Hohelied

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Tula

Mitglied
Hohelied

Wenn Dichter nichts zum Dichten finden,
dann legen sie sich unter Linden,
Kastanien, Eschen oder Fichten
und lassen ‘s einfach mit dem Dichten.

Wenn ihnen jäh Ideen kommen,
sind ‘s in der Regel keine frommen,
gereifte oder gar gesunde,
jedoch in jedem Fall: profunde!

Schon schreiben sie, in meist abstrusen
Gedichten über Herz und Busen,
von Hoffnung, Lust und dem Verlangen
nach Knospensprung und Spargelstangen.

Sie zieht es schließlich an den Tresen,
wo sie vom Tagewerk genesen.
Sie saufen bei Studentenfutter
und taumeln heim zu ihrer Mutter.
 
Zuletzt bearbeitet:

L'étranger

Mitglied
Hallo Tula,

ein gelungener Schwank, bis auf den ersten Vers in der letzten Strophe - die Inversion ist hässlich.

Vielleicht: "dann zieht es sie an einen Tresen" ?

Gruß Lé.
 

anbas

Mitglied
Hallo Tula,

sehr gern gelesen.

Dem Vorschlag von Lé schließe ich mich an, zumal dann sowohl "zieht" als auch "sie" betont wird, wodurch für mich der Vers dadurch noch prägnanter wirkt. Andererseits empfinde ich diese Stelle auch nicht als all zu störend.

Liebe Grüße

Andreas
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Ja, so sind sie wohl, unsere Dichter. Was machen eigentlich die Dichterinnen abends? Werden die auch so oft am Tresen gesehen?;)
Die Inversion gefällt mir auch nicht so gut. Mein Vorschlag:

Danach bleibt abends nur der Tresen

Gruß, Ciconia
 

Tula

Mitglied
Moin in die Runde
Dank euch allen! Zum genannten Vers: ich wollte in der Tat die Wiederholung des Wörtchens 'dann' vermeiden, weil es bereits in S1 steht.
'Danach' kann man auf beiden Silben betonen, wobei ich andererseits die Abfolge (im Sinne von 'nach der Arbeit') ausdrücken wollte.
Eine Variante wäre:

Sie zieht es schließlich an den Tresen

Passt auch phonetisch. Ich nehme das jetzt mal.

Dankend lieben Gruß
Tula
 

Tula

Mitglied
Liebe Ciconia
Gute Frage: was machen die Damen der Schöpfung? Nun muss ich das wirklich einer solchen überlassen, sonst treffen mich noch Butterkekse und Teekannen ;)

LG
Tula
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Hallo Tula,

schließlich ist sicher nicht falsch - nur solltest Du bedenken, dass es laut Duden auch eine zweite Bedeutung hat

drückt aus, dass die jeweilige Aussage nach Auffassung des Sprechers eine allein ausreichende und sofort einleuchtende Erklärung, Begründung für etwas anderes darstellt
Beispiel : Er ist schließlich mein Freund


Aber das ist vermutlich schon Erbsenzählerei.
Butterkekse und Teekannen
Na ja, zur Beruhigung wäre manchmal schon ein Pomeranzentee angebracht. Aber ein gepflegtes Pils tut es auch. Ohne Butterkekse. :D

Gruß, Ciconia
 
G

Gelöschtes Mitglied 21900

Gast
Mit den letzten beiden Zeilen, Tula, kann ich mich nicht anfreunden. Für mein Gefühl zerstören sie das Dichter-Bild, das du bis dahin gezeichnet hast, jetzt ist dein Dichter insgesamt nur noch ein herumplapperndes Muttersöhnchen. Ich kenne die Figur des versoffenen Dichters, und ich weiß, im Suff ist schwer dichten. Herauskommen in der Regel nur Banalitäten, aber! Drumherum windet sich da ums Banale manchmal das heilige Pathos – und bei einigermaßen talentierten Versemachern kann das dann sehr komisch ausfallen. Von diesem Pathos würde ich etwas in die beiden Schlusszeilen packen. Ich will mich aber nicht in deine Dichtkunst einmischen. Gruß KK
 

Tula

Mitglied
Hallo Klaus
Gehen wir einfach mal davon aus, dass es sich hier um ein noch sehr junges Talent handelt ;)
Aber es stimmt, es gibt da noch andere Klischees, z.B. des Dichters als gern gesehender Gast im Rotlichtviertel oder eben der der verkrachten Beziehungen (siehe Rilke). Ich muss mich jetzt etwas schämen, weil ich weder das eine, noch das andere bin :rolleyes:

Aber gut, sollte das Werk irgendwo in einen Wettbewerb treten, komische Lyrik natürlich, werde ich über die Pointe nochmal etwas tiefer nachdenken, wenn möglich unter einer Palme

LG
Tula
 
G

Gelöschtes Mitglied 21900

Gast
Der Dichter als Palmweintrinker – eine noch unverbrauchte exotische Variante. Das hat was!
 
G

Gelöschtes Mitglied 21884

Gast
Knospensprung und Spargelstangen ... taumeln heim zu ihrer Mutter

Der Gestus scheint etwas überspannt, aber die Richtung könnte dann und wann nicht falsch sein.
Hatte Vergnügen an diesem Gedicht!

Béla
 



 
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