Impression soleil levant

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seefeldmaren

Mitglied
Hallo mondnein,

ich würde Formulierungen wie "bald schon", "ganz ohne", "ein netter versuch" austauschen. Einerseits raubt es dem Werk Sprachqualität und andererseits tragen diese Silben nichts Besseres bei. Das Gleiche gilt auch für "tut" und "grade". Diese Silben lassen, meiner Meinung nach, das Werk sehr bemüht daherkommen.

Die Sonne gedämpft wie bei Monet,
Der Splitter grell vom Himmel sticht,
Da sich der Nebel verklärt zu Licht -
Die Glitzerpunkte im harschen Schnee

All das tut meinen Augen so weh
Und ist Kristall ohne Absicht, ja kalt
Und eisig, bedenkenlos frische Gewalt
Eines Wintermorgens – wie ich heute seh

Doch grade die Härte des farblosen Seins
Der klirrende Hauch, der metallische Glanz
Gefühllose Helle des puren Verstands
Ist Freiraum und Botschaft der Fülle des Scheins

Einer Welt voller Freude: der lachende Tag
Die Hochzeit des Lichts mit der gläsernen Luft
Es springen die Toten hervor aus der Gruft
Und fliegen und flattern, wie's jeder vermag

Ach, all das Gefunkel, Geflirre, der Glanz -
Nur Täuschung der Sinne - ein Nichts vor den Blitzen
Die zwischen den Lidern aus blaudunklen Schlitzen
Mich treffen ins Mark - Dir ergeb ich mich ganz!

Mit freundlichen Grüßen Maren
 

mondnein

Mitglied
ich würde Formulierungen wie "bald schon", "ganz ohne", "ein netter versuch" austauschen. Einerseits raubt es dem Werk Sprachqualität und andererseits tragen diese Silben nichts Besseres bei. Das Gleiche gilt auch für "tut" und "grade". Diese Silben lassen, meiner Meinung nach, das Werk sehr bemüht daherkommen.
ja, Maren,
ich lese die "Du"-Anrede mit dem großen D als richtige Gesprächs-Anrede, wahrscheinlich innerhalb eines Selbstgesprächs, oder mit imaginärer Personifikation einer Geliebten, daher auch so ein Vorwurfston im Einwurfs-Fetzen: "Ein netter Versuch".
Gerade die leichte Gesprächs-Sprache liegt ganz nahe am Gegenpol zur "Bemühtheit". Hochsprache ist der bemühtere Sprachgestus, Schriftsprache. "Wortsprache" könnte man das oft zu flüchtigen Metaphern verdichtete Bildhafte der normalen Straßenbegegnung nennen. Schriftsprache nutzt das Präteritum, Wortsprache das Perfekt der Vergangenheitsformen. "Mich schmerzt es" klingt in meinen Ohren bemühter als "Tut meinen Augen so weh".

grusz, hansz
 

James Blond

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Naja, die geliebte Blitzschleuder scheint allerdings mit einem recht stechenden Blick ausgestattet. ;)
Und warum nicht auch die ersten beiden Strophen im Anapäst?

Ich vermute mal, es hat mit einem intendierten Stimmungsumschwung zu tun: Ein etwas zäher, träger Beginn aus dem Jambus-Nebel, dann die Wende zum hüpfend tanzenden Glitzerparadies des Anapäst. Allerdings misslingt die finale Liebeserklärung, auf die der Vergleich abzielt, in der mir der/die Adressierte fast wie eine Bedrohung vorkommt.

Grüße
JB
 

mondnein

Mitglied
Und warum nicht auch die ersten beiden Strophen im Anapäst?
Ich fand anapästische Anfänge nur bei zwei Zeilen: "Eines Wintermorgens ..." und "Einer Welt ..." War mir garnicht aufgefallen. Innerhalb der Verse wechseln Iamben (bzw. Trochäen) mit Daktylen (bzw. Amphibrachys oder Anapästen).

Allerdings misslingt die finale Liebeserklärung, auf die der Vergleich abzielt, in der mir der/die Adressierte fast wie eine Bedrohung vorkommt.
Sehr gut erkannt. Es könnte eine Rolle spielen, daß das Lyri trotz des impressionistischen Wetterberichts am Ende in seiner ein wenig selbstbetrügerischen Verzweiflung hängenbleibt, wie die meisten Verliebten, die dann, nachdem es unglücklich verlief, anfangen, Gedichte zu schreiben. Und dann erleben, daß das allzu hoch eingeschätzte Dichten und Anbeten so wenig hilft wie das Loben und Anbeten in der allzu hoch eingeschätzten Religion. "Alles wird zu Gott, der sich entzieht".

Mit dem "blaudunkel" der vorletzten Zeile habe ich Schwierigkeiten: Viele Menschen wissen garnicht, welche Augenfarbe der Gesprächspartner hat, wenn der seine Augen nicht weit aufreißt sondern durch farblich undefinierbare Schlitze hindurch-blinzelt oder gar flüchtig auf-blitzt; "blaudunkel" ist ein Zwitter aus blauer Augenfarbe (die in der Regel doch eher hell ist) und dem Dunkelschwarz der Zwischenliderlinie.

grusz, hansz
 

sufnus

Mitglied
Allerdings misslingt die finale Liebeserklärung, auf die der Vergleich abzielt, in der mir der/die Adressierte fast wie eine Bedrohung vorkommt.
Das mit der Bedrohung ist m. E. gerade der Knackpunkt.
Deshalb schreibt das lyrIch ja am Schluss mit schöner Mehrdeutigkeit, dass es sich "ergeben" will. Ich hab es erstmal als "hingeben" gelesen, bevor mir aufgefallen ist, dass ja eigentlich wohl doch von einer Kapitulation die Rede ist. Immerhin das lyrIch ist dem lyrDu offenbar "ergeben" und so schält sich aus dem Monet'schen Nebel ein Minnegesang. :)
Gefällt mir sehr gut, wobei ich sagen würde, dass die Strophen 3 & 4 nicht ganz das Spannungsniveau der Strophen 1, 2 & 5 halten. In einer Welt, wo nur Gedrucktes existierte und Papierarmut herrschte (das muss irgendein ganz anders geartetes Paralleluniversum sein), könnte man S3 und S4 sogar zur Not weglassen, ohne dass dem Gedicht viel fehlen würde.
LG!
S.
 

James Blond

Mitglied
Und dann erleben, daß das allzu hoch eingeschätzte Dichten und Anbeten so wenig hilft wie das Loben und Anbeten in der allzu hoch eingeschätzten Religion. "Alles wird zu Gott, der sich entzieht".
Mir scheint hier das überhöhte, fast schon hymnische Bedichten der winterlichen Natur als eine Sprungschanze für die 5. Strophe, wo's dann noch weit höher hinauf geht: Zu jenem höchsten Wesen, welches wir verehren - und fürchten.
Insofern braucht's auch schon einen längeren Anlauf.

Grüße
JB
 

petrasmiles

Mitglied
Wo ich doch hier die geballte Lyrikerkraft antreffe - mal abgesehen, dass mir das Gedicht sehr gefällt - kann man wirklich einen Maler in einem Gedicht 'zitieren', um eine Stimmung herzustellen? Ich hätte gedacht, dass das ein No Go ist, weil Stimmung mit Worten erzielt werden soll und hier in gewisser Weise eine Abkürzung gewählt wurde. Ich will das gar nicht kritisieren, weil ja wirklich an der Stelle 'eine Lampe' angeht, aber ich hätte gedacht, dass sich das verbietet.
Was meint Ihr?
Liebe Grüße
Petra
 

James Blond

Mitglied
Wohl sicher nicht, um eine Stimmung "herzustellen", aber man kann so eine Richtung vorgeben. Etwas zu benennen, bedeutet noch nicht, es darstellen. Aber 'Impression, Soleil levant' ist wohl das bekannteste Werk Monets und daran lässt sich leicht anknüpfen, um die impressionistische Skibrille draufzusetzen. :)

Grüße
JB
 

mondnein

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Zuletzt bearbeitet:

mondnein

Mitglied
wobei ich sagen würde, dass die Strophen 3 & 4 nicht ganz das Spannungsniveau der Strophen 1, 2 & 5 halten. In einer Welt, wo nur Gedrucktes existierte und Papierarmut herrschte (das muss irgendein ganz anders geartetes Paralleluniversum sein), könnte man S3 und S4 sogar zur Not weglassen, ohne dass dem Gedicht viel fehlen würde.
gut, ich versuchs mal und streiche die beiden kalten Strophen.

grusz, hansz

P.S.:
die "Härte des farblosen Seins" war der eigentliche Kern dieses metaphysischen Gedichts. Jetzt ist es kaputt. Nun ja, wird sowieso bald vergessen sein.
 
Zuletzt bearbeitet:

mondnein

Mitglied
Zu jenem höchsten Wesen, welches wir verehren - und fürchten.
ich wußte doch, daß die Geliebte des Lyris bekannt war wie ein bunter Hund. Alle verehrten und fürchteten sie. Da hatte das Lyri keine Chance. Und sein Dichten hat ihm so wenig geholfen wie all den anderen Opfern dieser Domina.

Wie gut, daß ein Lyri mit dem Lyriker nicht identisch sein muß. Es sind doch alles nur Rollenspiele.

grusz, hansz
 

sufnus

Mitglied
Hey Hansz!

gut, ich versuchs mal und streiche die beiden kalten Strophen. […] Jetzt ist es kaputt. Nun ja, wird sowieso bald vergessen sein.
Du schießt aber schnell & scharf! ;) … ich hab extra von einem Paralleluniversum gesprochen, in dem ein, wie James so schön schreibt ein "längerer Anlauf" unstatthaft wäre und alle (Ski-)Sprünge quasi aus dem Stand erfolgen müssen. Als strikte Aufforderung zum Zurechtstutzen des Gedichts auch in unserer hiesigen Welt, die ja auch mal den etwas längeren Anlauf verkraftet, war mein Gedankenexperiment also nicht zu verstehen. ;)

Was aber jetzt in der Heckenscherenversion vielleicht sogar noch etwas deutlicher wird (und das gilt erst recht in der Langversion) ist, dass die Gewichtung von Winterwelt- und Domina-Andichtung etwas auf der winterweltlastigen Seite liegt. Btw. bleibt für mich das angesungene lyrDu relativ ungreifbar und ich hätte es nicht als eine so himmelhohe Macht gelesen, könnte für mich genauso eine fruchtlos angebetete Arbeitskollegin sein, die den Trick mit den blitzenden Augen voll drauf hat. Ich denke an Zeilen von Rühmkorf (sinngemäß aus dem Kopf zitiert): "Mein Anblick diente ihr als Kugelfang: Sie hatte die Pupille schon entsichert … ".

LG!

S.
 

sufnus

Mitglied
Ah... und sorry @petrasmiles ich hatte Deine Umfrage in die Runde weiter oben erst übersehen. Beim "Was meint Ihr?" fühle ich mich jetzt mal mit angesprochen und lese "die geballte Lyrikkraft", soweit als ich bin betroffen, sehr gerne als freundlich-neckende Ironie. :)
Und da seh ich das mit dem Bildverweis auch völlig entspannt, ein No-Go käme mir hier jedenfalls nie in den Sinn.

Es gibt ein wunderbares Liebesgedicht von Durs Grünbein, bei dem die Besungene sich vielfältig in einer Bade- und Schminkspiegellandschaft spiegelt; dieses Gedicht schließt Grünbein, durchaus selbstironisch, mit den Worten "Ach, Vermeer!". Er spielt damit aber nicht auf ein ganz bestimmtes Bild des Malers an, sondern eher auf dessen Epoche und deren Art der Darstellung weiblicher Schönheit. Der kluge Peter von Matt nimmt das Schlusswort aber zum Anlass für folgendes Statement:

"Auch von den Malern alter Zeiten zu reden in einem heutigen Gedicht ist anrüchig. „Bildungsbürgerlich“ nennen das die Tabuverwalter. Sie ziehen dieses Wort so rasch wie der Sheriff den Colt. Den furchtlosen Dichter lässt das kalt."

Ich denke, das trifft es ganz gut. Bildungshuberischer Zitateballast ist in einem Gedicht kein Selbstzweck und erhöht im Normalfall nicht dessen poetische Berührungskraft. Mancher mag so etwas daher grundsätzlich verdammen. Aber dann hat so ein Verbotsschild natürlich eine unwiderstehliche Anziehungskraft - Lyrik ohne Renitenz gegenüber Regeln und Verboten ist eigentlich auch gar nicht vorstellbar. :)

LG!

S.
 

petrasmiles

Mitglied
keine Ahnung, was "Stimmung" sein soll, vor allem in einem Gedicht. Habe ich noch nie verstanden, sieht mir auch sehr nach Holzwolle für Gefühlsbeschreibungen aus. Oder sonst einer Krankheit.

das No Go ist schon die "Stimmung"

grusz, hansz
Warum so spröde, lieber Hansz-Mondnein?
Ich war mir dessen nicht bewusst, dass 'Stimmung' ein N-Wort ist, aber so ist das mit den schlichten Gemütern, die kennen halt nur Stimmung.
Ich stelle fest, Deine Expertise im Wegbeißen ist fast so ausgeprägt wie die Qualität Deiner Gedichte.
Jetzt aber nicht in schlechte Stimmung geraten - kann ich mir ja jetzt erlauben, bin ja schon mit Verachtung gestraft ...

Wie ich schon an anderer Stelle schrieb, selten gelingt es einem Autor, mir den Spaß an seinen Texten zu verderben.
Aber Kommentare über lasse ich mal denen mit den höheren und höchsten Weihen - muss so'n Jungsding sein.

Liebe Grüße
Petra
 

petrasmiles

Mitglied
Ah... und sorry @petrasmiles ich hatte Deine Umfrage in die Runde weiter oben erst übersehen. Beim "Was meint Ihr?" fühle ich mich jetzt mal mit angesprochen und lese "die geballte Lyrikkraft", soweit als ich bin betroffen, sehr gerne als freundlich-neckende Ironie. :)
Und da seh ich das mit dem Bildverweis auch völlig entspannt, ein No-Go käme mir hier jedenfalls nie in den Sinn.

Es gibt ein wunderbares Liebesgedicht von Durs Grünbein, bei dem die Besungene sich vielfältig in einer Bade- und Schminkspiegellandschaft spiegelt; dieses Gedicht schließt Grünbein, durchaus selbstironisch, mit den Worten "Ach, Vermeer!". Er spielt damit aber nicht auf ein ganz bestimmtes Bild des Malers an, sondern eher auf dessen Epoche und deren Art der Darstellung weiblicher Schönheit. Der kluge Peter von Matt nimmt das Schlusswort aber zum Anlass für folgendes Statement:

"Auch von den Malern alter Zeiten zu reden in einem heutigen Gedicht ist anrüchig. „Bildungsbürgerlich“ nennen das die Tabuverwalter. Sie ziehen dieses Wort so rasch wie der Sheriff den Colt. Den furchtlosen Dichter lässt das kalt."

Ich denke, das trifft es ganz gut. Bildungshuberischer Zitateballast ist in einem Gedicht kein Selbstzweck und erhöht im Normalfall nicht dessen poetische Berührungskraft. Mancher mag so etwas daher grundsätzlich verdammen. Aber dann hat so ein Verbotsschild natürlich eine unwiderstehliche Anziehungskraft - Lyrik ohne Renitenz gegenüber Regeln und Verboten ist eigentlich auch gar nicht vorstellbar. :)

LG!

S.
Vielen Dank, lieber Sufnus, für die gelungene Erläuterung. Dein Beispiel macht deutlich, woher mein Gefühl kam - da muss ich mal zu nah neben einem Tabuisten gestanden haben ...
Dennoch sehe ich auch eine Art Einschränkung - für den Leser - der den Kosmos Monet oder Vermeer kennen muss. Da sind wir dann bei l'art pour l'art - die für die einen vollkommen normal ist - und vielleicht nicht reflektiert wird - , für andere einen Riegel bedeutet. Ich will das hier nicht vertiefen, aber ich denke, dass man sich nicht erlauben sollte, hochnäsig zu sein, wenn man l'art pour l'art kann. Wissen erworben zu haben - und da bist Du das leuchtendste Beispiel, das ich kenne - sollte Freude am Teilen einschließen. (Also 100 Punkte aus der Pluskiste für Dich!)

Liebe Grüße
Petra
 

James Blond

Mitglied
ich wußte doch, daß die Geliebte des Lyris bekannt war wie ein bunter Hund. Alle verehrten und fürchteten sie. Da hatte das Lyri keine Chance. Und sein Dichten hat ihm so wenig geholfen wie all den anderen Opfern dieser Domina.
Genau so ist es. Die heilige Mutter Gottes als Angebetete der SM-Fetischisten. Ihr Lyriker seid durchschaut!

Gruß, JB
 

mondnein

Mitglied
eine Art Einschränkung - für den Leser - der den Kosmos Monet oder Vermeer kennen muss.
nun ja, die paar Leser, die durch die Lupe schauen, kennen den Monet. Und wenn nicht, darf man den artistisch-elitären Anfang dieses Verzweiflungsgedichts dem liebestrunkenen Lyri zuschreiben. Ist seine Charakterschwäche, nicht die des Autors.

grusz, hansz
 

sufnus

Mitglied
Oh... ganz lieben Dank @petrasmiles für die Blumen! Da freu ich mich wirklich sehr. :)

Und Du hast schon recht: Anspielungen, Zitate, Querverweise usw. deren Verständnis die Teilhabe an einem irgendwie gearteten "Bildungs-"Fundus voraussetzt, können eine(n) Teil der Lesenden ausschließen und es steht dann schon immer im Raum, ob da eine Art von Eliten-Denken bedient werden soll. Im Prinzip ist das die Doppelfunktion von gemeinschaftsbildenden Maßnahmen: Leute, die den "Meta-Text" verstehen werden eingeschlossen um den Preis (oder gar mit dem Ziel!) solche, die hier vor einer Verständnishürde kapitulieren, auszuschließen.
Das gibt es bei klassisch bildungsbürgernden Texten ebenso wie bei "Szene"-Texten, die womöglich ganz dezidiert für "Insider" geschrieben sind.

Ich persönlich baue ja auch immer mal gerne allerlei Bildungsballast in meine Gedichte ein. Das Ziel, das ich dabei verfolge ist aber eine Art Zwiebeltaktik: Der Text soll idealerweise auch dann Freude bereiten, wenn ihn jemand liest, der vom Vorhandensein der Anspielungen gar nichts merkt, weil die ihm oder ihr einfach unbekannt sind. Wer dann die eine oder andere Anspielung bemerkt, ist eben einfach eine Zwiebelschicht weiter vorgedrungen, ohne dass das am "kulinarischen Wert" des Textes aber etwas ändern soll. Zwiebelschicht ist Zwiebelschicht und die inneren sind nicht "besser" als die äußeren. Es gibt also keinen innersten Kern, zu dem man vordringen muss, um den ultimativen Genuss zu erzielen und entsprechend soll also auch niemand vom Text signalisiert bekommen: Freundchen, das hier ist nix für Dich!
Mir ist aber klar, dass mir das desöfteren total misslingt. Aber das ist im Prinzip die Denke, wenn ich Gedichte schreibe (neben dem reinen Spieltrieb natürlich).

Wo das, wie ich finde, sehr gut gelungen ist, das sind die frühen Asterix-Hefte und die von Erika Fuchs übersetzten Entenhausen-Comics. Da kann man sich einfach an der äußeren Handlung erfreuen oder bei Bedarf auch beliebig exegetisch in die Anspielungen eindringen. Der Genuss wird dadurch aber nicht vermehrt sondern allenfalls verlängert.

Um zurück zum Ausgangsthema zu kommen: Hier ist m. E. tatsächlich keine allzugroße Bildungs-Hürde errichtet worden, weil durch das Stichwort "Monet" der zunächst den uneingeweihten abschreckende Titel doch ganz zugewandt erklärt wird und spätestens nach Bemühung einer Suchmaschine klar wird, warum dieser Titel gewählt wurde. Noch (!) ist das Internet ja ein großer Wissens-Egalisierer, der denjenigen die Wissen als Herrschaftswissen verstanden wissen ( ;) ) wollen, das Leben etwas schwerer macht. Das gerät natürlich nach und nach ins Wanken. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Letztlich finde ich hier bei diesem Gedicht bzgl. der Monet-Anspielung die Frage am wichtigsten, ob das überhaupt "nötig" ist, um dem Gedicht eine zusätzliche Zwiebelschicht zu verpassen. Immerhin ist ja das zitierte Monetgemälde gerade keine Darstellung einer Winterlandschaft und es verweist auch nicht in den liebesromantischen oder religiös überhöhenden Kontext, steht also nicht in allzu enger Verbindung zum Gedicht an sich. Das verbindende Element ist also am ehesten die im Titel zitierte Sonne und der Photonenblitze schleudernde Blick der angesungenen Person, die offenbar auch eine geradezu blendende Erscheinung ist.

Es gibt ein Gedicht von Lenz (der später von Büchner in seiner Novelle verewigt wurde), in dem in einer Strophe dieser Vergleich einer besungenen Person mit dem Blendeffekt der Sonne in ähnlicher Weise anklingt (der Gedamtduktus des Lenz-Gedichts ist aber ein anderer):

"Dann wirst du stehn auf deinem Wert
und blicken, wie die Sonne,
von der ein jeder weg sich kehrt
zu blind für ihre Wonne."

Ich musste beim Lesen von Hansz' Gedicht tatsächlich u. a. auch an das Lenzgedicht denken (das ist also auch wieder so ein Meta-Ebenen-Ding - oje! - aber speziell diese Anspielung hatte Hanz bestimmt nicht im Sinn). Und wie dem auch sei: Weil ich das Gedicht von Lenz sehr mag, hab ich mich an dem zunächst etwas gedichtfern erscheinenden Titel gar nicht gestört. :)

LG!

S.
 

mondnein

Mitglied
Letztlich finde ich hier bei diesem Gedicht bzgl. der Monet-Anspielung die Frage am wichtigsten, ob das überhaupt "nötig" ist, um dem Gedicht eine zusätzliche Zwiebelschicht zu verpassen. Immerhin ist ja das zitierte Monetgemälde gerade keine Darstellung einer Winterlandschaft und es
Das lyrische Ich dieses Liedes erinnert sich an das Monet-Bild, er assoziiert es mit seiner Sicht auf die Angebetete. Man könnte ihm vorwerfen, daß er nicht von außen verstanden werden kann, wenn man von außen kommend die elitären Abschirmungen seines Bewußtseins durchbrechen will. Aber das ist ja keine konkrete Person, sondern nur eine imaginierte. Der können wir jedes Wissen geben, wie es nuns paßt, und jeden Charakter, den wir durchspielen wollen.

grusz, hansz
 



 
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