Hoffnung auf ein spätes Glück

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Curd Belesos

Mitglied
Ist erst einmal der Wunsch im Herz geboren,
Geht auch der tiefste Winterschlaf vorbei,
Schon ist des Lebens Einsamkeit verloren,
Und das Gefühl der Liebe grünt aufs neu.

Wie denn die Knospe langsam wächst zur Fülle,
Bis sie uns dann als Rose strahlend blüht,
Reift dir die Liebe leis in zarter Hülle,
Bis sie vor Sehnsucht immer heißer glüht.

Du wirst erneut verliebt dein Herz verschenken,
Mit so viel Hoffnung auf ein spätes Glück,
Und voll Verlangen an Erfüllung denken,
Vertane Zeit kehrt niemals mehr zurück.

Dich stört der Silberschein in deinen Haaren,
Auch dass es dir an manchem schon gebricht,
Doch auch der Herbst in deinen Lebensjahren,
Verschließt das Herz vor neuer Liebe nicht.
 
F

Fettauge

Gast
Lieber Curd,

im Grunde ein schönes Altersliebesgedicht. Allerdings würde ich einschränken, dass es ein mehr "akademisches" Gedicht ist: Einer stellt sich hin und gibt von sich, was er so von der Altersliebe hält. Und das tut er vor allem aus positiver Sicht, ein bisschen vom Katheder herab, aber die Liebe jedes Alters hat auch ihre Schattenseiten, gerade bei älteren Menschen, ein kleiner Anklang daran fehlt mir in deinem Gedicht, ein bisschen zu sehr heile Welt. Aber vielleicht braucht man bei diesem Thema ein bisschen heile Welt ganz besonders. Sonst glaubt das ja keiner, das mit der Liebe der Älteren.

Zum Technischen:
Metriktechnisch gesehen gibt es meinerseits ein dickes Lob.
Zur ersten Strophe: "der Wunsch im Herz geboren" - hier müsste es natürlich "im Herzen geboren" heißen. In Vers 3 geht "die Einsamkeit verloren" - das würde ja bedeuten, dass die nunmehrige Zweisamkeit doch ein Negativum enthält. Aber ich denke, hier hat dir der Reimteufel mitgespielt. Wobei außerdem die Frage wäre, ob ein Gefühl "grünen" kann, es wächst, blüht auf oder so.

In Strophe 2 finde ich die Formulierung "reift dir die Liebe leis in zarter Hülle" ein bisschen bemüht. Von welcher zarten Hülle redest du hier?

Sprachlich bemühst du dich, "lyrisch" zu schreiben, ein bisschen dick, wie ich finde, ich will nicht von Übertriebenheiten reden, aber das Gefühl, dass du hier "Kunst" machen wolltest, habe ich doch. Die Kunst besteht aber nicht darin, mit Ungewöhnlichem Geschwollenheiten von sich zu geben, sondern darin, in menschlichen, einfachen Worten die großen Gefühle ausdrücken zu können.

Das Komma hinter "Lebensjahren" ist zuviel.

Liebe Grüße, Fettauge
 

poetix

Mitglied
Hallo Curd,
dein Gedicht finde ich soweit ganz in Ordnung. Es ist keine neue Welterkenntnis, aber, so habe ich den Eindruck, aufrichtig gefühlt. Das ist das Wichtigste.
Viele Grüße
poetix
 

Curd Belesos

Mitglied
Ist dir im Herzen erst der Wunsch geboren,
Geht auch der tiefste Winterschlaf vorbei,
Schon ist des Lebens Einsamkeit verloren,
Und das Gefühl der Liebe grünt aufs neu.

Wie denn die Knospe langsam wächst zur Fülle,
Bis sie uns dann als Rose strahlend blüht,
Reift dir die Liebe leis in zarter Hülle,
Bis sie vor Sehnsucht immer heißer glüht.

Du wirst erneut verliebt dein Herz verschenken,
Mit so viel Hoffnung auf ein spätes Glück,
Und voll Verlangen an Erfüllung denken,
Kehrt auch der Jugend Zeit nie mehr zurück.

Dich stört der Silberschein in deinen Haaren,
Auch dass es dir an manchem schon gebricht,
Doch auch der Herbst in deinen Lebensjahren
Verschließt das Herz vor neuer Liebe nicht.
 

Curd Belesos

Mitglied
Moin moin Fettauge,

im Grunde ein schönes Altersliebesgedicht. Einer stellt sich hin und gibt von sich, was er so von der Altersliebe hält.
Ja, der alternde Dichter schreibt es an seine gleichaltrige Geliebte, die es fast unmoralisch findet, im Spätherbst des Lebens sich den Gefühlswallungen hinzugeben und eine „Späte Liebe „ zu wagen.

Zum Technischen:
In Vers 3 geht "die Einsamkeit verloren" - das würde ja bedeuten, dass die nunmehrige Zweisamkeit doch ein Negativum enthält.
Muss man es so sehen? Ist es nicht vielmehr ein Glück, wenn die Liebe die Einsamkeit verdrängt und die Einsamkeit verloren geht? Einsamkeit im Alter ist bedrückend.

Wobei außerdem die Frage wäre, ob ein Gefühl "grünen" kann, es wächst, blüht auf oder so.
…oder so…. das Gefühl der Liebe grünt, wächst, blüht neu, wie der Blütenzweig im Frühling.

In Strophe 2 finde ich die Formulierung "reift dir die Liebe leis in zarter Hülle" ein bisschen bemüht. Von welcher zarten Hülle redest du hier?
Schade, es tut mir leid, wenn du die Verbindung zwischen der Rose in ihrer Knospe und der Liebe in zarter Hülle nicht nachvollziehen kannst.

Ich habe mich sehr über deinen, doch sehr ausführlichen Kommentar gefreut.

Hi, Mondnein

Deine berechtigte Frage hat mich dazu angeregt, die Zeile zu überdenken und neu zu formulieren.
Danke für den Anstoß.


Hallo poetix

deinen Worten ist nichts hinzu zu fügen, auch nicht von mir.
:)))

Ich danke euch für die Arbeit an meinem Gedicht, hat sie mir doch geholfen besser zu werden.

Curd
 



 
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