Ich und der Populist Folge 1: Anderen folgen

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Papiertiger

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Ich und der Populist

Folge 1

Anderen folgen

„Steig nicht bei fremden Männern ins Auto ein! Guck der hübschen Frau nicht hinterher, geschweige denn verfolge sie bis zu ihrer Wohnung! Verfolgte Minderheiten haben Recht auf Asyl. Den Eltern gegenüber sollen Kinder folgsam sein und Führern sollte man nicht einfach unkritisch folgen, zumal dann nicht, wenn man noch nicht begriffen hat, wohin die Reise geht, da hat man dann schnell eine Heizdecke gekauft oder einen Kontinent in Schutt und Asche gelegt: Vorsicht vor Trickbetrügern allerorten! Auch und gerade im Internet. Dort ist eigentlich alles ähnlich trist wie im echten Leben, aber manche glauben, dass dort andere Regeln gelten würden.

`Wie informiert ihr euch denn am liebsten`, fragte der Fernsehreporter zwei Jugendliche in der Doku ‚Aufgeregtes Deutschland‘. Mit sächsischem Dialekt antworteten sie: `Ich würde sagen, mit der Facebook-Seite von PEGIDA-Dresden`. Der Fernsehmann fragte extra nochmal nach und erhielt erneut die selbe Antwort. Es wurde dann noch weiter auf das Phänomen eingegangen, dass sich Menschen nach Jahrzehnten der Informationshoheit durch Massenmedien wie Fernsehen und Print mit dem Internet und einschlägigen Seiten nun endlich die Wahrheiten ans Licht kommen, die ihnen vorher vorenthalten wurde: Chemtrails, Weltverschwörung und die verblüffende und völlig neue Erkenntnis, dass Geld die Welt reagiert.“

„Warum erzählt du das alles und noch dazu so langatmig“, fragt der Populist.

„Oh. Ja, hast ja recht“, entgegne ich. „Was ich eigentlich sagen wollte ist: Sollte das Internet nicht eigentlich eine Chance sein, das Weltwissen überall und sofort verfügbar zu haben und somit die Menschen klüger machen?“, frage ich.

„Es ist doch bekannt, dass es vom US-Militär gestartet wurde. Damit die Menschen mit Pornos abgelenkt und sanft gestimmt werden sollten“, sagt der Populist, „und...“

„Ja, ja“, falle ich ihm ins Wort. „Das ist wieder dieses gefährliche Halbwissen, mit dem du immer so erfolgreich bist, aber was ich sagen wollte: wenn das Netz, zumindest in Deutschland unzensiert ist und wir Menschen zu eigenständigen Denken erzogen haben und wenn doch Meinungsfreiheit so ein hohes Gut ist, warum folgen dann in den Sozialen Netzwerken so viele Leute nur denjenigen, die sie exakt in ihren eigenen Meinungen und Vorurteilen bestätigen? Warum versucht man nicht zumindest einen sachlichen Dialog und zu verstehen, was der andere meint. Dadurch könnte man doch lernen?“

„Du hast das System einfach nicht verstanden“, schnauzt mich der Populist an. Wenn wir jemanden finden, dann machen wir das so wie in jedem anständigen, ehrlichen System: wir verfolgen die. Nur eben noch nicht in Netz. Heute die Maus, morgen die Mauser, sage ich immer!“, der Populist windet sich vor Lachen.

Ich öffne die Wohnungstür und will sie gerade von außen schliessen.

„Entfolgst du mir jetzt?“, ruft mir der Populist triumphierend lächelnd hinterher.

„Nee, ich gehe zur Mai-Demo“, entgegne ich.

„Du weißt aber schon, wer den Tag zum Feiertag gemacht hat?“, sagt ein hämisch grinsender Mitbewohner.

„Perfide. Eigentlich auch ein schöner Name für eine Bürgerbewegung“, denke ich und verlasse die Wohnung.
 
A

Alberta

Gast
[blue]„Perfide. Eigentlich auch ein schöner Name für eine Bürgerbewegung“[/blue]


Vorschlag zur Güte: PERFIDA. Dann laufen auch die Frauen mit...
Da ich erst Teil 2 gelesen hatte, musste mein perfektionistischer Persönlichkeitsanteil un-be-dingt zu Teil 1 und: Gefällt auch. Huch!
 



 
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