Himmelfahrt 4 (Es ist nicht leicht zum Geiste Du zu sagen)

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mondnein

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Himmelfahrt

4.


Es ist nicht leicht zum Geiste Du zu sagen
Und es zu meinen ohne zu verkleinern
Gerechtigkeit zu einem scharfen Richter
Die Poesie des Alls zu einem Dichter -
Soll er als Herr die Schöpfung überragen?
Sein Werk will sich zur Selbstgeburt verfeinern!

Dies Blau hat keine Häfen oder Buchten
Kann denn ein Ich durch alle Himmel fahren?
Wie kann Person Unendlichkeit durchqueren
Entblättern ihre eignen Zwiebelsphären
Wo schon Ekstasen den Verstand versuchten
Da kann sich keine Selbstbehauptung wahren

Und doch: des Raumes Tiefe will erglänzen
In sanfter Wölbung Joch - Empfindungsschleifen
Zu einer Blütenmitte hingesogen
Zu einem Sonnenvogelnest gebogen
Der Ganze will im Ganzen sich ergänzen
Er schlüpft und fliegt und kann die Ferne streifen

Kann sich in der Geschöpfe Schwung berühren
Im Wurf der Saat im Rausch der Fruchtbarkeiten
In Kampfeslust durch milderes Verständnis
In wildem Sturz durch tragende Erkenntnis
In uns will sich die Ewigkeit verlieren
Und zwischen uns durchkreuzen sich die Zeiten
 

ENachtigall

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Hallo Mondnein,

ich ahne schon, dass die stringente Elfsilbigkeit deiner Zeilen was bedeutet; und doch widerspenst etwas in mir.
Will lieber sagen: Es ist nicht leicht, den Geist zu duzen. Und ziehe doch den Hut vor dem Gedicht!

Sei freundlich gegrüßt,
Elke
 

mondnein

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den Geist zu duzen
ja, liebe Elke.

ich sehe einen Unterschied: "duzen" steht im Gegensatz zu "Siezen"; "Du zu sagen" ist allgemeiner die 2. Person Singular im Unterschied zur 3.Person. Es könnte oben auch stehen: "Sie zu sagen", wie Theresa von Avila Gott angesprochen hat, das läge in der gleichen Linie, weil es auch eine personale Beziehung, die "zweite Person Singular" eben, ausdrücken würde. Natürlich ist "Du" drastischer und dichter an der Person als "Sie".

zwei außergewöhnlich gute Zeilen.
danke, Franke,
aber ich kämpfe innerlich noch immer gerade mit dieser Klausel. Etwa in dem Sinne, das "berühren" oben gegen dieses "verlieren" auszutauschen. Und wie durchkreuzen sich die Zeiten, wenn wir doch alle eine einzige Gegenwart gemeinsam haben? Ich denke an Kant: Zeit als die apriorische Form des inneren Sinnes, also jeder hat seine eigene, dann sind sie disparat zueinander.

grusz, hansz
 



 
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