Himmelskräfte Sonett

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Walther

Mitglied
Himmelskräfte


Ich treffe dich auf einer Bahn im Schwarzen:
Du drehst, wo‘s furchtbar kalt ist, deine Runden.
Dein Schatten streift mich ein paar Lichtsekunden.
Ich höre Sphärenschwingen, leises Knarzen:

Es kitzelt mich an meinen Schwerkraftfransen.
Du folgst diffusem Licht von fernen Sonnen.
Es ist schon zur Vergangenheit geronnen
Und stammt aus einem Galaxienpansen,

Wo sich Materie und dunkle Kräfte
Zu großen blauen Riesensternen ballen,
Um die in Gasstaubschlieren großer Scheiben

Planeten still Ellipsenbahnen schreiben:
Weil ich als Doppelstern mich an dich hefte,
Ist unser Los ein In-einander-Fallen.
 

Circulo

Mitglied
Lieber Walther,

Ein paar Notizen zu Deinem fesselnden Gedicht.
Die Überschrift legte mir etwas Christliches, Religiöses nahe. Dieser Erwartung wird enttäuscht. Wir befinden uns im Kosmologischen, wobei zum Schluss hin eine Verbindung von beidem möglich ist.
Du verwendest Substantive, die mich im ersten Moment mit keinen Bildern erfüllen. Dadurch erhalten für mich die Bewegungen selbst Plastizität.
Ich werde mit der dritten Strophe in diesen seltsamen Erinnerung-Ort der Herkunft (?) gezogen.
Das Sonett schafft eine beeindruckende Stimmung! Das "Knarzen" kommt mir immer wieder in den Sinn.
Ich habe Probleme mit dem "Schatten", der "mich" "Lichtsekunden" "streift".

Gruß
Circulo
 

Walther

Mitglied
lb Circulo,

danke für deinen ausführlichen eintrag. das sonett ist aus der spaß an der sprache entstanden. ich hatte nicht vor, damit einen blumentopf zu gewinnen. am ende war ich selbst überrascht über den text. manchmal schreibt sich eben gedicht "einfach so".

es schien spannend zu sein, die himmels/mächte/kräfte in ihren verschiedenen spielarten zu verweben. die lichtsekunden lassen sich leicht ausrechnen. basis ist die lichtgeschwindigkeit. was mit schatten gemeint ist, kann man auf der erde in sonnen- und mondfinsternissen anschauen. diese haben eine spezifische dauer, die man aus den jeweiligen konstellation auch in lichtsekunden ausdrücken könnte.

ich will nicht verhehlen, daß man etwas wissen über und interesse für physik zum verständnis braucht. im zeitalter von herrn oder frau doktor gugl ist das aber kein hindernisgrund mehr, ein gedicht, das einen interessiert, zu entschlüsseln.

frohes dichten und werken!

lg w.
 
O

orlando

Gast
Hallo Walther,
für eine Beurteilung deiner Sternenkunde fehlt es mir an Basiswissen, da diese aber von unserem Naturwissenschaftler Herbert "abgesegnet" worden ist, scheint es hoch droben so zuzugehen.

Jedenfalls:
Mich entzücken deine Sprachspielereien, insbesondere der "Galaxienpansen" bei dem sich mir allerdings die bange Frage nach dessen himmlischer Zukunft aufdrängt:
Was wäre, wenn ein mephistophelischer Riesenpudel Appetit auf auf eben diesen Pansen bekäme?
Nicht auszudenken!

Lediglich das "Knarzen" widerstrebt mir gelind, geht aber als Kontrastprogramm in diesem humoristischen Werk noch gerade dorsch.
Alternativ gäbe es noch Quarzen, Parzen, Warzen ... ;)

Lächelnde Grüße
orlando
 

Walther

Mitglied
hi orlando,

danke für eintrag und wertung.

knarzen ist wunderbar. warum? holzdienen knarzen, wenn man sie betritt (und sie ein wenig locker sind und trocken/alt). ebenfalls "knarzt" in einem kurzwellenempfänger der ton, wenn atmosphärische störungen und andere induktive effekte die sendequalität der kurzwelle "stört". und genau darauf hebt der text ab. es ist so schön "alt", dieses geräusch. als die radios noch röhrengeräte waren, ... :D

jedenfalls knarzt die sphärenschwingung, die ja auch so herrlich von gestern ist. :)

in der tat ist dieser text ein riesenspaß gewesen. möglicherweise hatte nur der autor etwas davon. weil man natürlich die bilder ein wenig verstehen muß, die da verwandt wurden. die idee, ein mephistophelischer riesenhund sauste durch den Andromedanebel und fräße die sternengeburtsstätten in der Kleinen Magellanschen Wolke auf (dort den sternenhaufen NGC 346, wo die post abgeht, da gibt es auch die Blauen Riesen, von denen das sonett spricht, in hoher dichte).

danke, daß du den spaßaspekt so herausgehoben hast. denn darum ging und geht es!

lg w.
 



 
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