Hohes Selbstwertgefühl

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Stavanger

Mitglied
Es sang die Amsel mir allein
vom Lauf der Welt den Morgen lang.
Sie wollt mein Frühlingsbote Bote sein,
und huldigend war ihr Gesang.

Der Erlbaum blühte nur für mich,
beim nahen Wald in seiner Pracht.
Mein Wächter war er sicherlich
des Tags wie in der dunklen Nacht.

Ein Bächlein sprang, um mich zu loben,
weil's grad die rechten Dinge glaubte.
Der Adler selbst am Himmel oben
zog Kreise über meinem Haupte.

Ich fand das gut. Auch wurd es Zeit,
dass man den Wert in mir entdeckte:
den Edelmut, die Vornehmheit
und was noch alles in mir steckte.

Als gar die Sonne sich verneigte,
mit milder Wärme, wie ich's mag,
ein voller Mond sich golden zeigte,
da war's doch kein ganz schlechter Tag.
 
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petrasmiles

Mitglied
Da ist doch was dran - das alles ist für den, der es wahrnimmt!
Gut, dass Du Dir diese Sahneschnittchen angeeignet hast!

Liebe Grüße
Petra
 

mondnein

Mitglied
Es sang die Amsel mir allein
vom Lauf der Welt den Morgen lang.
Sie wollt mein Frühlingsbote Bote sein,
und huldigend war ihr Gesang.
wars die Lerche oder die Nachtigall?

oder die Haubenmeise?

das ganze Lied gewönne dadurch, daß Du anstelle des "ich" und "mir" und "mein" ein angesprochenes "du" und "dir" und "dein" einsetztes:

Es sang die Amsel dir allein
vom Lauf der Welt den Morgen lang.
Sie wollt dein Frühlingsbote Bote sein,
und huldigend war ihr Gesang.
so als Versuch

grusz, hansz
 

sufnus

Mitglied
das ganze Lied gewönne dadurch, daß Du anstelle des "ich" und "mir" und "mein" ein angesprochenes "du" und "dir" und "dein" einsetztes:
Da kann ich nur ein All-umfassendes Sonne-Mond-und-Sterne-Nein in die Runde werfen: Das Gedicht ist im Ich-Modus ein frivoler Leseschmaus, während es in der Du-Form zu einem brabbelbräsigen Düffelgedoffel verklumpt. Man kippt doch auch keinen Fix-Soßenbinder an ein Champagnersabayon. Brrrrr!
LG!
S.
 

Stavanger

Mitglied
Hallo ihr beiden!

Ich verpasse immer die Hälfte, weil ich nur selten hier bin, sorry.
Den "Du-Vorschlag" finde ich ... etwas seltsam, jedenfalls wär's dann nicht mehr mein Gedicht oder meine Grund-Idee. Auch mit dem Titel hätte es dann nichts mehr zu tun, das (zu) hohe Selbstwert-Gefühl wäre weg.
Ich fand's interessant, mal alle Natur-Regungen auf sich selbst zu beziehen, so als wäre das LI selbst ein (DER) Gott.

Klar ginge es auch anders, aber ...
Naturgemäß freue ich mich da, dass sufnus es ähnlich empfindet.

Euch einen schönen Gruß, und beiden sei gedankt!
Uwe
 

mondnein

Mitglied
Ich fand's interessant, mal alle Natur-Regungen auf sich selbst zu beziehen, so als wäre das LI selbst ein (DER) Gott.
was für ein "Gott" soll denn das sein?

und die Selbstüberschätzung, in einer so langen Litanei - wen interessiert das? es hat ja nichts Satirisches,
tja, ich bin von Natur aus humorlos, mir entgeht der Reiz.
es tröstet mich nicht, denn aus der durchaus richtigen Selbstbezogenheit - z.B. ist es natürlich so, daß die Amsel für mich singt, denn ich habe die entsprechende Wahrnehmung, und so gar ein ästhetisches und neugieriges Bewußtsein von dem schönen Geflöte - wird hier eine Persiflierung des Wachbewußtseins gemacht, ohne Wertschätzung des Wahrgenommenen, des interesselos Schönen. Wenn sich die Sonne vor mir verneigt, verneige ich mich selbstverständlich auch vor ihr.

Kurz: der Bezug des Wahrgenommenen auf ein wahrnehmendes Bewußtsein ist zu normal und natürlich, als daß es lustig wäre.

grusz, hansz
 

James Blond

Mitglied
und die Selbstüberschätzung, in einer so langen Litanei - wen interessiert das? es hat ja nichts Satirisches,
... und wie sehr es gerade auf diesen Seiten etwas Satirisches hat, beweisen mir oft genug die sich selbst überschätzenden Dichter, deren Ego so gewaltig gebläht ist, dass zwischen Werk und seinen Schöpfer kein Blatt Papier mehr passt. ;)

Humor beruht auf der Fähigkeit zur inneren Distanzierung - vom Ich und auch von der eigenen Wahrnehmung, sehen wir doch allzu oft nur noch das, was wir sehen wollen und reagieren verärgert, sofern wir daran gehindert werden.

Dass es in diesem Gedicht nicht um die Wahrnehmung der schönen Dinge an sich, sondern um ihre Instrumentalisierung zur Selbstbeweihräucherung geht, sollte - weil immer dicker aufgetragen - spätestens mit der Schlusspointe auch dem Humorlosesten aufgegangen sein - ansonsten im falschen Abteil.

Mir gefällt dieses Gedicht vor allem, weil es mit einer schalkhaften Leichtigkeit daherkommt. Seine vorgebliche "Anspruchslosigkeit" empfinde ich geradezu als Qualitätsmerkmal, als wohltuende Abwechselung zu manch anderem Gebräu, das mir hier aufgetischt wird.

Gern kommentiert.
JB
 

sufnus

Mitglied
Hey Hansz,

bist Du nun hiermit:

tja, ich bin von Natur aus humorlos, mir entgeht der Reiz
[...]
Kurz: der Bezug des Wahrgenommenen auf ein wahrnehmendes Bewußtsein ist zu normal und natürlich, als daß es lustig wäre.
ein Meister des Paradoxen oder des Zirkelschluss? ;)
Wenn Du jedenfalls wirklich so humorlos wärst oder bist, wie Du Dich selbst (mir kommt es so vor: mit einem gewissen Vergnügen) einschätzt, dann besitzt die Aussage, das Du etwas nicht lustig findest, wenig erkenntnisstiftendes Potenzial. Oder ist das Autoattest der Humorlosigkeit gar humorvoll zu verstehen?
Was jedenfalls Uwes schönes Gedicht angeht, so bin ich hier ganz bei James!
LG!
S.
 

mondnein

Mitglied
Oder ist das Autoattest der Humorlosigkeit gar humorvoll zu verstehen?
das hängt davon ab, ob man mit James Blond zusammen unterscheidet zwischen
dem normalen Bewußtsein eines Wahrnehmers, der natürlich die Wahrnehmung seines Amselgesangs als individuelles Erleben auf sich beziehen darf, gekoppelt mit Dankbarkeit dafür, daß er nicht taub ist,
und dem Egoismus des handelsüblichen Dichters, der auch bei mir in Bezug auf mich selbst (alles andere verbietet sich, so spöttisch übertreibend oder kopfschüttelnd untertreibend man sich aufzublähen oder gesundzuschrumpfen versucht) gerne übertrieben oder gesundgeschrumpft wird. Etwas zu oft vielleicht.

mal alle Natur-Regungen auf sich selbst zu beziehen, so als wäre das LI selbst ein (DER) Gott.
das geschieht nicht "mal" so außer der Reihe, sondern in jedem Wahrnehmungsbewußtsein, wie der Gottseibeiuns Kant in der "Kritik der reinen Vernunft" im entscheidenden Schlüssel-Kapitel der "transzendentalen Ästhetik" formuliert hat: "Das Ich-denke muß alle meine Vorstellungen begleiten können, sonst wären es nicht meine".

Auf jeden Fall hat James Blond recht, völlig, trefflich, sehr gut nachgeschoben.
Es freut mich sehr, daß er noch mitliest und sich an passender Stelle zu Wort meldet. Ich mag ihn.

grusz, hansz
 
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