Ich schenke, also bin ich

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mondnein

Mitglied
Ich schenke, also bin ich

Er: Schenken! Schenken will ich mich
Will ganz mich schenken ohne Rest
Mein Herz sei dein, dein mein "Ich-bin"
Mein Herz sei dein, mein Selbst

Sie: Schenken? Schenken kannst du nicht
Dich ganz: Da keimt im Seelen-Nest
Und wächst und schlüpft ein neuer Sinn
Und wächst - und schlüpfst du selbst!

Nein! Ding, ein Ding sein wirst du nie
Bleibst Ich-Bewußtsein, Subjekt: fest
Verwurzelt bleibst du in dir drin
Verwurzelt in dir selbst

Ja! Nichts, ja nichts kann raus aus dir
Und dich verlassen: Nie verläßt
Du dich, verlierst nie den Gewinn
Und dich: Du bleibst dein Selbst!

Er: Denken, denken will ich dich
Will denken dein Ich-bin: "Du bist!"
Dich denkend geb ich mich dir hin
"Dichdenken" ist mein Selbst

Ja: Schenken! Schenken will ich mich
Mein Feuerwerk-Lichtblütenfest!
Mich schenkend geb ich mich dir hin
"Michschenken" ist mein Selbst!


 
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HerbertH

Mitglied
Ich schenke, also bin ich

Er: Schenken! Schenken will ich mich
Will ganz mich schenken ohne Rest
Mein Herz sei dein, dein mein "Ich-bin"
Mein Herz sei dein, mein Selbst

Sie: Schenken? Schenken kannst du nicht
Dich ganz: Da keimt im Seelen-Nest
Und wächst und schlüpft ein neuer Sinn
Und wächst - und schlüpfst du selbst!

Nein! Ding, ein Ding sein wirst du nie
Bleibst Ich-Bewußtsein, Subjekt: fest
Verwurzelt bleibst du in dir drin
Verwurzelt in dir selbst

Ja! Nichts, ja nichts kann raus aus dir
Und dich verlassen: Nie verläßt
Du dich, verlierst nie den Gewinn
Und dich: Du bleibst dein Selbst!

Er: Denken, denken will ich dich
Will denken dein Ich-bin: "Du bist!"
Dich denkend geb ich mich dir hin
"Dichdenken" ist mein Selbst

Ja: Schenken! Schenken will ich mich
Mein Feuerwerk-Lichtblütenfest!
Mich schenkend geb ich mich dir hin
"Michschenken" ist mein Selbst!

Ein schönes mondnein Gedicht :^)
 

Scal

Mitglied
Bemerkenswert.
Ein Reimgedicht als philosophisch-kontemplativer Zeigefinger.

Nur das Denken kann sagen "Ich bin".
Aufgrund einer einzigartigen Wahrnehmung, die uns - paradox - gemeinsam ist.
Es dient, es ist bereit, sich hinzugeben, es schenkt.
"Sie" ist hier sein Geschenk. Es nimmt "Sie" wahr.
Das Bemerken ist schon ein ursprüngliches Denken.
Andererseits: Es weiß - Grenze ist der Leib.

Das "u" bei Subjekt will kurz und deutlich betont sein.

LG
 

Scal

Mitglied
Meine Meinung: Nicht verschieben (Rest/Seelen-Nest/fest/verlässt/"unreines" bist/Lichtflütenfest).

schenken schenken
herz herz
schenken schenken
wächst wächst
ding ding
verwurzelt verwurzelt
nichts nichts
dich dich
denkend dichdenken
schenken schenken
schenkend
michschenken


Du hast - wie oft bei Deinen Texten - allerlei stilistische Reflexionen in die inhaltlichen Aussagen mit "hineingesprachelt."
 
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mondnein

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stimmt, es wimmelt geradezu von Reimen, und die meisten stehen anaphorisch und wortwiederholend an den Versanfängen der dritten und vierten Zeilen jeder Strophe.
Herzlichen Dank für den Hinweis!

grusz, hansz
 

Ubertas

Mitglied
Lieber Hansz,
mir gefällt dein Gedicht, so wie es geschrieben steht.
Ist es nicht das Schönste, den Teil des Ichs zu schenken, der von sich am wenigsten überzeugt ist?
Frohe Ostern wünscht dir ubertas
 

mondnein

Mitglied
Ist es nicht das Schönste, den Teil des Ichs zu schenken, der von sich am wenigsten überzeugt ist?
Das verstehe ich nicht, liebe Ubertas,

denn ich weiß nicht, was es bedeuten könnte, "von sich überzeugt zu sein", und das noch in verschiedenen Graden bis hinab zu dem Ich-"Teil" (?), der "am wenigsten" von sich überzeugt sei. Aber dieses Ich hat keine Teile, es ist zunächst einmal die pure Selbstsetzung, das Selbstbewußtsein eines wachen Wesens, das gar nicht aus sich herausfallen kann, so wie man auch aus dem Jetzt nicht herausfallen kann oder aus dem Hier.

grusz, hansz
 
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Ubertas

Mitglied
Lieber Hansz,
Ja, du hast Recht: das Ich hat so keine Teile und wie du es beschrieben hast, ist es auch völlig intakt.
Mir kam beim Lesen deines Gedichts der Gedanke, ob der unbewusste Teil (ich halte ihn für gegenwärtig) eben der Anteil des Ichs, sofern verortbar, der ist, der aus der wenigsten Überzeugung heraus das Schöne hervorbringt, schenkt. Mich würde interessieren, in wie weit du glaubst, dass dieses Unbewusste wach liegt? Oder ist es nur Ich? Als Sammlung eines wachen Wesens? Fällt es heraus oder ist es? Würde mich sehr interessieren, wie du das siehst.
Liebe Grüße ubertas
 

mondnein

Mitglied
Mir kam beim Lesen deines Gedichts der Gedanke, ob der unbewusste Teil (ich halte ihn für gegenwärtig) eben der Anteil des Ichs, sofern verortbar, der ist, der aus der wenigsten Überzeugung heraus das Schöne hervorbringt, schenkt. Mich würde interessieren, in wie weit du glaubst, dass dieses Unbewusste wach liegt?
von irgendeinem "Unbewußten" ist in dem Gedicht niemals die Rede, jedenfalls ist mir so ein Unbewußtes nicht bewußt.
Es hat eine philosophische Verankerung im Deutschen Idealismus, d.h. in der Kantdeutung Fichtes. Kurz: Das Ich ist kein Ding, sondern eine Tätigkeit, ein Aufwachen. Es schreitet immer fort, und quasi rückschreitend ist es bei der Entgegensetzung des Nichtich, der Dingwelt, aber dieses Rückschreiten ist dem immer weiter fortschreitenden Aufwachen immanent: "Das Ich setzt sich innerhalb seiner Selbstsetzung das Nichtich entgegen".
Das Verhältnis des immer in Erkenntnis aufwachenden "Ich-denke" zum permanenten Opfer des "Ich-liebe" würde seit Hegel vielleicht als "dialektisch" bezeichnet werden können, aber ich weiß nicht, ob Hegel überhaupt so ein Opfer-Verständnis des Logos hat. So ein geradezu "christliches" Verständnis des allsetzenden "Ich" als eines allsetzenden "Opfers" findet sich allerdings in den vedischen und sankhyistischen "Puruscha"-Erwägungen, angefangen von der mythisch-personalistischen Puruscha-Hymne http://12koerbe.de/hanumans/rgveda.htm#Purusha im Rgveda und philosophisch extrem abstrahiert im Sânkhya-System.

Es gibt wohl eine Nähe zu Bubers "Du" einerseits und dem "Du bist" in dem Dialog Ploutarchs über "Das EI in Delphi" http://12koerbe.de/pan/plutarch.htm#ei andererseits. Ich hoffe, eine Grundsatzdiskussion über diese "Identität" von "Ich bin der Ichbin" und "Gott ist Liebe" wird nicht auf die gleiche brutale Art abgewürgt wie in der fruchtbaren Grundsatzdiskussion zufolge des Vogelgedichts https://www.leselupe.de/goto/post?id=898663.

grusz, hansz
 
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Ubertas

Mitglied
Lieber Hansz,
etwas verspätet meinerseits: Danke für deine wirklich hervorragende Ausführung zu meiner Frage. Ich bin nicht ganz sicher, ob ich alles so erfassen kann, wie es sich für dich erklärt. Vielleicht befinde ich mich auch nur in einem kindlich gesinnten Landeanflug in Hubschrauber/Biene/Elefant sitzend, Richtung Boden des Volksfestgeländes.
Deine Worte haben mir insofern geholfen, dein Gedicht weiter zu überdenken/mitzudenken/etwas zu denken.
"Michschenken" ist mein Selbst als letzte Verszeile hat keine Trennung, nur ein Michschenken. Mit dieser ungeteilten Grenze bleibt es eins bei dem, der es spricht. Wenn dem so ist, ist es zwar eine bewusste Erkenntnis und eine klar formulierte Abgrenzung trotz Sehnsucht nach Erfüllbarkeit im anderen. Bitte sehe es mir nach, aber ich hadere etwas damit. Meine Ansicht tendiert mehr in Richtung Selbstaufgabe. Fähig dazu, diese Mich-Schenkung als ein unbewusstes Opfer zu bringen, um wirklich (beim anderen) zu sein.
Danke schon einmal für das schöne Gespräch:) und die verschiedenen Lösungs-wege!
Lieben Gruß ubertas
 



 
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