Ich rege mich nur noch auf

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klaatu

Mitglied
Ich rege mich nur noch auf
- vor allem darüber,
dass ich mich sonst
kaum noch rege.

Darüber,
dass ich alt geworden
und nicht jung gestorben bin.

Darüber,
dass meine Wahrheiten
mehr und mehr
als Lügen bezeichnet werden.

Und darüber,
dass mir ständig alle sagen,
ich solle mich nicht aufregen!

*

Ich rege mich auch darüber auf,
dass ich nur noch die Hälfte von dem verstehe,
was die Jungen so alles von sich geben
und ich nicht einmal weiß,
über welche der Hälften
ich mich mehr aufregen soll.

Ich rege mich ebenfalls darüber auf,
dass mein Körper bis jetzt gehalten hat
und ich so viele andere kenne,
mit denen ich mich darüber aufregen kann.

*

Ich rege mich auf,
über Schokozipfelmänner,
Seifenverpackungen
und Mädchen,
die in Zügen sitzen.

Darüber,
dass ich Fernsehempfang
und Internetzugang habe.

Und darüber,
dass mich ständig alle fragen,
warum ich mich so aufrege,
aber einfach niemand
meine Antworten hören möchte!​
 
Hallo Klaatu,

es ist zwar für mich nicht ganz nachvollziehbar, warum Du das Werk unter Lyrik eingestellt hast, aber darüber rege ich mich nicht auf. Gut, der Zeilenumbruch, Zentrierung, kurze Sätze, das schon, kommt mir aber doch ein wenig zufällig vor. Formatiere es doch einfach mal als Fließtext, probehalber. Man möchte halt gerne den Anspruch lyrisch verdichteter Sprache mitnehmen, und das ist ja auch in Ordnung, letztlich.

Hingegen finde ich es in- und gehaltlich sehr anregend, und darauf kommt es schließlich an, oder? Auch sprachlich völlig akzeptabel, Stillage "milde Schnoddrigkeit", würde ich sagen. Unaufgeregt, und auch das ist ein netter Widerspruch. Die Pointe ist nicht superüberraschend jetzt, aber geradezu klassisch. (Nach dem Muster: "Warum trinkst Du? - Um zu vergessen. - Was willst du denn vergessen? - Dass ich trinke." Die Quelle kennt ihr alle.)

Also, ich habe es gern gelesen.

Grüße, Binsenbrecher
 

klaatu

Mitglied
Hi Binsenbrecher,

so kurze Texte als Fließtext sehen einfach nicht schön aus. Das Auge liest ja schließlich auch mit. Außerdem bieten die Zeilenumbrüche einem Möglichkeiten, auf die man ohne verzichten müsste.

Schön, dass es dir sonst gefallen hat und du dich nicht aufregst!

LG
k
 

revilo

Mitglied
Ich würde mich ja gerne aufregen......kann ich aber nicht....weil der Text nämlich gut ist......aber wenn der schlecht wäre, würde ich mich sowas von aufregen.......und weil ich mich nicht aufregen kann, rege ich mich jetzt auf.....
 

Perry

Mitglied
Hallo klaatu,

bevor ich mich aufrege, konzentriere ich mich lieber auf die für mich aussagekräftigste Strophe:

Ich rege mich auf,
über Schokozipfelmänner,
Seifenverpackungen
und Mädchen,
die in Zügen sitzen.

Sich über Schoko-Nikoläuse und Verpackungen aufzuregen passt zur derzeitigen Klimadebatte,
bei "Mädchen in Zügen" springst Du leider auf einen "Twitterpost" auf, der eher kontraproduktiv ist.

Konstruktiv würde ich den Text entweder in zwei Werke teilen oder mehr verdichten, denn die Befindlichkeiten des LI nehmen so zuviel Platz ein.

LG
Manfred
 

klaatu

Mitglied
Hi Perry!

Irgendwie hat das auch mit der Klimadebatte zu tun. Aber in der von dir zitierten Strophe hatte ich etwas anderes im Sinn: Es gibt Menschen, die sich darüber aufregen, dass "Schokoweihnachtsmänner" mancherorts als "Schokozipfelmänner" bezeichnet werden. Und in einer aufgedruckten Moschee auf einer Seifenverpackung sehen sie den endgültigen Beweis für die Islamisierung des Abendlandes...

Ja, die Befindlichkeiten des LI nehmen zu viel Platz ein, das stimmt. Aber leider kann ich alle Aussagen einer einzigen realen Person zuordnen, weshalb es für mich nicht trennbar ist.

Danke für deine Meinung dazu!

LG
k
 
G

Gelöschtes Mitglied 20513

Gast
Nein, klaatu, so solltest du nicht über einen alten Menschen schreiben. Auch du wirst mal alt, und du wirst dich wundern, was du dann alles nicht mehr verstehen wirst. Du ahnst nicht, dass ein alter Mensch mehr Zeit als ein junger hatte, um das Leben zu verstehen. Die reifsten Werke schreiben die Alten, denen du nur noch Kannitverstahn zutraust. Werden denn nicht heutzutage die Jungen gegen die Alten gehetzt aus leicht erkennbaren Gründen? Für diesen Text wirst du dich in zwanzig Jahren schämen, auch dann, wenn er nicht ernstgemeint ist.

blackout
 

klaatu

Mitglied
Für diesen Text wirst du dich in zwanzig Jahren schämen, auch dann, wenn er nicht ernstgemeint ist.
Ok, mache ich. Im Gegenzug kannst du dich gerne jetzt schon für deinen Kommentar schämen. Denn der enthält genau das Schwarz-Weiß-Denken, das du meinem Text indirekt unterstellst.
Denn:
1. Würde ich mich selbst nicht als "Junger" bezeichnen
2. Bezieht sich der Text auf eine Person, nicht auf "die Alten"
3. Enthält der Text aus meiner Sicht keinerlei Hetze - deine Definition von Hetze würde mich interessieren

LG
k
 



 
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