homo amoebius

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G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
homo amoebius

du körper meiner sinne wach auf
besinne dich mit der dir eignen lust zu voller frage

zentralorgan im organismus selbstgeburt
du blütenstempel samenträger zeugungsquell
und braust der akkord der zellenzellen
orgasmisch durch molekular musik
und gittert raum die letzten teilchen noch
im deka dentischen logo rhythmus

so wach doch auf und sieh wie tous le monde
mund ane moon sich zungen küsst
immun aus tiefen sich sein leben saugt
du birgst die antwort nicht du bist die antwort

so frage dich doch nur was für
ein stoff du bist du wabbeliges
wechseltier

fein verwebtes fleisch gespinst im eignen saft
farbmatsch hautverkapselt peristaltisch fragend
wer melkt aus dir die wissensmilch
du wabbeliges wechseltier
was für ein stoff magst du wohl sein

polymere kraftflitsch flitzer
blechblitz durch synthetik stadt splitter
zerreiszen prickelnd die marshmallow meere
platzen weich homogenisierte atome
treibt dich dein schleuderweg kapsel in die leere
verstreut ins all verschlungen ins vakuum
stülpst du dich um durch den augenblickspunkt
bewegungs reiz welle zuckst namenloses gefühl du
durch den menschenkern den punkt
den zeitgestreckten überwältigtsein moment

was für ein stoff du bist
du wabbeliges
wechseltier
 
G

Gelöschtes Mitglied 13736

Gast
Mein Gott! Mich schaudert!
Und das am frühen Morgen.
Trotz alledem....hochinteressant!
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Ja, Oskarchen,
und ja, Inge,

Museumsstück aus den Siebzigern, integriert in das 9. Hundertliederbuch "shi de shi", d.h. die Schubladenwerke des "Einsterns" erscheinen dort als letzte Stücke. Da ich in der Leselupe alles in eben der Reihenfolge einbringe, in der es in den (bisher) 18 Hundertliederbüchern geordnet ist, kommen die alten Hündchen hervor, kläffen uns in der Tonart meiner Jugendjahre an: ungereimt, entsetzlich, laut, manchmal pathetisch und so was von religiöser Inbrunst, daß man sogar beim Lesen noch errötet.
Ich habe dann einige Jahrzehnte lang in umarmenden Strophen gereimt, aber ohne Sonett-Terzette nach den drei oder vier Quartettstrophen, das sind die "Siebenstern"-Gedichte, die jetzt allesamt in das elfte Hundertliederbuch ("aleph null lailah wa lailah") ingeriert sind. Diese gereimten meiner Studentenzeit folgen voraussichtlich in ein paar Monaten.
Die älteren Blumenkinder, zu denen der homo amoebis gehört, sind avangardistischer als die braven Siebensterngedichte.

Einige von ihnen sind schon in der Lelu erschienen, die alten Hasen kennen sie schon oder erkennen sie wieder. Den Neuzugängen der letzten sieben Jahre sind sie nicht bekannt,

grusz, hansz
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Beitrag oben wurde durch Korrektur aus Versehen gedoppelt. Diesen Nachtrag hier (bei Löschung der Verdopplung zum Ersatz geschrieben, da ein leeres Blatt nicht gilt) krieg ich nun nicht gelöscht.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
a propos "Museumsstücke" :da fällt mir ein thematisch ähnliches ein. das ich in den frühen Achtzigern geschrieben habe. Paßt zwar nicht in diese
Rubrik, weil es gereimt ist, aber ich hätte es ohne diesen Anlaß sowieso nicht veröffentlicht (weil das Lebensgefühl darin meinem heutigen nicht mehr entspricht).

mond du mein mohn der wuchert im Blau
hast mich hinausverführt über dächern zu wandeln
deine schwarzmilchigen samen erkenn ich genau
sind viel zu leicht befunden um damit ehrlich zu handeln

fahlste frucht am erlebensbaum
schwang ich mich dennoch mit hochgewandten blicken
in deine glucksenden weichen weißwirbliger kapselraum
über harte gebeugte rücken

schimmernde wiege und nichts für den tisch
zwischen schillernden quallen die morgens zerfallen
die ihr am strande im sande versickert euch hab ich nicht fisch
sondern schwarze korallen

aber lenkt`ich im morgengraun mit zerrissenem sacktuch als segel
in aschene fracht versenkten blicks in die buchten ein
da sich falbe kornfelder beugen nach goldener regel
würde mein aug grau vor durst nach deinem silbernen schein

Viele Grüße
annefröhlich
 



 
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