Hallo Tula,
mit deinem Text führst du uns in die Welt der kleinen Abenteuer, wie sie wohl junge Leute (?) einfach mal in ihrem Leben bestehen müssen. Sie haben große Ziele - z.B. den Orinoco erreichen - und müssen einsehen, dass eventuell doch nicht alles so klappt, wie man dachte. Da ist es vernünftiger und sicherer in letzter Sekunde ans Ufer zu springen. Man könnte von daher den ganzen Text auch als Metapher verstehen, der veranschaulicht, dass im Leben nicht immer alles "nach Plan" verläuft und man gezwungen ist, den Plan aufzugeben, um sich selbst zu retten.
Zum Schmunzeln finde ich die Stelle mit der selbst gezeichneten Karte, wo sogar die Schritte gezählt und maßstabsgetreu abgebildet werden. An dieser Stelle dachte ich eher an eifrige Jungens, die an alles denken wollten.
Ich würde jetzt gerne noch mal mit dir den Text genauer anschauen.
Die ursprüngliche Überschrift fand ich spannender als die jetzige. Andererseits tauchen in dem Text keine Elstern und auch das Tal nicht auf. Das ist schade. Stattdessen eine rufende Eule und ein Flussdelta, ein Dickicht.
Mit dem Bewuchs der Umgebung für das Abenteuer kam ich nicht so recht klar. Das ist so viel - wächst das alles so kunterbunt auf einer verhältnismäßig engen Fläche? Kastanien, dazu eine Birke, die gefällt wurde - wohl um das Floß herzustellen - Farne (seit alten Zeiten hier wachsend?), Gräser, die die Knie verletzten, und Weiden, deren Ruten wohl zum Verbinden der Floßstämme benutzt wurden.
Könntest du denn das Tal der Elstern noch irgendwo unterbringen? Was hat es damit auf sich? Fände ich spannend.
Ich überlege, ob die erste Strophe sprachlich noch etwas geglättet werden könnte.
wir planten sie drei Tage lang
mit Gummistiefeln, Kompass und der Karte die
war selbst gezeichnet jeder Millimeter etwa
zwanzig Schritte
vielleicht so:
wir planten drei Tage lang unsere Expedition
mit Gummistiefeln Kompass einer Karte
selbst gezeichnet jeder Millimeter etwa
zwanzig Schritte
zunächst lief alles wie geschmiert die Strecke
kannten wir genau bis zur Verzweigung wo
im Schatten der Kastanien der Pfad sich
in das Dickicht schlug
In der nächsten Strophe hätte ich nun gerne erfahren, wie man sich an dieser Verzweigung entschieden hat. Vielleicht so:
zunächst lief alles wie geschmiert die Strecke
kannten wir genau bis zur Verzweigung wo
im Schatten der Kastanien (Weiden? s.u.) unser Pfad
in das Dickicht abbog
In der folgenden Strophe in der zweiten Zeile geht es satztechnisch etwas verquer. Wohin gehört das "wuchsen"? Zu den Farnen, dachte ich zunächst. Aber das passt nicht, weil der vorhergehende Satzverlauf das nicht hergibt. Dann hab ich gedacht, "wuchsen" gehört zu den Gräsern - dann wachsen die schon seit dem Tertiär dort. Aber ich glaube, dass du die Farne gemeint hast.
Anscheinend geht es auch unvorbereiteterweise (für den Leser) abwärts.
so stiegen wir hinab ins Delta reich
an Farnen wuchsen sicherlich seit dem Tertiär dort
Gräser scharf wie Messer irgendwann
lief Blut vom Knie
Mein Vorschlag:
so stiegen wir hinab ins Delta reich
an Farnen die sicherlich seit dem Tertiär dort
wuchsen Gräser scharf wie Messer irgendwann
lief Blut vom Knie
Übrigens lässt sich auch mühelos lesen: "ins Deltareich stiegen wir hinab"- ergibt also eine hintergründige Variante.
Könnten jetzt nicht die Elstern statt der Eule auftauchen?
der Kompass funktionierte nicht in dieser
Wildnis folgten wir dem Ruf der Eule bis
zur jungen Birke welche unserer Axt
zum Opfer fiel
der Kompass funktionierte nicht in dieser
Wildnis folgten wir dem (Schrei) Krähruf der Elstern bis
zur jungen Birke welche unserer Axt
zum Opfer fiel
Um die Sache mit der plötzlich auftauchenden Weidenrute zu lösen, könnte man nicht in der ersten Strophe statt der Kastanien Weiden wachsen lassen?
die Spur der Weidenrute hielt noch Wochen in
der Hand das Floß erreichte nie den Orinoco
als es versank sprang ich
ans Ufer
Das würde ich minimal ändern.
die Spur der Weidenrute hielt sich noch Wochen in
der Hand das Floß erreichte nie den Orinoco
als es versank sprang ich
ans Ufer
Also - ich hoffe, dass du mir nicht gram bist, ob all der Anmerkungen, und du nicht das Gefühl hast, ich wüsste alles besser - das stimmt nicht.
Es sind Vorschläge - und du wirst da deinen eigenen Weg mit dem Text finden und gehen.
LG
Mistralgitter