Impotente Träume
In einer kalten Wartehalle
träume ich impotente Träume,
stricke am wärmenden Schal der Hoffnung
und warte auf lang entgleiste Züge.
Hallo Klaatu
Die Impotenz; Unfähigkeit zum Akt oder zur Zeugung, die Frage steht im Raum, sie wird nicht beantwortet – ich denke gewollt, also ist der Traum Zeugungsunfähig oder erigiert sich nicht an sich selbst?!
Ich neige zur Zeugungsunfähigkeit.
Zur Wortwahl der Adjektive:
Ich striche sie alle! Warum: die ersten beiden ( bedingen sich selbst) . So kommst du vom kalten zum wärmenden Schal. Ein wärmender Schal ist aber redundant. ( Was sollte sonst die Funktion eines Schals sein. Die Kälte der Wartehalle steht für mich nicht im Vordergrund (nicht einmal im Hintergrund). Das Wesen der Halle liegt im Warten. Die Temperatur spielt für mich in der Beobachtung keine Rolle.
Ebenso empfinde ich das „lang“ bei den entgleisten Zügen als wenig sinnvoll. Denn auch hier ist das Wesen des Zuges seines Entgleisung, das heißt er kommt nicht, ob schon lang nicht mehr oder erst kürzlich führt bei meinem Verständnis zum Gedicht zu keinen Resultaten.
Also schriebe ich:
In einer Wartehalle
träume ich impotente Träume,
stricke am Schal der Hoffnung
und warte auf entgleiste Züge.
In dieser Version ist m. E. Alles vorhanden was zum Wesen deines Stückes führt.
Ich verstehe es so das die Wartehalle der Auslöser der Zeugungsunfähigkeit von lyrich ist. Und die Wartehalle ist der Raum in dem er sein Dasein einlöst. Hier führt sozusagen die Wahl von lyrich zu Träumen die in sich unfruchtbar sind, weil das Leben als ein auf etwas wartendes eingerichtet wurde. Die passive Rolle führt zur aktiven Unfruchtbarkeit in und durch sich selbst.
Und so kann der Zug auch nicht kommen. Denn in dieser Wahl des Daseins wird lyrich nicht abgeholt. Er müßte die Wartehalle zu Fuß verlassen. In diesem Zusammenhang löst sich für mich der entgleiste Zug dann auch in Nichts auf. Um im Bild zu bleiben, sehe ich es eher so, das das Bahngleis stillgelegt ist.
Aber das ist vielleicht Geschmacks.- bzw. Interpretationssache.
Insgesamt ein für mich gelungenes Stück Lyrik in der Nähe zu „Warten auf Godot“.
Der Kern um die Impotenz finde ich interessant:
Von der für sich selbst gewählten Machtlosigkeit durch die Verortung lat. (potentia) zur Unfähigkeit, bzw. zum Unvermögen sich selbst zu träumen.
So ist denn auch die Hoffnung eher kein Schal sondern der Strick um den Hals. Denn es ist ja die Hoffnung auf Veränderung die lyrich nicht gehen lässt.
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Lg
Ralf