Ich male dir dein Leben aus

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Art.Z.

Mitglied
Jeder Tag – ein Pinselstrich,
Farben füllen weiße Leinen.
Schon am Anfang ist doch klar,
was es wird, könnte man meinen.

Lebenswege abgesteckt,
Blick nach vorn, Scheuklappen richten.
Auf das bisschen Lebensglück
kann ich heute noch verzichten.

Schuften, ackern wie ein Gaul
für die Zukunft, für die Rente.
Und dazwischen Tag für Tag:
Wann geht diese Qual zu Ende.

Wir verdrängen, was wir fühlen,
weil es nicht ins Raster passt.
Jeder geht normal zugrunde,
lächelnd in sein leeres Grab.

Und die Leinwand steht noch halbvoll,
darauf wie so oft zu sehn,
ein paar Striche ohne Inhalt,
die im weißen Nichts vergehn.
 
F

Fettauge

Gast
Lieber Art Z.,

die Entfremdung des Menschen von sich selbst hast du zum Thema dieses Gedichts gemacht, das Verdrängen des menschlichen Gefühls. Der Pinselstrich auf der weißen Leinwand - das vergebliche Tun des Menschen, im Glauben,
dies wäre der Weg zum Glück. Dein Ich macht sich da gar nichts vor. Ich finde das Gedicht logisch und gut komponiert. Seltsam, ich habe heute einen Text zum selben Thema eingestellt.

Du hast einen sauberen Trochäus eingesetzt. In Strophe 2 gerätst du metrisch bei den Scheuklappen etwas durcheinander.
Ansonsten aber finde ich das Gedicht ansprechend geschrieben.

Liebe Grüße, Fettauge
 

Art.Z.

Mitglied
Danke Fettauge,

ich hab vor dem Gedicht ein Interview von Erich Fromm gesehen.
Vielleicht rührt da die gemeinsame Thematik her?
 

Wieselsburg

Mitglied
Hallo Art.Z.

Warum gehst du in der vierten Strophe ohne Not zum "Wir" über?
Mit der Ich-Form findest du auch leichter einen Reim, z. B.:
Ich verdränge, was ich fühle,
weil ich da kein Raster hab.

Mit freundlichen Grüßen

Wieselsburg
 



 
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