er völlig durchgedreht. Den Hahn hat es auch erwischt!”
Ihm kam eine Idee. Sie hatten beide zusammen den Hof geerbt, und sein älterer Bruder war nicht das hellste Licht unter der Sonne.
“Die Viecher haben probiert? Hast du etwas falsch gemacht?“
“Quatsch - der Mirabellenbrand ist klasse, hat 56%. Den muss man nur noch verdünnen, dann können wir abfüllen! Den Vorlauf hier haben sie probiert!”
“Einen ganzen Eimer Vorlauf! Bist du verrückt, das sind ein paar Flaschen mehr! Den muss man auch nur verdünnen, dann geht es schon. Lass’ mal sehen!”
“Meinst du wirklich?” Eine Fangfrage.
“Na klar!” Sein Bruder betrachtete den Eimer, nahm einen Kanister mit Brunnenwasser und goss etwas davon hinein.
“So, kein Problem, das schmeckt auch!”
“Bist du sicher?”
“100%, so wie dein Schnaps 56% hat! Komm’, wir probieren mal! Lass’ uns einen trinken, du deinen Schnaps und ich die Mischung!”
“Wenn du meinst…ich hol’ die Gläser.”
Nicht auszudenken, wenn sein Bruder jetzt diesen Sprit trinken würde. Wenn dann noch die gleiche Schlußreaktion wie bei den beiden Freiwilligen vorher eintrat…dann stand einem Erbe nichts mehr im Wege. Kein sehr edler Gedanke, aber er wollte es ja so, hatte es ja selbst vorgeschlagen.
Sein Bruder nahm ein Glas und tauchte es in den Inhalt des Eimers. Er selbst hielt sein Glas unter den immer noch recht kräftigen Strahl, der aus dem Kupferrohr kam.
“Prost! Na dann lass’ uns mal testen, was du so gezaubert hast!”
Sie stießen ihre Gläser an und setzten sich an den Eichentisch vor der Scheune.
#“Hmmmm… gar nicht schlecht!”
Er nahm einen tiefen Schluck.
“Und was ist mit dir? Oder sollen wir deine 56% erst verdünnen?”
“Blödsinn! Prost!” Er leerte sein Glas mit einem Zug bis zur Hälfte.
“Na also, geht doch!”
“Damit kann man Traktor fahren, der brennt. Aber er schmeckt…Junge, schmeckt der!”
Er trank sein Glas aus, während sein Bruder für sich bereits Nachschub aus dem Eimer holte. Im Stehen trank er das Glas sofort aus, um es anschließend gleich wieder aufzufüllen. Dann setzte er sich wieder an den Tisch, mit glasigen, stierenden Augen, aber definitiv noch keinen Ausfallerscheinungen.
Er selbst hingegen war bereits weit mehr als angeheitert und hatte diese Zwischenphase des Alkoholgenusses einfach übersprungen. Sein Bruder stellte eine Flasche mit seinem 56%-Schnaps auf den Tisch, die er jetzt, dafür noch einmal aufstehend, aus dem Auslaß des Destilliergerätes abgefüllt hatte. Er schenkte ihm daraus nach.
“Trink, Brüderlein, trink’…”
Sie stießen erneut mit ihren Gläsern an. Der Mirabellenbrand tropfte bereits von seinen Mundwinkeln auf sein Hemd. Dann stieß er versehentlich sein Glas um, der Inhalt ergoss sich erst auf den Tisch, um sich danach von dort den Weg auf seine Hose zu bahnen.
“Pass’ doch auf! Nicht verschütten, trinken! Gut, dass ich die Flasche mitgebracht habe. Du kannst ja wohl kaum noch aufstehen. Komm’, ich schenk’ dir nochmal ein. Mal sehen, wer von uns beiden zuerst unter dem Tisch liegt. Ich bin dir übrigens mindestens ein Glas voraus!”
Er hob sein Glas und stieß wieder mit ihm an. Erneut fand nur die Hälfte der Flüssigkeit ihren Weg in den Mund, der Rest entleerte sich auf sein Hemd, das jetzt völlig durchtränkt war.
“Junge, Junge… hab’ ich einen sitzen… ” Das war der letzte einigermaßen klare Satz, danach konnte er nur noch lallen.
“Ich glaub’ ich hab’ dich gleich soweit. Scheint, ich habe gewonnen!” Er trank ein weiteres Glas vom verdünnten Fusel, in einem Zug.
“Ich…ich muss mal eine rau…rauchen…hast d-du Feuer?” stammelte sein Gegenüber und fummelte eine feuchte Zigarettenschachtel aus der Hosentasche. Dann sackte sein Kopf auf den Tisch, mit Mühe versuchte er ihn wieder anzuheben und mit der Hand unter dem Kinn abzustützen, aber sein Ellenbogen rutschte weg.
Rauchen? Innen und außen total durchtränkt von 56%igem Alkohol und sozusagen schon weggetreten? Seinem Bruder kam eine Idee. Die war zwar gefährlich, aber nicht für ihn. Und es war eine ideale Lösung, aus zwei mach eins.
“Warte, ich hol’ dir die Streichhölzer aus der Küche! Trink’ noch einen, du bekommst gleich Feuer!”
Wohin mit dem Vorlauf? Gerade als er den Eimer zur Seite stellen wollte, kam der Hahn herbeistolziert. Er sah den Eimer, hielt den Schnabel in die Flüssigkeit und probierte. Es war nicht viel, aber es genügte anscheinend bereits. Das Federtier krächzte einmal, stolzierte dann rückwärts und fing an mit den Flügeln zu flattern. Dann begann er zu rennen. Er rannte quer über den Hof durch die Schar Hennen, die wild auseinander stoben. Aber er nahm keine Notiz von seinem Harem. Aus dem Rennen wurde ein langsamer Gang, bei dem der Chef mit seinem stolzen Gefieder einen Fuß vor den anderen setzte, ganz geziert und sichtlich bemüht, das Gleichgewicht zu halten. Er versuchte zu krähen, aber da kam nichts. Jetzt fing er an wie wild mit den Flügeln zu schlagen. Dann nahm er Anlauf, flatterte wie besessen und hob schließlich ab. Knapp über dem Boden flog er jetzt einige Meter, hielt dabei aber direkt auf die Backsteinwand der Scheune zu und donnerte mit seinem roten Kamm dagegen. Er fiel um, streckte noch einmal seine Krallen nach oben und war ab dann ein toter Hahn.
Auch der Hofhund hatte höchst interessiert das Schauspiel beobachtet.
“Pluto, lass’ das!”
Aber Pluto hatte den Eimer längst entdeckt, streckte seine Nase hinein und - schlapp, schlapp - testete das Teufelszeug. Es schmeckte ihm nicht, und er ließ sofort wieder davon an. Aber dann! Ein kurzer Versuch, das brennende Gesöff wieder herauszuwürgen, scheiterte kläglich. Der Hund verdrehte die Augen, begann zu hecheln um sofort danach durchzustarten. Die Hennen ergriffen erneut die Flucht, da er jetzt eine Kreisbahn eingeschlagen hatte. Den Kopf fast auf dem Boden rannte er, was das Zeug hielt. Seine Zunge hing dabei links aus seiner Schnauze und schleifte über den gepflasterten Untergrund.
“Pluto, lass den Quatsch! Pluto!”
Aber der hörte nicht. Er rannte und rannte und rannte, der Kreis fand kein Ende. Nach einigen weiteren Runden brach das Tier schlagartig zusammen. Mit hervorgequollenen Augen und triefenden Lefzen lag der Hund jetzt regungslos am Boden.
“Hast du den Schnaps hingekriegt?” Sein Bruder! Der kam um die Ecke und sah den Hund.
“Was ist denn mit dem los?”
“Er hat probiert und dann ist er völlig durchgedreht. Den Hahn hat es auch erwischt!”
Ihm kam eine Idee. Sie hatten beide zusammen den Hof geerbt, und sein älterer Bruder war nicht das hellste Licht unter der Sonne.
“Die Viecher haben probiert? Hast du etwas falsch gemacht?“
“Quatsch - der Mirabellenbrand ist klasse, hat 56%. Den muss man nur noch verdünnen, dann können wir abfüllen! Den Vorlauf hier haben sie probiert!”
“Einen ganzen Eimer Vorlauf! Bist du verrückt, das sind ein paar Flaschen mehr! Den muss man auch nur verdünnen, dann geht es schon. Lass’ mal sehen!”
“Meinst du wirklich?” Eine Fangfrage.
“Na klar!” Sein Bruder betrachtete den Eimer, nahm einen Kanister mit Brunnenwasser und goss etwas davon hinein.
“So, kein Problem, das schmeckt auch!”
“Bist du sicher?”
“100%, so wie dein Schnaps 56% hat! Komm’, wir probieren mal! Lass’ uns einen trinken, du deinen Schnaps und ich die Mischung!”
“Wenn du meinst…ich hol’ die Gläser.”
Nicht auszudenken, wenn sein Bruder jetzt diesen Sprit trinken würde. Wenn dann noch die gleiche Schlußreaktion wie bei den beiden Freiwilligen vorher eintrat…dann stand einem Erbe nichts mehr im Wege. Kein sehr edler Gedanke, aber er wollte es ja so, hatte es ja selbst vorgeschlagen.
Sein Bruder nahm ein Glas und tauchte es in den Inhalt des Eimers. Er selbst hielt sein Glas unter den immer noch recht kräftigen Strahl, der aus dem Kupferrohr kam.
“Prost! Na dann lass’ uns mal testen, was du so gezaubert hast!”
Sie stießen ihre Gläser an und setzten sich an den Eichentisch vor der Scheune.
#“Hmmmm… gar nicht schlecht!”
Er nahm einen tiefen Schluck.
“Und was ist mit dir? Oder sollen wir deine 56% erst verdünnen?”
“Blödsinn! Prost!” Er leerte sein Glas mit einem Zug bis zur Hälfte.
“Na also, geht doch!”
“Damit kann man Traktor fahren, der brennt. Aber er schmeckt…Junge, schmeckt der!”
Er trank sein Glas aus, während sein Bruder für sich bereits Nachschub aus dem Eimer holte. Im Stehen trank er das Glas sofort aus, um es anschließend gleich wieder aufzufüllen. Dann setzte er sich wieder an den Tisch, mit glasigen, stierenden Augen, aber definitiv noch keinen Ausfallerscheinungen.
Er selbst hingegen war bereits weit mehr als angeheitert und hatte diese Zwischenphase des Alkoholgenusses einfach übersprungen. Sein Bruder stellte eine Flasche mit seinem 56%-Schnaps auf den Tisch, die er jetzt, dafür noch einmal aufstehend, aus dem Auslaß des Destilliergerätes abgefüllt hatte. Er schenkte ihm daraus nach.
“Trink, Brüderlein, trink’…”
Sie stießen erneut mit ihren Gläsern an. Der Mirabellenbrand tropfte bereits von seinen Mundwinkeln auf sein Hemd. Dann stieß er versehentlich sein Glas um, der Inhalt ergoss sich erst auf den Tisch, um sich danach von dort den Weg auf seine Hose zu bahnen.
“Pass’ doch auf! Nicht verschütten, trinken! Gut, dass ich die Flasche mitgebracht habe. Du kannst ja wohl kaum noch aufstehen. Komm’, ich schenk’ dir nochmal ein. Mal sehen, wer von uns beiden zuerst unter dem Tisch liegt. Ich bin dir übrigens mindestens ein Glas voraus!”
Er hob sein Glas und stieß wieder mit ihm an. Erneut fand nur die Hälfte der Flüssigkeit ihren Weg in den Mund, der Rest entleerte sich auf sein Hemd, das jetzt völlig durchtränkt war.
“Junge, Junge… hab’ ich einen sitzen… ” Das war der letzte einigermaßen klare Satz, danach konnte er nur noch lallen.
“Ich glaub’ ich hab’ dich gleich soweit. Scheint, ich habe gewonnen!” Er trank ein weiteres Glas vom verdünnten Fusel, in einem Zug.
“Ich…ich muss mal eine rau…rauchen…hast d-du Feuer?” stammelte sein Gegenüber und fummelte eine feuchte Zigarettenschachtel aus der Hosentasche. Dann sackte sein Kopf auf den Tisch, mit Mühe versuchte er ihn wieder anzuheben und mit der Hand unter dem Kinn abzustützen, aber sein Ellenbogen rutschte weg.
Rauchen? Innen und außen total durchtränkt von 56%igem Alkohol und sozusagen schon weggetreten? Seinem Bruder kam eine Idee. Die war zwar gefährlich, aber nicht für ihn. Und es war eine ideale Lösung, aus zwei mach eins.
“Warte, ich hol’ dir die Streichhölzer aus der Küche! Trink’ noch einen, du bekommst gleich Feuer!”