Im Kühlschrank steht Sauerkirsch

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Hera Klit

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Im Kühlschrank steht Sauerkirsch


Sie will noch etwas liegen bleiben,
ich mache mir einen Kaffee.

Jahrzehntelang war sie vor mir auf.
Im Kühlschrank steht ihre Sauerkirschmarmelade.
Warum isst man Sauerkirsch?

Sie will nicht ins gleiche Altenheim wie meine Schwester,
das ist einer ihrer letzten Wünsche.

Früher war einer ihrer größten Wünsche.
meine Schwester und ich sollten glücklich werden.

Sie steht jetzt oft am Herd und
hat keine Idee, was sie kochen könnte.

Ich erzähle ihr von Laura, der Sechsjährigen,
die denselben blonden Haarschopf hat, den sie einst hatte.
Sie lächelt, wie auf ihrem Kinderbild.
 
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Gelöschtes Mitglied 24777

Gast
Hallo Her Klit,

Ich finde, dein Text birgt in sich eine emotionale Geschichte, aber zumindest bei mir kommt diese nicht so richtig an. Dies liegt meiner Meinung nach daran, dass das Gedicht nicht verdichtet ist. sondern viel eher wie erzählende Prosa in Strophenform spricht. Gut, es gibt auch durchaus gute Prosalyrik, aber die hat in der Regel keinen dieser Art erzählenden Charakter. Somit ist es erstmal egal, ob du nun in Versen oder in gebundener Form schreibst - es sollte trotzdem einer dichtere Atmosphäre entstehen, wenn der Text wirken soll.

Es soll nicht gemein klingen, aber wie ich es auch drehe und wende, es gelingt mir nicht, mir diese Verbesserung bei diesem Gedicht vorzustellen. Im Thema liegt dabei durchaus Potenzial: die eigene Mutter nähert sich dem Ende des Lebens. Und du deutest es ja auch an, in Strophe 6 z.B., die von der Enkelin erzählt und in der Protagonistin ein Erinnern auslöst. Aber die Umsetzung hat so wenig Poesie, dass ich der Meinung bin, es wäre für dich ratsam, dich noch mehr mit der Form und dem Handwerklichen von lyrischen Texten zu befassen, um deine Intentionen auch wirklich wirkmächtig an den Leser zu vermitteln.

Liebe Grüße
Frodomir
 

Hera Klit

Mitglied
Hallo Her Klit,

Ich finde, dein Text birgt in sich eine emotionale Geschichte, aber zumindest bei mir kommt diese nicht so richtig an. Dies liegt meiner Meinung nach daran, dass das Gedicht nicht verdichtet ist. sondern viel eher wie erzählende Prosa in Strophenform spricht. Gut, es gibt auch durchaus gute Prosalyrik, aber die hat in der Regel keinen dieser Art erzählenden Charakter. Somit ist es erstmal egal, ob du nun in Versen oder in gebundener Form schreibst - es sollte trotzdem einer dichtere Atmosphäre entstehen, wenn der Text wirken soll.

Es soll nicht gemein klingen, aber wie ich es auch drehe und wende, es gelingt mir nicht, mir diese Verbesserung bei diesem Gedicht vorzustellen. Im Thema liegt dabei durchaus Potenzial: die eigene Mutter nähert sich dem Ende des Lebens. Und du deutest es ja auch an, in Strophe 6 z.B., die von der Enkelin erzählt und in der Protagonistin ein Erinnern auslöst. Aber die Umsetzung hat so wenig Poesie, dass ich der Meinung bin, es wäre für dich ratsam, dich noch mehr mit der Form und dem Handwerklichen von lyrischen Texten zu befassen, um deine Intentionen auch wirklich wirkmächtig an den Leser zu vermitteln.

Liebe Grüße
Frodomir
Das kannst du gerne so sehen, lieber Frodomir.

Oft kann man auch etwas nicht erfassen, weil einem die tieferen Erfahrungen und Zugänge fehlen.

Für mich ist diese Art der lapidaren Schreibe der Gipfel.
Wie schon Schiller meinte, reicht es mir, wenn es manche mögen, alle anderen sollen woanders Erbauung suchen,
ich bin ihnen nicht böse. Ich bin jetzt an einem Punkt, an dem ich meinen Ton gefunden habe.
Kein Mensch der Welt könnte mich davon abbringen. Dass ich hier veröffentliche ist im Grunde für mich
kaum noch relevant. Vielleicht gibt es ja Fünfe, die mitschwingen.

Zum "Verdichten" sei gesagt, Viele verdichten hier auf Teufel komm raus, weil sie meinen sie würden dann dichten.
Wahrscheinlich lernt man das in der Volkshochschule.

Dichten ist, wenn man die Wahrheit sagt und damit die Herzen berührt.

Liebe Grüße
Hera
 
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Gelöschtes Mitglied 24777

Gast
Dichten ist, wenn man die Wahrheit sagt und damit die Herzen berührt.
Nun gut. Aber mit einem Text ein Herz zu berühren ist nicht so leicht. Denn man steht sich ja nicht von Angesicht von Angesicht gegenüber. Wenn du allerdings deine Schreibform gefunden hast, ist das anzuerkennen und dann habe ich nichts zu kritsieren, denn dann ist es für dich die richtige.

Liebe Grüße
Frodomir
 
G

Gelöschtes Mitglied 20513

Gast
Hallo Hera Klit,

Frodomirs Kommentar schließe ich mich an. Jeder soll doch schreiben, wie er glaubt, es am besten zu können. Beim Lesen konnte ich mir schon ein Bild machen. Aber mir fehlt was, nämlich der Schluss. Das Gedicht scheint mir so weit nicht ganz abgeschlossen. Ich überlege, vielleicht solltest du die Passage, dass sie nicht ins Heim will, ganz am Schluss schreiben, denn dass es sich um einen alten Menschen handelt, erfährt man zu früh. Auch die Mutter völlig rauslassen bis zum Schluss, bleib beim "sie", damit sich keiner ausrechnet, wie alt ist sie denn, und wie alt ist die Mutter.

Ich will dich nicht belehren, aber es ist wichtig, ein Gedicht zum Schluss "hochzuziehen", die Steigerung bis zum Schluss aufzubauen. Und am Schluss kann es knallhart kommen. Nämlich ihr größter Wunsch ist, nicht ins Heim zu kommen. Und jetzt erst versteht der Leser alles andere. So bringst du den Leser erstens zum Überlegen, warum erzählt sie uns diese Normalitäten? Und am Schluss weiß er es und ist betroffen. Und damit hast du dein Ziel, so es das sein sollte. erreicht.

Lieben Gruß, Hanna
 

Hera Klit

Mitglied
Nun gut. Aber mit einem Text ein Herz zu berühren ist nicht so leicht. Denn man steht sich ja nicht von Angesicht von Angesicht gegenüber. Wenn du allerdings deine Schreibform gefunden hast, ist das anzuerkennen und dann habe ich nichts zu kritsieren, denn dann ist es für dich die richtige.

Liebe Grüße
Frodomir
Man muss sich nicht gegenüberstehen, es genügt oft, wenn man ähnliche Erfahrungen
gemacht hat.

Liebe Grüße
Hera
 
G

Gelöschtes Mitglied 24777

Gast
Aber dann könnte man ja auch Briefe schreiben oder Youtube - Videos aufnehmen und von seinen Erfahrungen erzählen. Zu einem Gedicht gehört meines Erachtens nach noch deutlich mehr als darauf zu bauen, dass der Leser den eigenen Text aufgrund ähnlicher Erfahrungen nachvollziehen kann.

Die Frage ist letztlich: Willst du als Mensch in deiner Persönlichkeit verstanden werden? Oder willst du darüber hinaus noch etwas schaffen, was noch weiter greift und letztlich als Kunstwerk betrachtet werden kann?

Liebe Grüße
Frodomir

PS: Hanna, dein Kommentar, auch wenn er nicht an mich gerichtet war, gefällt mir sehr gut, ich konnte daraus etwas lernen.
 

Hera Klit

Mitglied
Hallo Hera Klit,

Frodomirs Kommentar schließe ich mich an. Jeder soll doch schreiben, wie er glaubt, es am besten zu können. Beim Lesen konnte ich mir schon ein Bild machen. Aber mir fehlt was, nämlich der Schluss. Das Gedicht scheint mir so weit nicht ganz abgeschlossen. Ich überlege, vielleicht solltest du die Passage, dass sie nicht ins Heim will, ganz am Schluss schreiben, denn dass es sich um einen alten Menschen handelt, erfährt man zu früh. Auch die Mutter völlig rauslassen bis zum Schluss, bleib beim "sie", damit sich keiner ausrechnet, wie alt ist sie denn, und wie alt ist die Mutter.

Ich will dich nicht belehren, aber es ist wichtig, ein Gedicht zum Schluss "hochzuziehen", die Steigerung bis zum Schluss aufzubauen. Und am Schluss kann es knallhart kommen. Nämlich ihr größter Wunsch ist, nicht ins Heim zu kommen. Und jetzt erst versteht der Leser alles andere. So bringst du den Leser erstens zum Überlegen, warum erzählt sie uns diese Normalitäten? Und am Schluss weiß er es und ist betroffen. Und damit hast du dein Ziel, so es das sein sollte. erreicht.

Lieben Gruß, Hanna
Liebe Hanna, in einem anderen Forum schrieben die Leute, gerade der Schlusssatz sei genial.
Ich sehe es genauso (ohne parteiisch zu sein!).
Das Ende hat was mit einer Art von Reinkarnation zu tun.

Liebe Grüße
Hera
 

petrasmiles

Mitglied
Sehe ich ebenso wie Revilo.
Es ist eine Frage des Stils, und der gefällt, oder eben nicht. Ich war eben von einem Sonett von fee_reloaded überwältigt. Sie schafft das, diesen Realismus zu poetisieren, ohne dass es 'gewollt' wirkt. Ich kenne niemand anderen, der das so kann (ich kenne natürlich nicht alle ...) Wenn das gelingt, empfinde ich Poetik 'besser', aber im Grunde liegt mir der Realismus eher und ich würde auch nur so schreiben wollen.

Liebe Grüße
Petra
 



 
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