Impression soleil levant

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petrasmiles

Mitglied
Lieber sufnus,

man erlaube mir noch einen kleinen eher theoretischen Nachsatz.

Deine Idee der Zwiebel finde ich sehr schön - und ich bin natürlich beeindruckt, dass Du das kannst. Es ist in der Kunst wie auch bei der Intellektualität im Allgemeinen so, dass man Gefahr läuft, sich in einer eigenen Umlaufbahn zu verlieren. Mir ging es während meines Studiums so, dass ich immer mehr Wissen erfuhr durch Abstraktion, die durch Begriffe vorgenommen wird und die dann auch in der Alltagssprache landeten. Ich erinnere mich an eine Situation, in der ich etwas beschrieb oder erklärte und sah, dass ich nicht verstanden wurde. Es ist ein Dilemma. Wenn man weiß, dass genau dieser Begriff etwas am besten ausdrückt, aber dann doch das Ziel - die Kommunkation selbst - verfehlt wird wegen mangelnder gemeinsamer Sprache. Ich habe das damals so hingenommen, aber doch darauf geachtet, ob ich wirklich immer 'das Fremdwort' benutzen muss, oder ob man dasselbe auch anders ausdrücken kann. Zu Beginn will man ja möglichst viel aufnehmen, vielleicht auch 'mitreden' können, aber man kann auch weiterhin selbst denken, und selbst auch bei der Anwendung der Sprache geschmeidig bleiben
Das gilt natürlich für die Kunst - sei es bildnerisch, sei es Literatur - nicht im gleichen Maße. In der bildenden Kunst sind diese Schichten schon angelegt. Ein Bild spricht zu einem bzw. kann am eigenen Ich andocken, oder eben nicht, und das auf so vielen Ebenen, wie es Betrachter gibt. Das ist in der Literatur anders, es werden andere Sinne angesprochen. Aber wie dem auch sei, der Impetus des Künstlers, verstanden werden zu wollen, muss mitschwingen. Literatur ist Sprache und der Sinn von Sprache Kommunikation.
Ich will gar nicht Vereinfachung das Wort reden und freue mich selbst, wenn ich anwenden kann, was ich weiß oder ein Rätsel löse oder eine Anspielung verstehe - so lernen wir ja.
Mir geht es darum, diese Freude an Wissen zu haben und teilen zu wollen. Nur in der Hinsicht bin ich für 'Inklusion'.

Liebe Grüße
Petra
 

seefeldmaren

Mitglied
Das Ziel, das ich dabei verfolge ist aber eine Art Zwiebeltaktik: Der Text soll idealerweise auch dann Freude bereiten, wenn ihn jemand liest, der vom Vorhandensein der Anspielungen gar nichts merkt,
Ich wünschte, diese Fähigkeit wäre bei mir ausgeprägt, gut lesen zu können. Ich stelle immer wieder mit etwas Bedauern fest, dass ich oft falsch liege.
Trotzdem haben viele Gedichte eine nahezu magische Anziehungskraft und Beschäftigung inne. Als Trost sage ich mir, dass ich es doch auf meine eigene Weise genießen kann.
Dann forme nicht nur ich das Werk, sondern das Werk formt auch mich. Und dieser intime Moment unterscheidet, wie ich finde, die Rezeptionsqualität der Lyrik von der Malerei. Wer gut lesen kann hat viel Arbeit und verbringt den intimen Moment mit dem Buch in Abgeschiedenheit. Man widmet sich keiner Sache so sehr wie dem Lesen. Es gleicht fast der dauerhaften Pflege eines Menschen. Und dann stehe ich da wie so ein Eiskratzer, der den Spalt zwar erkennt aber die Tiefe nicht sehen kann. Und ich bin leider davon überzeugt, dass gute Lyriker*Innen zwingend gute Leser*Innen sein müssen.

Vielleicht im nächsten Leben.

Ihr Lyriker seid durchschaut!
Bis dann ein Gedicht über Unkraut kommt. :-D

mit freundlichen grüßen maren
 

mondnein

Mitglied
der Impetus des Künstlers, verstanden werden zu wollen, muss mitschwingen
nichts muss.
nein, - Surrealismen, Klangmelodien und Zen-Koans haben andere Impetûs.

Ja, das sind schon interessante Diskussionen, und natürlich ist "Verständlichkeit" ganz nett, und Unverständlichkeit muß schon gut begründet sein, etwa als Rolle eines verkannten Künstlers z.B. in einer Selbstpersiflierung, oder als Darstellung eines Gegners ("Dich kann ich nicht verstehen, Du bist mir zu elitär"), oder als "Knoten" in der Sache, die man einem Prüfling vorlegt.

Ich stelle nun den Urzustand wieder her, d.h. ich rücke die Strophen 3 und 4 wieder zwischen die 2. und die 5.
Es kann natürlich passieren, daß der Widerspruch von "Schein" und "Sein", der dort zur Sprache kommt, nicht verstanden wird, oder nicht einmal verstanden werden kann. Alte Philosophie, 12-Körbe-Reisig, unausgelotet, unauslotbar, Wahnsinnstreiberei.

grusz, hansz
 
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petrasmiles

Mitglied
der Impetus des Künstlers, verstanden werden zu wollen, muss mitschwingen. Literatur ist Sprache und der Sinn von Sprache Kommunikation.
Du hast mich unvollständig zitiert. Meine Aussage stimmt in dem Zusammenhang, in dem Sprache ein Mittel der Kommunikation ist - auch bei Deinen Beispielen geht es um Kommunikation, nur nicht unbedingt mit Wörtern. Noch abstrakter: Es geht um die Relation von Sender und Empfänger, der Sender würde nicht senden, wenn er nicht etwas senden wollte. Die 'Verweigerung' des Verstandenwerdenwollens hat dann die Mächtigkeit von Verstandenwerdenwollen 0.

Liebe Grüße
Petra
 



 
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