Ich bin Single und das ist gut so

Hera Klit

Mitglied
Ich bin Single und das ist gut so

Ich bin Single und ich komme mit dieser speziellen Situation wunderbar klar. Es vereinfacht alles und man ist niemandem Rechenschaft schuldig.
Wenn ich alleine in meiner Wohnung bin, macht mir das gar nichts und ich genieße es, alle Entscheidungen für mich frei treffen zu können und nicht für jemanden anderen sorgen zu müssen. Wie ist es denn oft, wenn man eine Partnerin hat? Man muss sich doch ihre Sorgen von morgens bis abends anhören und muss Trost spenden und gute Ratschläge geben. Das ist Arbeit, nichts als Arbeit. Eine Beziehung muss man pflegen, damit sie keine Schlagseite bekommt. Das ist extrem anstrengend und man erhält nicht viel dafür. Das bisschen Sex, das gewöhnlich nach vier Jahren stattfindet, wenn überhaupt, ist doch nicht der Rede wert. Dabei muss man sich doch als Mann nur herumkommandieren lassen. Streichel mal hier, küsse mal dort etc.. Unerträglich. Jeder Standardinternetanschluss bietet da mehr. Dann bekommt man noch einen Orgasmus vorgetäuscht und soll noch Dankeschön dazu sagen. Also nein, das liegt zum Glück hinter mir. Mir kommt keine Frau mehr in die Bude. Ich mache alles selbst.

Schwierig wird es nur, wenn ich in Situationen komme, in denen von der Gesellschaft Paare verlangt werden. Heute war ich zum Beispiel Eis essen und am Main flanieren. Das ist als Single etwas unpraktisch. Es begegnen einem nur Paare und die starren einem an, als wäre man ein Unikum. In deren Augen kann man die Fragen, die sie haben, förmlich ablesen. Warum geht der Mann hier allein am Fluss, was plant dieser Unhold, will der Frauen überfallen oder was geht in dem Perversling vor? Natürlich versuche ich harmlos und gutwillig zu wirken und gebe mir dabei alle Mühe, aber das scheint den Paarmonstern nicht zu reichen. Ihre ganze Verachtung bekomme ich zu spüren. Ich habe mir schon überlegt, einen Rollstuhl anzuschaffen, dann bekäme ich wenigstens mitleidvolle Blicke.

Neulich ging ich zum Essen aus. Das war ein Fehler. Der Abend wurde zum Martyrium für mich. Ich wurde dummerweise noch an einem größeren alleinstehenden Tisch platziert. Die fragenden Blicke der mich umringenden Paare waren die reinste Folter für mich. Ich versuchte so zu wirken, als hielte ich für eine größere Gesellschaft den Platz frei, die sich nur unglücklicherweise ziemlich verspäten würde.

Ich dachte auch sogar schon darüber nach, alleine ins Theater zu gehen. Aber dann bekam ich Herzrasen bei dem Gedanken. Ich tröstete mich damit, dass es ohnehin besser sei, wegen Corona zu Hause zu bleiben.

Also, im Grunde hat das Singledasein doch schon viele Vorteile, man muss es nur verstehen, sie zu nutzen.
 

GerRey

Mitglied
Hallo Hera Klit,

das könnte eigentlich eine Beschreibung von mir sein. Samstagmorgen einkaufen, Mittag (warum muss ich das Essen alleine machen, sagt die Frau); Samstagnachmittag 900 Quadratmeter Rasen mähen. Samstagabend - die tägliche Waschmaschine; der Geschirrspüler. Fernsehprogramm, duschen, Sex (duschen immer vor dem Sex!). Um vier Uhr Sonntagmorgen aufstehen, mit dem Hund vom Stiefsohn ins Entlastungsgerinne, weil er dann frei laufen kann, bevor er in den Garten kommt ... Und eines Tages kriegt man Hörner aufgesetzt, weil man nichts für die Emanzipation der Frau getan hat.

Auch egal; Wohnung, und Garten an den Stiefsohn übergeben, und ich bleibe halt in meinem Haus in Wien, nehme mir eine um 18 Jahre jüngere Lehrerin, die gut verheiratet ist und keinen Tagesstress macht. Herrlich! Nach fünf Jahren wird sie von ihrem Mann geschieden - "Ich ende auch mit dir", sagt sie

Jetzt ist Funkstille. Als Single ist man immer verdächtig. Was macht der, warum hat er keine Frau? Geht er in den Puff? Oder Schlimmeres?

Plötzlich zeigt sich die Nachbarin im offenstehenden Morgenmantel (rosa schimmert das Nachthemd im offen Spalt) im Garten und beginnt ein Gespräch über die im Herbst ausgedünnte Krone meines Nussbaumes. Ein Test? Ich halte Blickkontakt und lasse mich nicht von der Zupferei an dem Morgenmantel irritieren. Hält sie mich jetzt für schwul?

Ich mache nun alles alleine, und das ist gut so ... nur hin und wieder ... da brauche ich dieses geheimnisvolle Unbekannte.

Deine Betrachtung des Gegenstands schildert den Zustand, ohne jedoch zu sehr in die Tiefe zu gehen. Hat die Aufzeichnung und Veröffentlichung einen besonderen Grund? Oder war nur Langeweile im Spiel?

freundlichst

GerRey
 

Hera Klit

Mitglied
Vielen Dank GerRey für deinen Kommentar.

Im Grunde ist es eine Satire, die ich da schrieb, natürlich mit viel Wahrheitsgehalt.

Liebe Grüße
Hera
 

Aledi

Mitglied
Hallo Hera Klit,

deine Geschichte gefällt mir. Gut geschrieben aus der Sicht eines Mannes. Liebe ist: Arbeit, Arbeit, Arbeit. ;)

Liebe Grüße Aledi
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Mir gefällt das auch. Manche Stellen hätten noch spitzer hätten formuliert werden können.

Dass Single auch ein Familienstand ist (allein lebend), wird offenbar in unserer Gesellschaft oft vergessen.

Komisch eigentlich. Die Welt scheint Paaren zu gehören.

Gruß DS
 



 
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