hilflos

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HerbertH

Mitglied
ja wo leben wir denn?
ich sehe zerstörte gebäude
nicht alle opfer werden gezeigt
nein ich dulde es nicht

nein ich leide zu sehr
mit denn selbst hab ich es
nicht erlebt, das ähnliche leid
in mitteleuropa

ich habe die horrorgeschichten
der eltern und großeltern
gehört und nicht richtig verstanden
und keiner soll es mehr dulden

ich zweifle an dem was
die schule uns lehrte von aufklärung
von moral die kirche und von gerechtigkeit
die fama von einsicht vernunft

ich leide und ich kann so wenig
tun und bewirken gegen das grauen
an das die spiele kids
gewöhnen und abstumpfen
 

Label

Mitglied
Lieber Herbert

dein Gedicht hat mich eigenartig berührt und betroffen gemacht.
In Teilen betroffen, denn das ist das eigenartige, mit dem größten Teil kann ich mich identifizieren aber anderes geht strikt dagegen.
Es ist diese Mixtur die mich nachdenklich und meine eigene Position auszuloten gemacht hat.

Das gruselige ist: das Lyri hat zwar aus meiner Sicht in vielen Dingen recht, aber die Art und Weise dies auszudrücken und dann eventuell umzusetzen zu wollen, liefe geradewegs wieder auf solche Ergebnisse hinaus, die beklagt werden.

In deinem Gedicht sind die wünschenswerten humanitären Gedanken mit den engstirnigen diktatorischen verwoben.
Eine gefährliche Mischung. Eine beliebte Mischung von Demagogen aller Art.
Denn es wird Zeitgenossen geben, die das nicht entwirren können und die sich dann Sprengstoff umschnallen, Arbeitgeberpräsidenten entführen oder Geständnisse aus Verdächtigen foltern.

Lieber Herbert danke für dieses Gedicht und ja, hilflos ist das richtige Wort

Lieber Gruß
Label
 

HerbertH

Mitglied
Liebe Label,

eine interessante Interpretation, die Konnotationen sichtbar gemacht hat, die sich mir beim Schreiben so nicht dargestellt hatten.

Es ist sicherlich neben beklagenden Gedanken auch ein Impetus enthalten, etwas zu ändern. Allerdings kann man auch statt Aufruf zum Aufruhr einfacher einen Ansporn zur Gegenrede und zum Engagement lesen. So hatte ich mir das vorgestellt. Aber es ist bedrückend, dass je nach Rezipient auch ganz anderes mitgelesen werden kann.

Auch das zeigt die Hilflosigkeit.

Danke für diesen Kommentar und Deine Gedanken zu diesem Gedicht.

Liebe Grüße

Herbert
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Herbert,

Dein Gedicht lese ich anders, als Label es tut.

Wenn ich auch noch ein Kind war, habe ich doch das Grauen des 2. Weltkriegs mit erlebt und auch ich kann es nicht fassen, dass Kindern und Jugendlichen Spiele in die Hand gegeben werden, mit denen sie rumballern können, als machte es gar nichts, wenn ein Mensch zu Tode kommt.

Man hat Versuche gemacht und Menschen dazu aufgefordert, andere Menschen zu töten. Dabei herausgekommen ist, dass Menschen am schnellsten dazu bereit waren, wenn sie den Tod nur per Knopfdruck bewerkstelligen konnten.

Auch ich bin entsetzt darüber, dass Kinder auf diese Weise eine Abstumpfung erleiden gegenüber dem Tod von Mitmenschen.
Aber auch ich weiß nicht, was man dagegen tun kann.

Danke, dass Du diesen Text hier eingestellt hast!

Liebe Grüße
Vera-Lena
 
D

Die Dohle

Gast
Hallo HerbertH,
ich finde, dein text ist richtig. aber der ist die hälfte der geschichte. ich suchte und fand, es kann etwas getan werden. bescheiden, schlicht, man kann die kids, die einem erreichbar sind konfrontieren. mit bildern aus syrien. mit echten soldaten, jeder kennt welche, mit leuten von den ärzten ohne grenzen, die machen ausstellungen über ihre arbeit in krisengebieten, mit flüchtlingen, die in jeder deutschen kleinstadt zu finden sind. damit bildern echte menschen begegnen, das ist es ...

vielleich gelingt mir ja mal in dem sinne eine antwort auf deine zeilen ;-)

lg
die dohle
 

HerbertH

Mitglied
Liebe Vera-Lena,

es macht so vieles so hilflos, dass man sich fragen muss, wie man damit umgehen kann.

Danke für Deine Gedanken zu diesem Gedicht.

Liebe Grüße

Herbert
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Herbert!

Danke für diesen wichtigen Text.
Ich gehe hier mir Dohle konform, dass man die Kids in die Realität holen muss. Das erlebe ich fast täglich im Unterricht und oft funktioniert es.

Liebe Grüße
Manfred
 

HerbertH

Mitglied
Lieber Manfred,

wohl dem, der qua Beruf so einwirken kann. Kann aber nicht jeder, leider.

Liebe Grüße

Herbert
 

Thylda

Mitglied
Lieber Herbert

Wie die Hemmschwelle von Menschen immer weiter gedrückt wird, macht mich schon lange wütend. Die altbekannte Salamitaktik funktioniert leider hervorragend.

Bei Kindern fängt es an. Zunächst kleine Spiele in der die Figur durch die Gegend hüpft und auf Steine haut, die dann verschwinden. In der nächsten Stufe zerspringen die Steine, dann Figuren die erst verschwinden, dann umfallen, dann zerspringen usw usw bis die Spiele schließlich darstellen, wie die Eingeweide gegen die Wand gespritzt werden. Alles immer in kleinen Schritten, die Aufregung der größer werdenden Allmacht in den Spielen, die der tatsächlichen Ohnmacht im echten Leben gegenübersteht.

Der Einzelne, der unter dem Hinweis der Bedrohung sich immer mehr Kontrolle und Einschränkung gefallen hat lassen. Dahingehend, daß Politiker und deren Ausrichtung, die die Mehrheit der Bevölkerung nicht gewählt hat, das "sagen" haben. Jedenfalls nach außen, dort wo man nicht sehen kann, wie sie mit unliebsamen Informationen und Wirtschaftsmacht genau dorthin geschoben werden, wo sie die eigentlichen Entscheider haben wollen.

Genau diese Politiker schicken dann die "überzähligen" abgestumpften oder verzweifelten Söhne dieser Welt für einen Soldatenlohn oder die jämmerliche Aussicht auf Heldentum los, um die Pfründe der Drahtzieher zu verteidigen. Sie werden zum Sterben geschickt, während die Nutztragenden bequem und optimal gesättigt und medizinisch betreut im Sessel 100 Jahre alt werden.

Es widert mich an.

Es ist genau diese Hilflosigkeit, die Du so treffend beschrieben hast. Und am Ende die bittere Erkenntnis, daß jede Machtstruktur immer nur so mächtig ist, wie wir anderen sie sein lassen. Es gäbe schon Mittel und Wege, aber nur sehr theoretische. An der Brent Spar hat sich damals gezeigt, wie mächtig alle zusammen sind, aber unsere Bequemlichkeit, Inkonsequenz und vor allem die mangelnde Solidarität führt immer wieder dazu, daß der Einzelne ganz einfach hinfortgefegt werden kann.

Danke für Deinen Text, auch wenn er mir die Ohnmacht wieder vor Augen geführt hat, die ich nur allzugerne verdränge...

Thylda
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Das Problem verankert sich in einem Vers wie diesem:
"die fama von einsicht vernunft".
 

MIO

Mitglied
Ich glaube nicht mehr daran, dass wir hilflos sind.
Ich glaube, dass wir alle Schöpfer sind und auch wir
dazu beitragen können unere Umwelt zu ändern.
Du hast mit deinem Gedicht schon viel getan
Vielleicht regt es einige zum Nachdenken an.
Danke
MIO
 

HerbertH

Mitglied
ja, liebe thylda, lieber mondnein, lieber MIO,


das Gedicht zeigt die hilflosigkeit auf, ein schlüsselsatz
ist "die fama von einsicht vernunft" und ja, wir haben noch auswege, die wir nutzen können.

Liebe Grüße

Herbert
 



 
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