Ich Denkmal... ich denk mal...

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Mazirian

Mitglied
Es wär ja wenig gegen eine Rechtschreibreform einzuwenden/ein zu wänden, wenn sie denn das Ziel einer echten Standardisierung wirklich erreicht hätte. Aber... ich wollte eigentlich gar nicht über die Rechtschreibreform sprechen sondern...

Wie wär's mit einer Mathematikreform? Mathematik und Geometrie nach den derzeit gültigen Regeln sind ja auch viel zu schwer für einen Großteil unserer Schüler.
Mit dem Geodreieck einwandfreie Parallelen zu zeichnen ist z.B. eine Heidenarbeit. Es wäre doch viel einfacher, beliebige Freihandlinien zu zeichnen und durch einen kleinen Index (p1a,p1b, etc.) fest zu legen, dass sie als Parallelen anzusehen sind.
Bei den Polygonen könnte es ähnlich laufen: Irgendeine geschlossene Form zeichnen, eine kleine 6 dran malen und schon haben wir ein definiertes Sechseck. Was uns auch des Missstandes entheben würde, dass es bislang keine Ein- und Zweiecke gab. Die neue Kategorie der imaginären Polygone macht Schluss mit dieser Inkonsequenz.
Oder Infinitesimalrechnung. Hat eine/r von euch Infinitesimalrechnung im Alltag schon mal zu was anderem gebraucht, als dazu, schlechte Noten nach Hause zu bringen? Richtig, weg damit und zwar komplett! Und her mit der Chaostheorie. Alles ist irgendwie richtig und faszinierend, wenn man nicht so genau hin guckt. Hier würde schon ein souveränes "Ich sach ma einfach..." für das Bestehen der mündlichen Abiprüfung reichen. Niemand würde mehr ausgegrenzt oder überfordert.

Oder eine Kochrezeptreform! Ein krasses Beispiel: Frankfurter Grüne Soße. Viel zu kompliziert! Da gehören volle 7 Kräuter rein. Meistens wird sie falsch gemacht, weil man nicht mal drei davon im Haus hat. Warum also nicht gleich fünf davon streichen? Schnittlauch und Petersilie reichen völlig aus und sorgen aufgrund ihrer ubiquitären Verfügbarkeit zudem für Überregionalität. Deswegen könnte man den Namen auch in "Deutsche Soße" ändern. Und nicht vergessen: das Originalrezept ist künftig FALSCH! und führt zur Entsorgung.

OK, Schluss mit lustich. Die Rechtschreibreform ist ernst gemeint und desderwegen sollte man auch die dahintersteckende kulturelle Orientierungslosigkeit sehr ernst nehmen. Auf der einen Seite, das Streben nach kleinsten gemeinsamen Nennern und ein Aus Richten (1) am niedrigst möglichen Standard, auf der anderen Seite ein effektvoll inszeniertes Rum Zetern wenn die Pisa-Studie kommt. Gefolgt von der Forderung, unsere Kinder ab dem 3. Lebensjahr vor die Computer zu setzen - wegen des globalen Wettbewerbs. Und nachher in die Therapiegruppe? Wegen der zerschnippelten Handgelenke?
Du liebe Zeit, bin ich eigentlich blind oder haben die Brüder/Schwestern tatsächlich keine Clownsnasen auf?

(1) "ein Aus Richten": wie substantiviert man eigentlich zusammen gesetzte Wörter die jetzt aus ein ander geschrieben werden müssen?
 
P

Parsifal

Gast
Denmal

Hallo Mazirian,

ich stimme Dir „vollinhaltlich“ zu (wie es neudummdeutsch und regierungsamtlich heißt). Als man die „Legasthenie“ erfunden hatte, habe ich den „mathematischen Legastheniker“ postuliert – damals wurde ich giftig angeschaut, heute ist er bereits im Gespräch. Dummheit gibt es nicht mehr, höchstens Mangel an Begabung. Oder man sagt ganz einfach, dem Betreffenden fehle das jeweils zuständige Gen. Das enthebt ihn dann jeder Verantwortung und auch der Notwendigkeit, sich mal auf die Hosen zu setzen und zu lernen.

VG
Parsifal
 



 
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